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Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 49
Besprechungen



Johann Wolfgang Goethe / Falk Nordmann: Faust # 1. Ca. 180 Seiten, s/w mit zwifarbigem Umschlag, Hardcoveralbum. 58 Mark. Edition B & K.
 
Schon im Vorwort geht Herausgeber Joachim Kaps darauf ein, ob es tatsächlich sein muß, Goethes „Faust“ noch einmal für den Comic zu adaptieren, obwohl er schon in so vielen verschiedenen Bearbeitungen in allen nur möglichen Medien vorliegt. Er kommt zu dem Urteil: In diesem speziellen Fall ja. Ich kann ihm da nur beipflichten. Während fast alle Bearbeitungen darauf aus sind, die Geschichte des Faust in die Moderne zu übertragen, entschloß sich Falk Nordmann, den Originaltext Goethes beizubehalten und nur zu illustrieren. Vielleicht ist ein besserer Ausdruck: die Zeichnungen in den Text einzubinden. Das Ergebnis ist oftmals so ausdrucksstark, daß man sich fragt, welches Element zuerst da war. Die Zeichnungen reißen den Text oft an sich und integrieren ihn ins Artwork. Überhaupt hat sich Falk Nordmann entschlossen, seine zeichnerische Stärke erst im Laufe des Albums preiszugeben. Zu den ersten Worten Goethes zeichnet er noch gar nicht, sondern krakelt Strichstudien neben den Text. Aus dieser Kakophonie des Striches entwickelt sich dann langsam das Artwork, das über viele verschiedene Stile immer besser wird. Dabei befinden wir uns erst in Band 1, denn das Projekt zur gleichnamigen Ausstellung, die 1996 in Erlangen zu sehen war, umfaßt zwei Bücher. Textlich dürfte „Faust“ wohl allen ein Begriff sein. Nur-Comicleser könnten vielleicht Schwierigkeiten mit dem Verständnis des altertümlichen Satzbaus haben. Für alle anderen dürfte es auch nicht leicht sein, den Band in einem Zug durchzulesen. Offen gesagt halte ich das für schier unmöglich. Immerhin hat man schwere Literatur vor sich. Die komplexe Umsetzung verleitet einen aber dazu, den Band immer wieder zur Hand zu nehmen, was letztendlich den hohen Preis rechtfertigt. Denn billig ist die ganze Sache nicht gerade. Dafür kann man aber an der Aufmachung nicht meckern. Ausführliche Einleitung und Skizzen  runden den ersten Teil der Handlung ab. Goethe, der ja dafür bekannt war, (die Vorläufer der) Comics zu mögen, hätte an die-sem experimentellen Werk sicher seine Freude gehabt. jo
 
Frohe Weihnachten. 32 Seiten, s/w, DIN A5, 3 Mark plus 1,50 Mark Porto. Thorsten Schmidt, Hauptstraße 16, 32457 Porta Westfalica
 
13 Menschen haben sich in Wort und Bild Gedanken zum Thema Weihnachten gemacht. Dementsprechend abwechslungsreich ist das Heft ausgefallen. Vertreten sind unter anderem Jo 84, Oliver Ferreira, der allgegenwärtige Bat und natürlich Anja & Joy. Die einzelnen Beiträge variieren inhaltlich zwischen niedlich und zynisch. Tendenziell wird mit dem Thema aber eher kritisch umgegangen. Schön zu wissen, daß die Anzahl der Weihnachtshasser unter den Comiczeichnern dominiert. ml
 
Ultranett. MZ-WI-Comic-Sampler. 112 Seiten s/w mit Farbumschlag, 21 x 21 cm, Softcoveralbum. Offsetdruckerei Gegendruck, Scharnhorststraße 9, 65195 Wiesbaden
 
Christina Zerbe, Robert Cerny, Hendrik Doss, Marcus Rössler, Jürgen Reuss, Marco Bottari, Dirk Scheffler, Inox Kapell, Jürgen Ehlers und Volker Tolksdorff sind an dieser Anthologie beteiligt, die Gegendruck in An-lehnung ans Musikgeschäft Sampler nennt. Die Beiträge lassen sich kaum unter einen Hut bringen. Gemeinsam ist ihnen wohl nur, daß die Macher aus dem Rhein-Main-Raum kommen (nicht nur aus Mainz und Wiesbaden, sondern zumindest auch aus Frankfurt, soweit ich die Leute kenne). Bemerkenswert erscheint mir, daß sich die meisten Künstler dem ungewöhnlichen quadratischen Format anpassen. Nur der längere Comic „Cut“ von Marcus Rössler, ein angestrengter Noir-Thriller, und die Comics von Robert Cerny sind ursprünglich auf DIN-Format produziert. Ausfälle gibt es in „Ultranett“ keine; trotzdem werden dem Leser vermutlich nicht alle Beiträge gleichermaßen gefallen. Als Querschnitt durch das Schaffen von zehn Zeichnern ist der Band allemal interessant. aa
 
Schlund # 1. 24 Seiten, s/w, DIN A4, 3 Mark. Christian Godorr, Hinterer Brühl 8, 31134 Hildesheim oder Quamby Hill, Anton-Grebe-Straße 4, 31139 Hildesheim (Vertrieb)
 
Bei passender Gelegenheit weise ich immer wieder gern darauf hin, daß die Fanzineszene völlig unübersichtlich ist. Das gilt auch für die vergleichsweise kleine Comicszene. Die Zusendung von „Schlund“ - die Macher setzen bisweilen das L in Klammern - bestätigt das wieder einmal. Die neun Mitarbeiter, die teils aus Hildesheim, teils aber auch aus Karlsruhe oder Erkrath kommen, sind mir ausnahmslos unbekannt. Ein paar Namen: Steffen Gumpert, Kristina Köhler, Thomas Zielinski, Rüdiger Hahn, Till Geiger, Yvonne H. Schmidt. Es gibt auch einen Rezensionsteil, in dem eigenartigerweise Magazine aus Großbritannien und Finnland besprochen werden, zu denen das Schlund-Team Kontakt zu haben scheint. Da tut sich also offenbar eine ganz neue eigene Szene auf. Schlund # 1 möchte gern unbekannten Zeichnern eine Veröffentlichungsmöglichkeit bieten. Es scheint mir kein ausgesprochenes Erstlingswerk zu sein, denn wenn auch die Qualität der Bei-träge schwankt, ist der Band doch solide zusammengestellt und gut gedruckt. Bin auf weitere Ausgaben sehr gespannt. aa
 
Die Schweinevogel-Show # 1 und 2. Je 32 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 7,90 Mark. Extrem Erfolgreich Enterprises, c/o Basement, Schulstraße 10, 04109 Leipzig
 
Schwarwel ist wieder da! Der ostdeutsche Zeichner, an dessen Comics man in den letzten Jahren nur durch Abstecher nach Berlin oder Leipzig kommen konnte (die Rede ist hier von den legendären Housers-Comics), meldet sich endlich mit einem etwas größeren Projekt zurück. Diesmal dürfte zumindest finanziell nichts schiefgehen, den hinter dem Verlag steht kein anderer als „Oberarzt“ Bela B., und Farin Urlaub fungiert als Lektor. Inhaltlich dürfte auch nichts schiefgehen, denn Schwarwels Comics sind zeichnerisch wie textlich über jede Kritik erhaben. Er produziert deutsche Undergrund-Comics, und was sich zunächst wie ein Widerspruch anhört (Undergroundzeichner sind nämlich meiner Meinung nach nicht dasselbe wie Fan- oder Amateurzeichner), wird beim eigenen Lesen plausibel. Der eigene Strich setzt eine Story um, die man eigentlich „schwarwelesk“ nennen muß. Frei übersetzt bedeutet das, es geht drunter und drüber, ist völlig abgedreht, entbehrt jeder Logik genau wie jedem physikalischen Gesetz, aber nicht jedem Witz. Schweinevogel bringt uns alleine durch die abstrusen Situationen zum Lachen, in die er gerät. Eigentlich will er sich nur eine Pizza machen. Aber irgendwas geht schief, und er schwebt plötzlich auf einem Felsbrocken im Nichts, trifft ein bärtiges Baby und soll plötzlich die Welt retten. Wie’s weitergeht, müßt Ihr schon selbst lesen. Wenn Euch der hohe Preis nicht abschreckt. jo
 
Uuthuus. 52 Seiten, s/w. Ralf Leismann, Am Fischerhof 2, 59368 Werne
 
Von Roman Turowskis „Uuthuus“ liegt mir nur das Skript vor, welches mittlerweile aber auch als Heft erschienen sein müßte. Um ehrlich zu sein: Das Werk hinterläßt bei mir einen ziemlich zwiespältigen Eindruck. Unbestritten ist Roman zeichnerisch ein großes Talent, wenn er sich Zeit läßt und sich die Mühe macht, die Seiten vernünftig auszuarbeiten. Dies ist bei Comics, im Gegensatz zu seinen ganzseitigen Illustrationen, nicht immer der Fall. Manchmal schludert er, und dann erscheinen die Menschen anatomisch wie Zwerge, und der Leser ärgert sich, weil er genau weiß, daß Roman es eigentlich besser könnte. Schöne ganzseitige Illustrationen gibt’s ungefähr ein halbes Dutzend im Heft, während der Rest der Geschichte irgendwie erscheint, als wäre sie um diese herumkonstruiert. Die Erzählung wirkt unausgegoren, sprunghaft und teilweise recht zusammenhanglos. Ich muß zugeben, daß ich Schwierigkeiten hatte, der Story zu folgen. Roman sollte sich beim nächsten Projekt die Zeit nehmen, die Geschichte richtig aufzubauen. Wahrscheinlich klingt das jetzt alles viel schlechter, als das Heft ist. Uuthuus hat durchaus große Momente. Der gewollt düstere Charakter des Hefts kommt zum Beispiel sehr gut zur Geltung, und einige der Zeichnungen sind echt klasse. Und das kann man längst nicht bei jedem Fanzine behaupten. jo
 
Heikes Läspen Comics # 4. 24 Seiten, s/w mit rotem, handcoloriertem Umschlag, DIN A6, 2,50 Mark plus 2 Mark Porto. Heike Anacker, Rheydter Straße 100, 41065 Mönchengladbach
 
Auch für Nicht-Läspen, sogar für Männer ist das kleine Heft le-senswert. Die Seiten sind gefüllt mit Comics und Cartoons, die, obwohl überwiegend von Strichfrauchen bevölkert, erstaunlich dynamisch sind. Aus Fotos und Versandhauskatalogschnipseln läßt Heike ebenfalls Comics entstehen. Genial auch der Gastbeitrag von Dirk Tonn. Prima Heft, leider viel zu schnell zuende. ml
 
Crowers # 4. 44 Seiten, DIN A5 / Super Lumpi, 32 Seiten, DIN A5, jeweils mit verstärktem Umschlag. Markus Witzel, Torstraße 190, 10115 Berlin
 
Mawil, so der Künstlername von Markus Witzel, war mir schon in Epidermophytie # 1 positiv aufgefallen. Da ihn dieses Projekt nicht auszulasten scheint, schiebt er noch zwei Egozines, die nur Material von ihm enthalten, nach. Crowers # 4 ist schon etwas älter und enthält Kurzgeschichten mit vielen guten Pointen aus dem Bereich Bullen und Underground. Der Zeichenstil ist bereits recht eigenständig und frei von anatomischen Mängeln. Super Lumpi stellt trotzdem eine zeichnerische Weiterentwicklung dar, auch wenn mir persönlich die Verwendung von Graustufen nicht so zusagt. Was ein Lumpi ist, solltet ihr selbst durch den Kauf eines Hefts herausfinden. Es scheint jedenfalls eine Menge Autobiografisches von Mawil selbst einzufließen. jo
 
Fido el Odif / Mark Paterson: Cobble. 20 Seiten, s/w, mit verstärktem Umschlag, DIN A5. Mark Paterson, Josefstraße 102, 8005 Zürich/Schweiz
 
Brandneu flattert mir ein Heft ins Haus, das man zwar schnell durchgelesen hat, dessen Grafik einen aber in den Bann zieht. Die Rede ist von „Cobble“, das drei Kurzgeschichten beinhaltet, die Mark Paterson gezeichnet hat. Der Texter dürfte Michael Fröhlich sein, der zumindest die erste, schon in „Sprühende Phantasie“ vorveröffentlichte Geschichte entworfen hat. Marks Grafik, wirkt hier im DIN A5-Format allerdings wesentlich ausgereifter und steigert sich dazu noch von Story zu Story. Insgesamt hat das Heft nur den Fehler, daß man mehr sehen will. jo
 
Zeitlupe
# 26. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A5. 3 Mark. Tim Böhm, Ludwigshafener Straße 21 D, 76187 Karlsruhe
 
Dieses liebevoll gemachte Fanzine aus Baden erhält seinen unverwechselbaren Charakter immer mehr durch das Ambiente der 50er Jahre, die für Oma und Berta, Tims Protagonistinnen, vermutlich die besten Jahre waren. Tim Böhm plündert mit wachsender Begeisterung Zeitungen oder Zeitschriften aus dem Mittelalter des 20. Jahrhunderts, verfremdet Werbung und versieht Fotos mit neuen Bildunterschriften. Zudem bedient er sich einer exquisiten Mitarbeitercrew: Hartmut Klotzbücher, Thomas Harske, Bernd Hartnagel, Gabor Racsmany, Pit Eberle, Ulrich Magin, Anja & Joy, Karsten Schley, Benjamin Brandt, Bernd Teuber und Alwina Götz, die alle wie er der kurzen, humorigen Form huldigen. Großes Lesevergnügen. aa
 
Hunt # 8. 56 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 5 Mark. James Hunt, Hochstraße 74, CH-4053 Basel
 
Die neue Ausgabe ist seltsamer denn je. Man versteht die Anspielungen weniger (sofern es überhaupt welche sind), und die Absurdität fasziniert nicht mehr so aus sich selbst heraus. Dann gibt es aber auch einige Musikkritiken, die ganz ernst gemeint zu sein scheinen und von Sachkenntnis zeugen. Highlight dieser Ausgabe: Oliver Ferreiras Comic „Ist echt passiert“. Die Comics gefallen mir diesmal generell besser als der Rest des Programms; Titel und Künstler kann ich leider nicht nennen, da Hunt wenig Wert auf ein Inhaltsverzeichnis legt. aa
 
Menschenblut # 25. 52 Seiten, s/w mit Farb-umschlag, Comicbookformat, 8,80 Mark. Eisenfresser Comix, Postfach 1141, 36100 Petersberg
 
Hinter einem indizierungsverdächtigen Cover von Steff Murschetz verbirgt sich wieder mal eine starke Nummer, wie immer in letzter Zeit. Es erfreut die Leser, die schon von Anfang an dabei sind, zu sehen, daß die alte eingeschworene Crew von damals immer noch existiert. BiMi, Robi und Klapper eröffnen das Heft, dann folgt wie immer der Höhepunkt von Mille Möller, und Geier bringt eine Geschichte von 1984 zuende, die noch in seinem „alten“ Zeichenstil gehalten ist, der mir sehr viel besser gefällt als der von „Lena Wombat“. Stefan Atzenhofer steuert die Zeichnungen zu einer märchenähnlichen Story von Rochus Hahn bei. Neben Alex McCarthy gefiel mir aber am besten die Arbeit des Neueinsteigers Frank Schmolke, der als Tuscher von Mille Möller noch bessere Qualität erzielt als bisher gewohnt. Ein Abo von Menschenblut ist nach wie vor für Leute, die sich etwas ernster für Comics interessieren, einfach Pflicht. jo
 
Strapazin # 45. 84 Seiten, davon 20 in Farbe, DIN A4, 10 DM. Meiler-Verlag, Gollierstraße 18, 80339 München
 
Ebenfalls Pflichtkauf ist das Art-Magazin Strapazin, das als eines der wenigen Magazine auf dem Markt Trends setzt statt ihnen hinterherzujagen. Der größte Teil des Hefts ist diesmal dem artverwandten Magazin Boxer gewidmet, das leider nach der Nummer 4 eingestellt werden mußte. Nun erscheint das Material der ursprünglichen Nummer 5 als Mittelteil des Hefts mit den Zeichnern Martin tom Dieck, Cossu, Anke Feuchtenberger, Guido Sieber, Markus Huber, Atak, Thomas Ott, Alberto Breccia und einigen etwas unbekannteren Künstlern. Wie immer bietet das durch einen schönen redaktionellen Teil ergänzte Heft sowohl einige wenige Krakelcomics von völlig überschätzten Möchtegernkünstlern als auch viele hervorragende Arbeiten, die die Möglichkeiten des Genres aufzeigen. Besonders einfallsreich der Beitrag Otts, der eine Hinrichtung nur durch das Zeigen von Händen darstellt. Keine volle Punktzahl, aber 80 bis 90 Prozent verdient Strapazin immer. jo
 
Lustige Geschichten. Comics aus den unheilen Tiefen der Seele. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A5, 6 Franken. Eisenfresser Comics, Postfach 1141, 36094 Petersberg
 
Vorsicht: Mit dem besten Comic aus dem Band wirbt Bilder-Micky in „Menschenblut“. Wer die Geschichte des pickeligen Jungen kennt, der seiner großbusigen Freundin „hinterher“ mal so richtig die Meinung sagen will, hat also schon das Beste gelesen. Aber auch Entwarnung: Der Rest wie etwa die spritzige Geschichte von Herrn Strebsam, Egons große Liebe oder Superboys Flegeljahre sind nicht viel schlechter. Das Heft ist im vergangenen Herbst in Zürich erschienen. Über die Macher ist nichts Näheres zu erfahren. Aber hier lebt der Underground. aa
 
Epidermophytie (in Wort und Bild) # 2. 32 Seiten, DIN A4, s/w, 3 Mark. Contra Medienwerkstatt, Hufelandstraße 19, 10407 Berlin
 
Die „Pilzkrankheit der Haut“ # 2 erscheint fast ein Jahr nach der Debütnummer und hat sich stark verbessert. Markus Witzel und eine Freunde, deren Namen schwierig zu bestimmen sind, bieten Comics in schon recht ausgereiftem Zeichenstil. Leider stehen die meisten Texte hinter den Zeichnungen etwas zurück. Nur Preacher hat einen guten, konsequenten Text zu bieten und Mawil eine zwar nicht neue, aber gut umgesetzte Idee. Usis Comic über die Problematik der Schwarzen ist leider viel zu kurz und effekthascherisch aufgebaut, um einen Denkanstoß zu bieten. Dennoch hat mir das Heft insgesamt gefallen. Die Gastzeichner Oliver Busch und Anja & Joy bieten sogar noch recht witzige Sachen. Was mich vor allem stört, ist das Fehlen einer Inhaltsangabe, um auf die Reihe zu bekommen, welcher Beitrag von wem ist. Aber solche Sachen stören meistens nur mich. jo
 
Herod: Wock # 7. 12 Seiten, s/w, DIN A5. Andreas Alt, Waldschulstraße 92, 65933 Frankfurt/Main.
 
Daß Herod auf die zeichnerische Seite seiner Comics nicht so viel Wert legt, ist hinlänglich bekannt. Daß er die Serie abwechselnd mit PLOP-Herausgeber Andreas Alt textet und zeichnet, ist zumindest für die Comic-Chroniken interessant. Damit hört’s für mich leider aber fast schon auf. Die vier Kopien, die Herod zusammentackert und nun Fanzine nennt, beinhalten zirka drei Ideen, vielleicht sind’s auch mehr, aber falls die Schrift nicht genau am Seitenrand untergebracht ist, wo kein Kopierer der Welt sie noch erfassen kann, ist sie so hastig geschrieben, daß sie meine Lesefreude arg trübt. Verstanden habe ich von der Story gar nichts, aber das ist ja eine der drei Ideen des Hefts. Was erwarte ich auch? Schließlich fehlt mir ja auch Wock # 500! Unentbehrlich, um sich im Wock-Universum auszukennen. Nein, mal im Ernst: Herod tobt sich aus. Das sei ihm erlaubt. Aber ich muß anmerken, verstehen kann das keiner. Das sei mir erlaubt. jo
 
Ulf Keyenburg: Klein. Ich verzeih dir noch mal. 12 Seiten, farbig, CD-Format. Liegt der CD bei; gibt’s auch kostenlos in manchen Comicläden
 
Klein, eine Newcomerband mit deutschen Texten, zieht ihren (gar nicht so sonderlichen) Erfolg aus Provokation und geschicktem Management. Letzterem ist wohl die Strategie zu verdanken, Songtexte der Band von dem Comiczeichner Ulf Keyenburg in Szene setzen zu lassen, um sie über kleine Comicgeschenke interessanter zu machen. Ulf macht seine Sache sehr gut. Die nied-lichen Figürchen, die in knallfarbiger Kulisse greuliche Taten begehen, sehen aus, als würde Klaus Cornfield plötzlich auf Dorgathen machen. Das einheitliche Comickonzept gefällt mir wesentlich besser als die Gruppe selbst. jo
 
Illustrated World War 3 # 24. 96 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 6 Mark plus Versand/Nachnahme bei Drugstore Records, Postfach 130264, 20102 Hamburg
 
World War 3 kommt aus Amerika und setzt da an, wo der amerikanische Traum aufhört. Jedes Heft ist einem Schwerpunktthema zugeordnet. Die # 24 beschäftigt sich mit dem Thema „Prison“. Die Beiträge, viele Comics, aber auch illustrierte Texte (zum Beispiel von Mumia Abu Jamal), bieten eine stilistische Vielfalt, die kaum zu übertreffen ist. Holzschnittartige Illustrationen, Graffiti-Art, Aquarell, abstrakt oder realistisch, einfühlsam, wütend, zynisch, distanziert oder betroffen - die Art der Darstellung ist so unterschiedlich wie die Betrachtungsweise. 20 Beiträge beziehen Stellung zu ei-nem Thema, das unbequem ist. Text, Bild und Layout bilden eine Einheit. Die Beiträge sind von hoher Qualität (unter anderem von Eric Drooker und Peter Kuper). WW 3 verschafft einen repräsentativen Einblick in die Underground-Szene Amerikas. Geniales Heft. Der Preis lohnt sich. ml
 
Kreativo! # 17 und 18. 28 Seiten, s/w, DIN A5. 1 Mark plus 1,50 Mark Porto. Kreativo Projekt, Birke, Postfach 2022, 58470 Lüdenscheid
 
Kreativo ist, wie mittlerweile jeder wissen sollte, kein reines Comicfanzine, sondern ein kruder Mix aus Artikeln, Interviews, Tourdates, Zeichnungen, Gedichten, Briefen usw. Herausgeberin Birke integriert aber Leser(-briefe und -meinungen) so sehr ins Heft, daß es einem bald ans Herz wächst. Auch Freunde des Visuellen kommen teilweise auf ihre Kosten. So gibt es in # 17 hervorragendes Material von Ghost, Birkes Bruder Cat Künstling, Jo84 und Karikaturist Roger, in # 18 von Michael Möbus, und in beiden Heften kommen Andreas Alt, Bat und Anja & Joy zu Wort. jo
 
Koma Komix # 12 und 13. 40 Seiten, s/w, DIN A5 mit Farbcover, 2,50 Mark plus 1 Mark Porto. Weißblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn
 
Hinter einem Cover in bester EC-Tradition verbergen sich Storys um die weltbekannten, vielgerühmten Glubbröder, eine Bande postpubertierender Dörfler männlichen Geschlechts, deren Freizeitgestaltung sich auf das Konsumieren von Alkoholika (am liebsten aus Dosen und von Feinkost Albrecht) beschränkt. Die Zeichnungen sind eher schnell heruntergezeichnet, Authentizität der Handlung dominiert vor Ästhetik der Zeichnungen. Textperlen wie „Deine Fresse ist voll roter Punkte“, „Gomm her, du geiles Teil“ und „Ja, gib’s mir“ runden Koma Komix zu dem Gesamtkunstwerk ab, das es ist. Bringt Spaß als Klolektüre - 100 Punkte. ml
 
Björn. Presley. 48 bzw. 32 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat. SerieTecknarskolan, Edskevägen 18, 81330 Hofors (Schweden).
 
Die schwedische Comicschule, von der wir schon in den vorangegangenen Ausgaben berichtet haben, ist unverändert aktiv. Die beiden Ausgaben dürften wieder die Arbeit eines Studentenjahrgangs beinhalten. Während auch ein des Schwedischen nicht mächtiger Leser unschwer bemerkt, daß es sich bei „Presley“ (Untertitel: Comics for the King) um Hommagen an einen Rock’n’Roll-Pionier aus Tupelo/Mississippi handelt, läßt sich der rote Faden bei „Björn“ nicht so leicht entdecken. Die Protagonisten der zehn Geschichten könnten aber etwas miteinander zu tun haben, da sie auf dem Innencover gemeinsam vorgestellt werden. Nicht alle Zeichner bieten technisch Überdurchschnittliches. Ebenso fällt aber auf, daß sich nur wenige an bekannten Vorbildern orientieren. Der Druck der beiden Hefte ist wieder einmal makellos. aa
 
Uwe Timm / Isabel Kreitz: Die Entdeckung der Currywurst. 48 Seiten, s/w mit vierfarbigem Umschlag, Softcoveralbum, 16,90 Mark. Carlsen Comics.
 
Zwölf Jahre ist es her, daß der Erzähler dieses Albums zum letzten Mal eine Currywurst am Stand von Frau Brücker aß. Die Bude ist längst geschlossen und Frau Brücker verschwunden. Dabei war es doch Frau Brücker, die die Currywurst überhaupt erfunden hatte, oder? Auf seinen Nachforschungen spürt er Lena Brücker in einem Altersheim auf. Statt jedoch ihr kulinarisches Geheimnis zu lüften, beginnt die weit über 80jährige eine Geschichte zu erzählen, die zurückführt in das Kriegsjahr 1945. Isabel Kreitz legt hier ein eigentlich recht unspektakuläres Comicalbum nach einem Roman von Uwe Timm vor, das einen trotzdem in seinen Bann zieht. Action sucht man hier vergeblich, dafür findet man Anekdoten, Allgemeinbildung, Geschichtchen aus der Zeit des Kriegsendes. Viele wird das wohl nicht interessieren, aber es muß ja nicht immer ein Ballercomic sein. jo
 
cOMIc # 26 bis 28. 28 Seiten, s/w mit rosa, gelbem, bzw. blauem Umschlag. Im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines bei Gerd Bonau, Kieler Chaussee 35, 24214 Kiel
 
Omi # 26 vereinigt mit drei längeren Geschichten völlig unterschiedliche Zeichen- und Erzählstile. Britta Loose erzählt in sehr kontrastreichen Bildern, bei denen Schwarz sehr flächig eingesetzt wird, die Geschichte eines außer Kontrolle geratenen Computerprogramms. Manfred Lafrentz steuert in gewohnt ruhigen Bildern eine Geschichte bei, die der buddhistischen Mythologie entstammt. Bat schließlich nimmt einen Badeausflug zum Anlaß, Pantera zu entblößen. Die # 27 ist eher fun-nig geraten. 24 Mitwirkende teilen sich das Heft. Nils legt mit „Schleimiges Fruchtfleisch“ ein gelungenes Debüt hin. Herausragend die Beiträge von Oliver Ferreira und Benjamin Brandt, der herrlich widerlich zeichnen kann. Gerade kam noch die neue Omi (# 28) durch die Post. Jürgen Scheftlein präsentiert mit „Sandwich“ einen gelungenen Lösungsansatz bei Generationskonflikten. Weiter vertreten sind Manfred Lafrentz, Jo84, Bat, Ulrich Magin und viele andere. ml
 
Stefan Greßler / R. Habrik: Scheronimo # 1. 32  Seiten, s/w mit handcoloriertem Cover, DIN A5
 
Zwei Maschinenbaustudenten haben sich zusammengetan, um einen Comic zu publizieren. Herausgekommen ist eher eine kleine Sammlung von Cartoons, die, wie der Titel verrät, im Indianermilieu spielen. Die 13 Gags werden zwar mit Vorliebe über zwei Seiten hinweg entwickelt, ließen sich aber ebensogut in einem Strip, teils sogar in einem einzigen Bild ausdrücken. Die Zeichnungen sind mir zu ungelenk und zu wenig schwungvoll, aber keineswegs anfängerhaft. Der Witz in den Episoden gefällt mir eindeutig besser. Zum Bei-spiel der des Indianers, der in eine Bank kommt, vor der Kasse umständlich ein Lagerfeuer entzündet und dem Kassierer schließlich per Rauchzeichen zu verstehen gibt, daß er es hier mit einem Überfall zu tun hat. In dieser Art gelingt es den Autoren häufig, aus Indianerklischees etwas Neues zu machen. Nur knapper müssen sie werden. Ich hoffe, daß es ihnen in # 2 gelingt, auf dem gleichen Platz 20 Gags unterzubringen, und dann 40 und so weiter. aa
 
Der Comic-Herold # 3. 28 Seiten, s/w,  DIN A5, 2,50 Mark. Crago-Verlag, Postfach 32, 97991 Creglingen
 
Etliche Magazine sind wieder mal auf den letzten Drük-ker reingekommen - auch dieses Superheldenfanzine. Eigentlich hätte ich ja gern jemand anderen rezensieren lassen, denn wie in den vorangegangenen Ausgaben bestreitet ein Beitrag von mir rund ein Drittel des Hefts. Zu „Geliebt werden“, Teil 2, kann ich selbst nur anmerken, daß es schwierig ist, an einen zehn Jahre alten Comic anzuknüpfen. Trotzdem wollte ich die Geschichte ordentlich zuende erzählen, und so sind die letzten vier Seiten aus dem Original von 1986 hier noch einmal auf zehn Seiten wiedergegeben. So richtig mit Feuereifer bei der Sache ist Roman Turowski mit seinem eher in guter Horrortradition stehenden Comic „Überladen“, der haarsträubenden Geschichte eines bodybuildenden Fließbandarbeiters, der Opfer eines abscheulichen wissenschaftlichen Experiments wird. Damir Hamidovic steuert eine zweiseitige Episode aus dem Leben des „Windkönigs“ bei; inhaltlich ist das belanglos (trotz zweier Autoren), aber der eigenständige Zeichenstil von Damir schält sich immer besser heraus. Abgerundet wird das Heft durch einen kleinen Artikel über Manbat, Nachrichten aus dem Superheldenbereich, Rezensionen und Leserbriefe. Der Comic-Herold fällt erneut durch ein sehr gutes Cover von Uwe Rebe auf (diesmal Rocketeer), und Abonnenten erhalten zusammen mit diesem Heft eine „Windkönig“-Trading Card. aa
 
Moga Mobo # 13. 28 Seiten, teils farbig, DIN A4, gratis. Bostel Productions, Am Römerkastell 19, 70376 Stuttgart
 
Moga Mobo läutet die nächste Runde ein um die Professionalität der Umsonst-Magazine. Das Magazin, das bisher in einer Auflage von 15 000 Exemplaren in und um Stuttgart erscheint, verdoppelt mit der vorliegenden Nummer seine Auflage und kooperiert mit der Crew des Wiener Comichefts „Mixer“. Aufgestockt durch einen Farbteil, bietet das Heft viele kurze Comics meist alter Bekannter wie Haggi, Nicolas Mahler, Markus Grolik, Haimo Kinzler, Heinz Wolf, Nina Dietrich und andere. Das sind natürlich Namen, die für Qualität sprechen. Sicher ist schon allein textlich einem Umsonst-Projekt eine Grenze gesetzt, die nur ein bestimmtes Niveau zuläßt. In diesem Rahmen löst Moga Mobo das Problem aber sehr gut. Sicher das momentan beste Gratisheft in diesen unseren Landen. jo
 
Wieselflink
# 5. 32 Seiten, s/w, DIN A5, gratis. A. Hahn + N. Preilowski Verlag GbR, Rübenhofstraße 2 A, 22335 Hamburg
 
Mit einer angeblichen Auflage von 45 000 Exemplaren, die an 525 Orten im Norden Deutschlands erhältlich sein sollen, beansprucht Wieselflink für sich, das größte deutsche Comicmagazin zu sein. Kim Schmidt, Karsten Schley, Lutz Mathesdorf sowie Anja & Joy dürften die bekanntesten Zeichner des Hefts sein, die meist mit mehr als einem Beitrag enthalten sind. Abgesehen davon, daß das Heft kaum abwechslungsreich wirkt, legt es auch den Verdacht nahe, daß man Schwierigkeiten mit der Organisation weiterer Zeichner hat. Schade, aber mehr als ganz nett ist das Heft bisher nicht. jo
 
b 5 # 3 und 4. Je 32 Seiten, DIN A5, s/w mit Farb-umschlag, gratis. Comics für Göttingen e. V., Postfach 1529, 37005 Göttingen
 
Es ist immer schön, wenn man ein kleines Heftchen geschenkt bekommt. So richtig empfehlenswert ist das Umsonst-Magazin aus Göttingen aber eigentlich nicht. Textlich irgendwo zwischen recht seicht, belanglos und ganz witzig, ist zeichnerisch der Großteil des Hefts lei-der noch im unteren Fanbereich anzusiedeln. Nur Harald Fischer, Dirk Tonn, Pilar Garcia, Jesko Friedrich und Holger Bommer fallen (auf zwei Hefte verteilt) positiv auf. b 5 sollten sich konzeptionell auch Nicht-Göttingern mehr öffnen, sonst geht das Projekt bald baden. jo
 
Plattform # 3. 28 Seiten plus farbiges Mitelseitenposter, s/w, DIN A5, kostenlos. Plattform, Wilhelmshafener Straße 17, 24105 Kiel oder Wiedenkamp 6, 24107 Quarnbeck
 
„Die Plattform entsteht irgendwo zwischen unseren An-sprüchen und den Grenzen, die uns durch unser  (Nicht-)Können und durch das individuelle Chaos eines jeden gesetzt werden.“ Dieses Zitat aus dem Vorwort von Marco Lensch finde ich sehr treffend und darüber hinaus sehr schön. Die Kieler sind von ihrem Konzept der Mischung von Comics und Literatur noch immer kein Iota abgewichen. Wieder gibt es im Heft eine Menge Gedichte und auch wieder eine Geschichte von Silke Schenck, eine gut beschriebene Szene vom Flohmarkt, die allerdings mit der Furcht vor dem Fremden spekuliert. Die Comics von Manfred Lafrentz, Andy, Bat, Nils Fuhrmann und anderen sind überwiegend eine wirkliche Lesefreude. Das noch nicht ausreichend von Anzeigen finanzierte Magazin hält mich weiter neugierig. aa
 
Fettnäpfchen # 1. 36 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, kostenlos. Thomas Mönnich, Okerring 42, 38300 Wolfenbüttel
 
Der Gründungsboom von Gratis-Stadtmagazinen geht weiter. Die Wolfenbütteler haben sich am erfolgreichen Ilsemann aus Hannover orientiert. Drucktechnisch können sie Ilsemann bereits das Wasser reichen. Und auch die Zeichnercrew ist hochkarätig: unter anderem Bernd Natke, Karsten Weyershausen, Lutz Mathesdorf und Karl-Heinz Wasmus. Die Herausgeber sind Ulrich und Rainer Böder sowie Thomas Mönnich. Der Titel des Magazins soll andeuten, daß man sich in die Lokalpolitik einmischen will; dazu sind freilich erst zarte Ansätze zu erkennen (Forderung nach Probenräumen für Nachwuchsbands). aa
 
The Kainsmal # 5. 36 Seiten, s/w mit zweifarbigem Cover, DIN A4, 5 Mark. Ollo Keßler, Keplerstraße 1, 35390 Gießen
 
So kann’s gehen: Ein Redakteur mußte nach Mallorca - promovieren; zwei kauften sich einen Sack voll Waffen, um einen superreichen Schnösel entführen zu können, der aber inzwischen von anderen Leuten entführt wurde; einer hatte Pech mit einer Rettichkalkschwammzuchtfarm in Kasachstan. Daraufhin mußte der Verkaufspreis des Gießener Stadtmagazins leicht von null auf fünf Mark angehoben werden, um das verlorene Geld wieder reinzuholen. So steht es im Vorwort. Im neuen Kainsmal gibt es noch ungefähr zweieinhalb Seiten verkaufte Werbung, nachdem es anfangs als werbefinanziertes Magazin ganz gut funktioniert hatte. Das Heft ist zweifellos volksnaher geworden: weniger Mystik und Fantasy und mehr Gags. Ob es sich allerdings durch den Verkaufspreis tragen kann, der etwa dem des „Focus“ entspricht, muß man abwarten. aa
 
Comicer # 46. 24 Seiten, s/w, DIN A4, 2 DM. Comica, Stiftstraße 39, 60313 Frankfurt/M
 
Der Comicer wird vom Comica Comic Shop, Frankfurt, herausgegeben und kostenlos an die Kunden verteilt, bzw. gegen Portokosten verschickt. Da erwartet man nicht viel mehr als ein Werbeblättchen, das den Verkauf der im Hause erhältlichen Produkte unterstützt. Sicherlich ist auch dies eine der Motivationen zur Herausgabe des Comicer. Aber der Comicer ist mehr. Er füllt die Lücke zwischen Werbeblatt und Fachmagazin, und das tut er gut. Obwohl mir gar nicht so recht danach war, habe ich das Heft von vorne bis hinten gelesen und war positiv überrascht. Den Hauptteil machen sicher die Rezensionen und News über Neuerscheinungen in den Bereichen Comics und Film aus, die objektiv und angenehm wenig verkaufsheischend verfaßt sind. Überhaupt wird man nicht nur über käufliche Neuerscheinungen informiert, sondern auch über Termine, Tratsch, Trends und Meinungen. Ergänzt wird das Ganze durch Artikel, diesmal über Erlangen ‘96 und Haimo Kinzler, und sogar eine Fanzineseite. Man sieht, daß die Macher des Hefts noch hinter den Comics stehen, wirklich Spaß am Medium und eigene Meinungen über Neuerscheinungen haben. Leider ist das lange nicht bei allen Comichändlern der Fall. Sehr empfehlenswertes Magazin. jo
 
P.L.G.
# 31. 84 Seiten, s/w mit Farbteil, DIN A4-Album. 60 FF. P.L.G., BP 94, 92123 Montrouge Cedex, France
 
Wie machen die Franzosen das bloß immer? Irgendwie vollbringen sie (verglichen mit dem deutschen Fanmarkt) künstlerische und drucktechnische Wunder. Andreas schickt mir hier ein Magazin, das wirklich edel aufgemacht ist. Schön dick, farbiger Glanzumschlag, Comics von sehr ausgereiften Zeichnern, von denen man aber noch nie etwas gehört hat, und ein großartiger redaktioneller Teil. Nennen tut sich das Ganze dann „Fanzine“, sieht aber eher aus wie ein Carlsen-Album für 29,80 Mark. Herausgegeben wird P.L.G. von der „Vereinigung zur Förderung junger Comicautoren“. Die mir vorliegende Ausgabe erschien schon im Oktober 1995 und wurde (finanziell?) unterstützt vom Centre National du Livre. P.L.G. erscheint mittlerweile nur noch jährlich in einer Auflage von 1500 Exemplaren. Für diese an der Aufmachung gemessen erstaunlich kleine Auflage gibt sich die Vereinigung wirklich Mühe. Im Blickpunkt steht diesmal der Zeichner Jano (ältere Comicfans erinnern sich vielleicht noch an „Keba die Ratte“) mit einem Farbteil, Interview und aufwendiger Comicografie. Im hinteren Teil des Hefts werden dann mal eben 120 Fanzines rezensiert (davon über 30 nicht aus Frankreich), 20 Alben oder der Rantanplan-Zeichner Yves Gotz interviewt. Das wahre Bonbon sind aber die zwölf völlig unbekannten Zeichner, die das Heft füllen. Alle besitzen einen ausgereiften, perfekten Strich. Würden einige von ihnen aus Deutschland kommen, würden sie sicher hochgejubelt werden. Erzählerisch sind einige der Geschichten sehr stark interpretierbar. Am besten gefiel mir der Zweiseiter „Wonder Rene“ von Francois Ayrolles, der zeichnerisch stark an Nicolas de Crecy erinnert und das haarsträubende Leben eines Menschen schildert, das nur als mehr als bewegt zu bezeichnen ist. Im Grunde genommen ist P.L.G. perfekt und ein Grund, nach Frankreich zu ziehen, aber man kann ein Abo für vier Ausgaben ja auch von hier aus für 200 FF bekommen. jo
 
Fandom Observer # 91. 22 Seiten, s/w, DIN A4. 3,50 Mark. Martin Kempf, Märkerstraße 27, 63755 Alzenau
 
Eine Klammer für die gesamte Amateur- und Fanpresse in Form eines kompetenten Sekundärmagazins - so wünschenswert das wäre, so etwas gibt es leider nicht. Aber es gibt zumindest den Fandom Observer. In der jüngsten Ausgabe werden etwa 30 Fanzines rezensiert; 58 Neuerscheinungen hat die Redaktion insgesamt seit Erscheinen der vorangegangenen Ausgabe registriert (der FO erscheint monatlich). Eingeteilt sind die Besprechungen in die Bereiche SF/Fantasy/Horror, Comic und „Mischmasch“ (das sind im wesentlichen Musik-, Literatur- und Egozines). Hinzu kommen Buch- und Filmkritiken und Nachrichten insbesondere aus der SF-Szene. Sicher leidet der FO darunter, daß die meisten Leute im Fandom völlig damit zufrieden sind, ab und zu ihr Magazin herauszubringen, und sich nicht für die Aktivitäten von anderen interessieren; die Auflage liegt laut Angaben vom Juli 1996 bei nur 125 Exemplaren. aa
 
Kim Schmidt / Peter Bursch: Gib mal’n A. 48 Seiten, Farbalbum, vierfarbiger Pappumschlag, 19,80 Mark. Achterbahn Verlag
 
Jeder, der schon mal eine Gitarre in der Hand hatte, hat schon mal etwas von ihm gehört, vom Gitarrenlehrer der Nation Peter Bursch. Nun will Peter auch in Comics sein Wissen weitervermitteln und schrieb deshalb ein Comicalbum, das von dem Flensburger Zeichner Kim Schmidt als Auftragsarbeit umgesetzt wurde. Ungerechterweise ist Kim wesentlich unbekannter als Peter, aber vielleicht ändert sich das ja mit dieser Zusammenarbeit. Um es vorweg zunehmen, lernen kann man aus diesem Album nichts, höchstens drei Griffe. Man kann deshalb darüber streiten, ob das Album Peters Intention gerecht wird. Aber Kim Schmidts Grafik überzeugt ohne Abstriche, und lustig ist das Album allemal. Wer sich also ohne große Erwartungen einfach nur mal von ei-nem Album unterhalten lassen will, liegt hier goldrichtig. jo
 
Art Attack # 5. 48 Seiten, s/w, DIN A4. Angi Henn, Felchesgasse 40, 64291 Darmstadt
 
Wieder eine ungewöhnliche Mischung aus Comics und Musikartikeln. Angi Henn bemüht sich konsequent, beiden Elementen in ihrem Magazin etwa gleiches Gewicht zu geben. Wieder mal aber erscheinen mir einige der Artikel weitaus lohnender als das Artwork, so ein langer Bericht über eine Reise zu einem großen Punkrock-Treffen in Blackpool, ein Interview mit der Band KGB oder die Vorstellung des Berliner Medienzentrums Contra (siehe auch die Besprechung von „Epidemophytie“). Unter den Comicbeiträgen ragen die von Oli ver Ferreira heraus, die wohl nicht unbeabsichtigt quasi wie ein Mittelseitenposter herausgenommen werden können. Im übrigen sind unter anderem Jens Natter, Olaf Bathke, Andreas Endres, Karsten Schley und Angi Henn mit Comics vertreten. Ich würde mir noch mehr Integration von Comics und Punk wünschen, aber die Szene gibt’s eben offenbar nicht her. aa
 
Mollatsch. Punk und Comix # 2. 88 Seiten, s/w, DIN A5, 2 Mark. Essig Mederake, Töpfergasse 1, 06188 Landsberg
 
Das Besondere an dem Punk-Fanzine sind nicht so sehr die Comics, sondern die Verarbeitung unserer neuen deutschen Wirklichkeit nach der Wende aus spezifisch ostdeutscher Sicht. Als Lieblingsthema der Sachsen kristallisieren sich deutlich die Chaostage in Hannover heraus; die möchten sie gern vor dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit retten. „Wie soll das alles nur 1997 werden?“ fragt sich ein Schreiber besorgt. „Wer fährt schon nach Hannover, wenn dort die Bullen ihre eigenen Chaostage feiern?“ Gut ist Mollatsch, wenn mit westlicher Kultur ostisch-respektlos abgerechnet wird, etwa mit einer Studienreise der Jungen Union nach Rumänien (Originalton: „Die Paßformalitäten erinnerten mich ein wenig an die Grenzkontrollen zu DDR-Zeiten. Was gehen denn diese Leute unsere Aufenthaltsorte und der Grund unserer Reise an?“) oder den doofsten Fernseh-Werbespots („Tötet Onkel Dittmeyer!“) oder mit dem DDR-Alltag („Mein kleines Knasttagebuch“). Unbedingt lesenswert sind auch eingestreute Betrachtungen am Rande. Der Rest sind Platten- und Fanzinerezensionen, Konzertberichte und Comics. Nein, nicht ganz: Beigelegt ist der Ausgabe  eine „Jugendschutz-Uhr“ des Bayerischen Landesjugendamts - „kultig“, meint Mollatsch; vielleicht trifft dieses Attribut bald auch auf das Magazin selbst zu. aa
 
Matthias Merkelbach: Manado. Schaum. Erzählungen. 24 bzw. 20 Seiten, DIN A 5. Matthias Merkelbach, Blücherstraße 55, 10961 Berlin
 
Der 34jährige Berliner Autor versendet in dieser Form Proben seines Schaffens an Verlage. Beide mir vorliegenden Erzählungen lesen sich zunächst mal nicht ganz leicht. Obwohl linear angelegt, erscheinen sie wegen der komplexen Fülle von Beschreibungen bruchstückhaft. Die Bruchstücke setzen sich erst bei mehrmaligem oder sorgfältigem Lesen zusammen. Die Erzählungen entfalten sich in sehr unterschiedlichen Milieus. „Manado“ spielt im „Kiez“ einer westdeutschen Großstadt, vermutlich Köln, mit ihren Jugendgangs und Kleinganoven. „Schaum“ handelt von einem Schauspielschüler und einem jungen Journalisten in Berlin. Nachdem die Erzählungen sich in scheinbaren Abschweifungen dahingeschlängelt haben, runden sie sich dann doch in einem traditionellen Short Story-Clou, was sie zu einem ganz eigentümlichen Leseerlebnis macht. Matthias Merkelbach hat mir mitgeteilt, daß er an der FU Berlin Philosophie und Germanistik studiert hat und seit 1991 Literatur veröffentlicht. Mal sehen, ob wir von ihm noch mehr hören werden. aa
 
Alfred Bekker: Golem # 36, 41 und 44. Alfred Bekker Magazin # 11 und Sonderheft # 1. 4 bis 8 Seiten, DIN A4. Alfred Bekker, Heilgenberg 88, 58540 Meinerzhagen-Windebruch
 
Der fleißige Pulpautor, den ich in PLOP # 48 schon vorgestellt habe, hat mit einer Lieferung einiger seiner selbst fabrizierten Kurzgeschichtensammlungen seine enorme Produktivität unterstrichen. Alfred Bekkers Storys eigenen sich bestimmt auch zu Comicbearbeitungen. Wer nach Material sucht, kann sich vertrauensvoll an ihn wenden. aa
 
Britta van den Boom: Hüte Dich vor Hexenringen und andere Geschichten. Fantastic Stories Sonderausgabe # 3.     48 Seiten, s/w, DIN A5. 3 Mark. Edition Fantastic Stories, Dirk van den Boom, Rinkerodeweg 28, 48163 Münster.
 
Die Sonderausgaben in der Edition Fantastic Stories legen den Schwerpunkt auf Prosa. Britta van den Boom, uns schon bekannt durch das Comicalbum „Sonnenwind“ legt hier sechs Fantasy- und eine Science Fiction-Story vor. Der Tonfall erinnert teilweise sehr an die klassischen Grimm-Märchen. Nichts für Kinder freilich - hier geht es um Begegnungen mit dem Magischen und Wunderbaren. Der Band ist mit acht schönen Illustrationen von Irene Salzmann versehen. Aa