(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 52
Besprechungen



Heike Anacker: Bewegung 2. Juni. 12 Seiten, s/w mit schwarzem
Wellpappe-Einband, DIN A 6. Heike Anacker, Rheydter Straße 100, 41065
Mönchengladbach

Wozu eine offene Aussprache doch gut sein kann. Heike Anacker durchschaut
jetzt endlich das Welt-bild ihres Vaters. Der kennt nur Gewinner und
Verlierer, Erfolgreiche und Versager. Unbewußt hat sie dieses Weltbild
selbst übernommen. Und da sie als Werbegrafikerin ihre erste Million noch
nicht verdient hat, ist ziemlich klar, wie sie sich selbst betrachten muß.
Mit wenig Aufwand hat sie sich allerdings nun in diesem kleinen Heft von
Zwangsvorstellungen befreit. "Wie sieht Deine Welt aus? Bitte mache ein Bild
von ihr", wendet sie sich am Ende an den Leser. Der Aufruf war erfolgreich.
Einige Leute haben Heike schon ihr Weltbild auseinandergesetzt, wie sie mir
sagte. aa

Olaf Bathke: Wock Pause. Bounty Hunter. 8 Sei-ten, s/w DIN A 5. Olaf Bathke,
Festungsstraße 4, 25832 Tönning

"Wock Dilemma" hieß ein Korrespondenz-Comic zwi-schen Herod und mir, den wir
1996 entwickelt haben. Ich fand das Projekt sehr aufregend, ein wenig wie
Fernschach. Aber es hatte auch seineTücken. Wenn man Herod, um im Bild zu
bleiben, nämlich mitteilt: "König nach g2", dann antwortet er: "Ich gehe mit
der Dame über Los und tausche Holz gegen Steine." Mit der Zeit habe ich
erst den überblick und dann die Lust an dem Projekt verloren. Aber eine
Wock-Abschlußausgabe habe ich angekündigt, und die werde ich in Kürze auch
liefern (wenn nichts dazwischenkommt). Herod hat sich die Wartezeit schon
vertrie-ben, indem er ein Wock extra produzierte. Und Bat, mit dem Herod
auch schon mal eine Comic-Korrespondenz geführt hat, tut es ihm nun gleich.
Zu-mindest so viel habe ich verstanden, daß die Helden nach dem
Alt-Universum suchen. Na, das muß sich doch irgendwo finden lassen. aa

Klaus Cornfield: Kranke Comics # 2. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A5, 6
Mark. Fou Fou + Ha-ha Verlag, Postfach 910513, 90263 Nürnberg

Offen gestanden hatte ich nicht damit gerechnet, je eine Folgenummer des
grandiosen Erstlings zu Gesicht zu bekommen, geschweige denn ein Album (das
beim Totenkopf-Verlag angekündigt ist). Aber froh bin ich doch, wieder
einmal etwas garantiert Unzensiertes in den Händen zu halten, das so kraß
ist, daß es zum Kaputtlachen genau das richtige ist. Nomen est omen, und
"krank" heißt bei Cornfield eigentlich gleich "kränker geht's einfach nicht
mehr". Höhepunkt der Extreme ist wohl, daß sich unsere Helden diesmal im
Inneren der häßlichsten Nutte der Welt mit ihrem Dealer verabredet haben.
Und die ist auch von innen ganz schön häßlich - zur Freude der Leser (über
18). Jo84

Horst: Welt! Du olle Pottsau! 52 Seiten, DIN A 4, 8 Mark. Weißblech Comics,
Levin Kurio, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn

"Die debilste Redaktion der Welt" (Eigendarstellung) lernte Horst P. beim
jüngsten Hamburger Comicsalon kennen und beschloß, seine philosophisch
angehauchten Sinnlosigkeiten zu verlegen. Die ständig breiten
Hauptdarsteller von Horst sitzen meist im Sessel und lassen den Tag auf sich
wirken, was im Comic kaum weniger langweilig wirkt als im wirklichen Leben.
Der tolle Titel ist ein bißchen unpassend, denn die Welt behandelt hier
eigentlich niemanden ungerecht. Einzig in der Geschichte "Das Pohlsche
Paradoxon" wird ein leichter Denkanstoß gegeben, weshalb diese am ehesten
als ausgereift zu bezeichnen ist. Für den Rest trifft das nicht unbedingt
zu. Jo84

Till Lenecke: Feuerturm. 32 Seiten, DIN A 5. Till Lenecke, Gähler Straße 15,
22767 Hamburg

Till Lenecke wird älteren Fanzinelesern noch aus Pro-duktionen des "Comic
Archiv", von Ralf Leismann oder aus der Piccoloszene ein Begriff sein. Dort
war er vor wenigen Jahren noch "der Mann, der Personen immer so zeichnet,
als hätten die Besenstiele verschluckt". In den letzten Jahren hat Till
allerdings nichts veröffentlicht, sondern an seinem Stil gefeilt und ihn
nahezu perfektioniert. Neben einer Geschichte für "Sprühende Phantasie" # 17
ist "Feuerturm" seine einzige neuere abgeschlossene Geschichte, und das ist
sehr schade. Denn zeichnerisch ist an dem Heft absolut nichts auszusetzen -
die Zeichentechnik wirkt wie aus dem Handgelenk geschüttelt und ist doch
ausgereift, Schraffur und Einsatz der Schwarzflächen sind perfekt. Auch
textlich kann sich der Band sehen lassen, obwohl der Plot an sich nicht
gerade neu ist. Till, schon seit Jahren mit einem Faible für Wasser und
Schiffahrt ausgestattet, thematisiert hier die Sage des Klabautermanns. Gibt
es ihn oder nicht, rätseln ein Junge und sein Großvater auf See. Die Antwort
wird in diesem Heft geliefert - oder war vielleicht doch nur alles ein
Traum? Jo84

Till Lenecke: Raubdrucke. 52 Seiten, DIN A 5. Till Lenecke, Gähler Straße
15, 22767 Hamburg

Neben seinen sehr erfreulichen neueren zeichnerischen Werken betätigt sich
Till in letzter Zeit auch ganz gern als Herausgeber. Hier hat er
unveröffentlichte Comics und Illustrationen seines guten Freundes und
Lieblingszeichners Oliver Ferreira gesammelt. Lange mußte man sich gedulden,
bis sich mal wieder jemand erbarmte, Olivers Meisterwerke als Kompilation
anzupreisen, denn außer dem Band "Schlaraffenland" im Verlag Sprühende
Phantasie ist leider nichts anderes in geballter Ladung erhältlich.
Unverständlich, denn Oliver ist sowohl textlich als auch zeichnerisch ein
Genie, wie auch diese Werke aus der Zeit von Januar 1996 bis November 1997
zeigen. Viele der Werke waren selbst mir noch nicht bekannt, und obwohl
inzwischen wohl etliche einzelne Seiten in anderen Fanzines zum Abdruck
kamen oder auch streckenweise sehr schnell gezeichnet wurden, ist
"Raubdrucke" ein Highlight, eigentlich sogar ein absolutes Muß. Jo84

Michael Machner: ausLegendes Herzen. 8 Seiten, s/w, DIN A5, 3 Mark. Michael
Machner, Falkenweg 4, 61184 Karben

Zum Frankfurter Comicstammtisch brachte Michael Machner seine eigenwilligen
Elefanten-Strips zunächst in Einzelblättern und dann als provisorisches
Heftchen mit. 17 Strips hat er darin versammelt, die zwischen Naivität und
Tiefsinn schwanken. Wie bei "Liebe ist..." geht es meistens um die Liebe.
Etwas poetischer sind ihm seine Miniaturen zweifellos gelungen. Als
Romantiker trifft der Autor genau den richtigen Ton. Michael Machner
zeichnet mit gleichmäßig gutem, zartem und sparsamem Strich. Allerdings wäre
Michael zu raten, sich einen etwas weniger versponnenen Titel auszudenken.
aa

Alexander Mathrian: Splite # 1. 26 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A 4, 5
Mark. Alexander Mathrian, Gentzgasse 92/8, A-1180 Wien

Aus dem Umfeld von Comic Forum kommt Alexander Mathrian, der nach
Veröffentlichungen in einigen wenigen Comicfanzines nun sein erstes eigenes
Heft mit den Abenteuern der Hyäne Splite vorlegt. Vom Stil her erinnern die
Zeichnungen der vermenschlichten Tiere ein wenig an Franquin, sind aber viel
großflächiger. Es kommen sogar ungetuschte Bleistiftseiten zum Abdruck, was
durchaus seinen Reiz hat. Alex, der fast zwei Jahre auf der Straße lebte und
durch eine Arbeitsloseninitiative vorläufig eine Wohnung hat, würde sich
über Reaktionen auf seine Publikation sicherlich besonders freuen. Textlich
drehen sich seine Arbeiten um die Pseudo-Punkszene, die er selbst gut
kennengelernt hat. Jo84

Joel Naber: Passage. 20 Seiten, s/w mit Packpapiereinband, DIN A 5, 4 Mark.
Joel Naber, c/o Hansen, Selchower Straße 11, 12049 Berlin

Ohne Worte erzählt Joel Naber hier die Geschichte eines Reisenden, der alle
Leute nach einer kleinen Eidechse fragt, die auf einem Foto abgebildet ist.
Der Mann ißt und trinkt und ruht sich in einem Hotelzimmer aus. Dann hat er
kein Geld mehr. Bevor er die Stadt verläßt, holt er seine Spesen durch
Straßenkehren wieder herein und reist weiter. Wie eine Parabel von Kafka ist
diese Geschichte etwas rätselhaft und sehr weit interpretierbar. Der
Zeichenstil ist angenehm einfach und klar. Von diesem Zeichner, den ich in
London kurz getroffen habe (siehe PLOP # 50), würde ich gern mehr sehen. aa

Kim Schmidt: Local Heroes. Neues aus Hedwig Holzbein. 64 Seiten, teilweise
farbig, DIN A5 quer, 14,80 Mark. Flying Kiwi Verlag, Postfach 1520, 24905
Flensburg

Die Cartoonreihe "Local Heroes" von Kim Schmidt dürfte PLOP-Lesern nicht
ganz unbekannt sein, da sie schon in mehreren Fanzines teilweise zum
Vorabdruck kam. ähnlich wie die öde-Strips ist der Humor des Bandes sehr auf
norddeutsche Verhältnisse zugeschnitten, was man oft am Dialekt merkt.
Manche Witze sind daher in anderen Regionen schwer verständlich. Ansonsten
bleibt bei Kim alles beim Alten - seine Cartoons sind kurz und gut. Jo84

Teer: Gesammelte Strips. 40 Seiten, s/w mit gelbem Cover,
Piccolo-überformat. Teer, Kippingstraße 16, 20144 Hamburg

"Glaub niemals etwas von dem, was dir irgendjemand erzählt", rät uns schon
nach ein paar Seiten ein Typ mit kubistischem Kopf und einem großen Loch in
der Schädeldecke. Diese Empfehlung hat etwas von dem bekannten logischen
Problem hinter der Aussage des Kreters: "Alle Kreter sind Lügner." Teer hat
Spaß daran, uns in seinen Strips Scherze dieser Art zu kredenzen. Außerdem
kommen noch einige apokalyptische Visionen vor, genauer gesagt:
apokalytische ängste. Was zusammen uns sagen soll: Das Ende ist nahe, aber
ich blicke nicht durch. Ist natürlich auch wieder ein logischer Widerspruch.
Raffiniert, dieser Teer. aa

Alfred Bekker Magazin # 16 und Sonderheft # 3. Je ca. 20 Seiten, s/w, DIN A
4. Alfred Bekker, Heiligenberg 88, 58540 Meinerzhagen

Alfred Bekker, eine Ein-Mann-Schreibfabrik (wie das bei einem
Groschenroman-Autor auch sein sollte), sendet mir häufig seine Magazine. Ich
habe noch nicht ganz durchblickt, ob er darin Abfallprodukte seines Werks
bringt oder seine Veröffentlichungen nachdruckt. Jedenfalls sind sie eine
Fundgrube für Comiczeichner, denen öfters mal die passende Story nicht
einfallen will. Alfred Bekker ist in vielen Genres zuhause, und er hat gegen
eine Kooperation nichts einzuwenden. aa

Boiler # 1. 44 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 4. Wittek, Schulweg 29,
20259 Hamburg

Die Szene um das Hamburger Magazin "Unangenehm" zieht immer weitere Kreise.
Mitarbeiter Wittek, mit Sicherheit der Produktivste dieser
Studentenvereinigung, sammelt schon einige Monate lang Zeichner um sich, um
mit ihnen diverse Projekte auf die Beine zu stellen. Nach dem Heft
"Heutelein" (siehe PLOP # 51), das zusammen mit Loppe (aus dem Dunstkreis
von Emu Graphics) herausgegeben wurde, liegt das Nachfolgeheft "Boiler" vor,
das Ideen von "Heutelein" konsequenter verarbeitet. Als Beiheft zur "Boiler
"-Ausstellung, die im vergangenen Dezember in der Kulturwerkstatt Harburg
stattfand, enthält das Heft Arbeiten der beiden Herausgeber sowie der
Gastzeichner Oliver Ferreira, Calle Claus, Teer und Stefan Kratz. Es sind
vor allem Abenteuer von Geräten und Robotern, die hier, oft textlich mehr
als merkwürdig oder sogar textlos, zum Abdruck kommen. Nach der Lektüre von
Heft 1 schüttelt man den Kopf, ist aber doch neugierig, ob die angekündigten
Fortsetzungen der einzelnen Kurzgeschichten etwas mehr Licht in die
innovativen, aber recht unverständlichen Arbeiten bringen können. Witteks
Kosmos, das fiel mir schon im Verlauf meines Interviews mit ihm für
"Sprühende Phantasie" # 17 auf, ist nahezu unbegrenzt. Man muß sich jedoch
auf diese Schiene einlassen, um etwas mit ihr anfangen zu können. Jo84

cOMIc # 31. 28 Seiten, s/w, DIN A 5, im Tausch gegen Beiträge oder andere
Fanzines bei Gerd Bonau, Schleswiger Straße 9, 24392 Süderbrarup

Fast die Hälfte des Hefts nimmt die recht verrätselte 12seitige Britta
Loose-Geschichte "Lyle & Phönix" ein, die einen über die fünf Minuten hinaus
beschäftigt, die man zum Lesen braucht. Es geht um eine Comicstory, die am
Ende des Hefts noch nicht zuende ist, und um eine mysteriöse Ideenkiste, die
einem Computer ähnelt. Wie die Hauptfigur des Comics versucht, ihre
Geschichte mit Hilfe der Ideenbox auf eigene Faust zu einem Ende zu bringen,
könnte ziemlich albern wirken. Britta Loose läßt das aber ziemlich
bedeutungsvoll aussehen. Außerdem ist ein Indianermärchen von Manfred
Lafrentz im Heft sowie kürzere Sachen von Till Lenecke, Olaf Bathke, Jens
Natter, Andri Beyeler, Bernd Teuber, Thomas Glatz, Anja & Joy und Kim
Schmidt. aa

Epidermophytie # 4. 36 Seiten, s/w, DIN A 4, 3 Mark. Contra Medienwerkstatt,
Hufelandstraße 19, 10407 Berlin

"Wir kommen immer noch aus Berlin. Unser Heft kostet immer noch 3 DM. Wir
verstehen uns immer noch eher als Comiczine denn als Fanzine. Wir nutzen
immer noch (trotz Geldnot) jeden freien Platz für Comix statt für Werbung
oder Schriftartikel. Wir freuen uns immer noch über jegliche Unterstützung -
sei es in Form von Kritik, Rezensionen, Mailorder und Verkaufsunterstützung.
" Die Selbstbeschreibung auf dem Waschzettel fand ich bezeichnend. Selber
weiß ich über die Berliner leider wenig. Ich war länger nicht mehr in
Berlin, sonst hätte ich sicher mal Kontakt aufgenommen. "Epidermophytie" hat
nach wie vor Ambitionen, deshalb wohl die Distanzierung vom Fanzinebereich.
Aber die Beiträge sind trotzdem von ziemlich unterschiedlicher Qualität. Und
wie häufig sind die Gags eher schwach, wenn die Zeichnungen gut sind. Ist
aber die Story umgekehrt anspruchsvoll wie etwa die des Samurai Watanabe,
der Opfer eines bösen Zaubers wird, dann hat man dennoch das Gefühl, daß der
Autor etwas zu kurz gesprungen ist. Trotzdem ist das Heft guten Gewissens zu
empfehlen: In der Zusammenstellung liegt ein unbestreitbarer Reiz, und das
künstlerische Niveau ist immer noch höher als in vielen vergleichbaren
Magazinen. aa

Gernikako Arbolaa... 52 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A4-Album, 300
Peseten. Napartheid, 127 PK. Trintxerpe, Gipuzkoa 20110, Basque Country

Von dem baskischen Befreiungsverein namens Napartheid hatte ich schon länger
nichts mehr gehört. Bis dahin hatten sie eigentlich immer nur ausländische
Comicmagazine eingesammelt, die sie angeblich für eine Fanzine-Bibliothek im
Baskenland brauchen. Sie behaupteten zwar, auch selbst Comics zu machen,
aber das hatte ich gar nicht mehr recht glauben wollen. Dann sandten sie mir
kürzlich dieses ansprechend gemachte Album zu. Der Inhalt erinnert mich sehr
an den sehr lebendigen spanischen Underground (zumindest war er das Anfang
der 80er Jahre, als ich mal in Barcelona war). Ich hoffe, Napartheid nimmt
es nicht übel, mit Spanien in einen Topf geworfen zu werden. Viel mehr kann
ich über den Band leider nicht sagen, da ich ihn nicht lesen kann. Aus dem
exzessiven Gebrauch von X und Z in den Worten schließe ich, daß die Comics
wohl in Baskisch verfaßt sind. aa

Hirngespenster # 4. 76 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 11,50
Mark. Ralf Leismann, Am Fischerhof 2, 59368 Werne

Ein dickes Paket voller Comics, Kurzgeschichten, Illustrationen und Gedichte
hält Ralf Leismann wieder einmal bereit. Diesmal dreht sich alles um das
Thema "Mensch, Mitmensch", zu dem 15 Mitarbeiter Beiträge lieferten. Die
Sachen sind alle ganz nett. Wirkliche Highlights bieten aber vor allem
Oliver Ferreira mit dem Vierseiter "Love hurts" und der bekannte Cartoonist
Ari Plikat. Tiefpunkt ist ein sinnloser Pornomanga von Thorhall und Deadly.
Witzig, gerade im Vergleich mit dieser Story, ist auch Gregor Beckmann mit
"Political Correctness im Bett". Insgesamt reißt mich das Heft nicht vom
Hocker, geht aber in Ordnung. Jo84

Hirse # 19. 48 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A 5, 7,80 Mark. Rake
Verlag, Pannkookenstraat 6, 24768 Rendsburg

Laabs Kowalski hatte ja schon angekündigt, daß sich bei der Hirse etwas
ändern wird. Seit er sein schriftstellerisches Talent entdeckt hat, müssen
die Comics etwas kürzer treten. Durch den Rake Verlag, der als neuer
Herausgeber fungiert, entwickelte sich das absolute Underground-Projekt zu
einem sauber aufgemachten und gut gedruckten Heft. Leider gab's noch eine
Panne: Die grafischen Beiträge sehen aus wie Kopien schlecht aufgerasterter
Faxe, was gerade bei Kim Schmidts Beiträgen total scheiße aussieht. Neben
zwei Seiten Baldermann und etlichen eigenen Comics präsentiert Hirse aber
vor allem Kowalskis geschriebene Ergüsse. Diesmal ist das die Biografie des
fiktiven Schriftstellers Erich Maria Tauenstein. Zum Weglachen! Hirse soll
ab jetzt dreimonatlich erscheinen. Jo84

Itsy Bitsy # 2. 32 Seiten, s/w, DIN A 7, 70 Pence (2,20 Mark). Andy Konky
Kru, P.O.Box 8892, London SW 15, Great Britain

Andy ist deprimiert, weil die Engländer seine vielfältigen Comicaktivitäten
nicht so recht würdigen, seine Produkte nicht kaufen. "Itsy Bitsy" scheint
eine Ausnahme zu sein. Die Leute fanden die Startnummer des Mini-Hefts
"niedlich", berichtete Andy. Also legte er zuversichtlich eine zweite
Ausgabe nach. Wieder haben einige Comiczeichner auf kleinstem Raum ihre
Gedanken über Kleinheit und Größenunterschiede umgesetzt. Bemerkenswert, daß
Andy mit elf Mitwirkenden, darunter auch wieder Bekannte: Bernd Teuber,
Ulrich Magin und Alexander Pavlenko, sein Konzept so klar durchziehen
konnte. Die Inhalte sind alles andere als niedlich. Vielmehr werden ziemlich
ernste bis skurrile überlegungen angestellt. Hoffen wir also, daß sich nicht
allzu viele IB-Käufer nach der Lektüre enttäuscht abwenden. aa

Koma Comix # 17 (Dezember 1997). 36 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 5
(genauer: 13 x 19 cm), 2,50 Mark. Weißblech Comics, An der Landstraße 5,
23758 Kükelühn

Die neue Ausgabe ist "auf vielfachen Wunsch" ein "einmaliges"
Kiffer-Special. Naja, den Leser erwartet im Prinzip nichts anderes als
sonst, abgesehen davon, daß die Helden Quevis und Knülle diesmal nicht
vorhaben zu saufen, sondern Joints durchzuziehen. Der Witz liegt gerade in
dem teils grotesken, teils tragi-schen Scheitern dieser Versuche fast bis
zur Heftmitte. In der zweiten Story geht's um die üblichen alkoholischen
Ausfälle beim Stadtfest. Alles in allem eine recht amüsante Ausgabe. aa

Kreativo! # 22 (März 1998). 36 Seiten, s/w, DIN A 5. Birke, Postfach 2022,
58470 Lüdenscheid

Kaum dem Prüfungsstreß entronnen, wird Birke wieder publizistisch aktiv. Dem
neuen Kreativo! ist sogar anzumerken, daß seit vergangenem Herbst einiges
Material aufgelaufen war. Etliche bekannte Fanzine-Fahrensleute wie Anja &
Joy, Bat, Oliver Ferreira, Jens Natter, Jo84 und auch ich möchten inzwischen
gern in diesem Magazin gedruckt werden. Außerdem sammeln sich in Birkes
Postfach allmählich eine Menge Leserbriefe an, die sie ungerührt
faksimiliert (da würden einige meiner Klienten aber aufheulen). Den
Charakter von Kreativo! bestimmen aber immer noch die erstaunlich
anlaßfreien Texte und auch die beeindruckenden Illustrationen von Ghost. aa

Mixer # 1 und 2. Je ca. 30 Seiten, s/w, DIN A 4. Claudia Bernhardt,
Freibergerstraße 66, 59558 Lippstadt

Als PLOP-Abonnentin hätte Claudia Bernhardt wissen könne, daß es in
österreich bereits ein Fanzine na-mens "Mixer" gibt. Vielleicht wollte sie
das Publikum verwirren - bei Jo84 ("Das habe ich doch schon längst
rezensiert") ist ihr das auch gelungen. Vielleicht be-stand sie einfach auf
diesem Titel, weil er ihrem Ma-gazin wirklich sehr angemessen ist. "Mixer" -
das ist ein Pappstück, auf das ein Stapel Seiten, meist nur einseitig
bedruckt, gleichsam frisch aus dem Kopierer, festgetackert wurden. Das läßt
die versammelten Co-mics und Texte als eigentümlich leichte Mischung
er-scheinen. Das etwas unordentliche Druckverfahren findet keine
Entsprechung bei der Gestaltung des Hefts. Jeder Beitrag hat sein eigenes
Frontispiz. Alles wird großzügig präsentiert, wozu natürlich auch das große
Format beiträgt, nirgends wirkt etwas gedrängt oder gefizzelt. Und wer ist
dabei? Burkard Leutiger, Nils Heuner, Martin Zak und Jens U. Meyer im
ersten, Benjamin Brandt, Zsuzsanna Gahse, Rafael Voigt und Andrea Bartsch im
zweiten Band. Claudia Bernhardt selbst steuert niedlich-minimalistische
"Heiter bis monstrig"-Comics bei. aa

Panel # 17. 76 Seiten, s/w, Comicbookformat, 5 Mark. Panel, Postfach 102665,
28026 Bremen

Schon erstaunlich, wie supergünstig Panel nach langer Pause wieder in den
Markt einsteigt. Die hochfliegenden Pläne mit Musikbeilage haben sich zwar
nicht verwirklichen lassen, von "kleine-Brötchen-backen" kann man aber
trotzdem nicht sprechen. Vor allem der Formatwechsel hat dem Heft gutgetan,
das mit zirka einem Dutzend Zeichnern und Autoren aufwarten kann. Dabei
natürlich wieder Peter Pucks "Rudi" und Wüttners "Klein-schrott". Meine
Favoriten sind allerdings eher Han-nes Neubauer, Ulf Keyenburg und Reinhard
Kleist, die allesamt hervorragende Comic-Kunst bieten. Jo84

P.L.G. # 33 (Herbst 1997). 84 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 4-Album, 60
Francs. 3. Rue de la Vanne, 92120 Montrouge Cedex, France

Das erste französische Magazin, in dem PLOP besprochen wird - mir klopft das
Herz! Also, eine Bestellung aus Frankreich habe ich noch nicht erhalten, und
dummerweise verstehe ich höchstens die Hälfte des Textes, aber "sympathique
petit fanzine allemand", "de bon niveau" oder "Szene passe en revue de facon
trÈs dÉtaillÉe" klingt nicht eben nach einem schlimmen Verriß. Hauptsächlich
geht es in diesem dicken Heft, über das Jo84 in PLOP # 50 schon einiges
Grundsätzliche gesagt hat, um Will Eisner. Die Zeichnung, die Eisner zum
Arzach-Tribut beigesteuert hat, zeigt deutlich, wie viel erdverbundener,
körperlicher und unpoetischer Eisner zeichnet als Moebius und viele andere
Franzosen. Ob das in dem 16seitigen Dossier auch herausgearbeitet wird, kann
ich leider nicht sagen. Das ganze Magazin, der Comicteil eingeschlossen,
wirkt aber wieder einmal äußerst kompetent und professionell. aa

Strapazin # 50. 84 Seiten s/w mit Farbteil, überformat, 10 Mark. Meiler
Verlag

Niemand hätte gedacht, daß das recht unkommerziell gehaltene Comicart-Blatt
"Strapazin" sich jemals lange genug tragen könnte, um 50-Hefte-Juliläum zu
feiern. Und die Märznummer 50 ist eine besonders schöne Ausgabe geworden,
die fast alles enthält, was das Herz begehrt. Neben den obligatorischen
Krakelkünstlern Atak oder Anke Feuchtenberger enthält das Heft Beiträge der
bisher besten Strapazin-Mitarbeiter, allen voran Thomas Ott, Julie Doucet,
Martin tom Dieck, Pierre ThomÉ oder Gefe. Bisher eher selten zu Ggesicht
bekommene Leute wie Stefan Atzenhofer, Andreas Michalke oder Markus
Golschinski ergänzen sich hervorragend mit Strapazin-Neulingen wie Ulf K.
oder Minou Zaribaf. Vetternwirtschaft wird in diesem Zusammenhang zwar mehr
als deutlich, führte in diesem Fall aber zu einem qualitativ hochstehenden,
vielseitigen und vorbildlichen Magazin. Glückwunsch! Jo84

Tote Helden Comix # 8. 32 Seiten, s/w, DIN A5, 2 Mark. Peter Schaaff,
Volksgartenstraße 21, 40227 Düsseldorf

Wieder einmal bieten Tote Helden Comix einen neuen Teil der
Fortsetzungsgeschichte um unsere "Helden", die noch lange keinen Abschluß
findet. Nur Bella konnte dem überfall der Faschos auf die Farm der Biafras
entkommen, während ihr kleiner Bruder in Gefangenschaft gerät. Das
Außergewöhnliche dieser Ausgabe ist wohl das siebenseitige "Swimsuit
"-Special, das von Holger Bommer, Ingo Strecker und Haggi gestaltet wurde.
Insgesamt ist das Heft schnell durchgelesen. Dafür ist es ja auch recht
günstig. Jo84

T. R. S # 6 (November 1997). 8 Seiten, s/w, DIN A5, kostenlos. Peter Ashton,
Guild Box 123, Edgbaston Park Road, Birmingham B 15 2TU

Zunächst - weil Andy Konky Kru befürchtete, das Heft, das er mir zusandte,
könnte mich langweilen - möchte ich meine Hochachtung vor diesem Projekt zum
Ausdruck bringen: Ich finde es sehr beachtlich, daß da einer in Birmingham
sitzt und jeden Monat Stapel von Fanzines rezensiert. Das Ergebnis sieht
ganz unspektakulär aus: The Review Sheet (TRS) sind ein paar Seiten reiner
Text. Peter Ashton bespricht die Magazine meist ziemlich nüchtern und
ernsthaft, betreibt nebenher auch einen Vertrieb und sieht sein Heft
folglich auch als Bestellkatalog, was es aber keineswegs zu einer
Werbeveranstaltung macht. Rezensiert werden nur englischsprachige
Publikationen, aber vielleicht hat Ashton lediglich noch keine anderen
Magazine erhalten. Schickt ihm doch mal was. aa

Wacka Wacka # 3 (Januar 1998). 60 Seiten, s/w mit rosa Umschlag, DIN A5,
4,50 Mark. Guido Kawczynski, Kemnitzer Hauptstraße 26, 14943
Nuthe-Urstromtal

Mit der dritten Ausgabe dürfte Guido endlich da sein, wo er hinwollte.
Einige Fremdbeiträge hat er jetzt im Heft (von Jens Natter, Levin Kurio und
Olaf Bathke). Und einen Comic hat er nach dem Vorbild von Robert Crumb und
Aline Kaminsky zusammen mit Anita Hübsch gezeichnet. Aber die meisten
Beiträge, Comics, Gedichte, Artikel und Betrachtungen, stammen nach wie vor
von ihm. Guido ist ein talentierter Beobachter seines (Studenten-)Alltags,
den er meist in locker-witziger, aber zugleich auch nüchtern-sachlicher Form
verarbeitet. Nur selten erliegt er der Gefahr, in alberne Witzchen
abzugleiten. Aber vor allem: Gegenüber der Ausgabe 2 hat sich Guido deutlich
gesteigert. Bin gespannt, ob das so weitergeht. aa

Andreas: Capricorne # 1. Das Objekt. 48 Seiten, Farbalbum, Softcover, 18,90
Mark. Carlsen

Niemand weiß, woher der Fremde im schwarzen Anzug kommt, der plötzlich
mitten im Winter in New York auftaucht. Da er keinen Namen hat, nennt man
ihn Capricorne. Und wenn die Karten, die ihm ein Seher legt, nicht lügen,
hat er ein unheimliches Schicksal zu erfüllen. Tatsächlich gerät er schon
bald in einen Strudel mysteriöser Ereignisse, die ihn in das Labyrinth des
unterirdischen New York zu einem heiß umkämpften "Objekt" führen. Andreas
Martens, 1951 in der damaligen DDR geboren, schuf nach diversen Einzelalben
wieder einmal eine Figur, die wohl in mehreren Bänden die Hauptrolle spielen
soll. Andreas ist zeichnerisch wie immer voll auf der Höhe, sein
individueller Stil ist sofort erkennbar. Textlich geht der Band jedoch
seltsame Wege. Die komplexe Storyline ist in ein 48-Seiten-Korsett gepreßt,
wodurch dem Leser Handlungs- und Logiksprünge ins Auge fallen. viele Ideen
und Symbole werden nicht erklärt oder aufgegriffen (vielleicht passiert dies
in den Folgebänden), dafür überschlägt sich die (ziemlich abstruse)
Handlung. Andreas läßt dem Leser keine Zeit, den Band in textlosen
Stimmungsbildern auf sich wirken zu lassen. Das ist schade, denn darin ist
er Meister. Dieser Band hingegen wirkt leider eher wie ein
Zwei-Minuten-Trailer von "Krieg und Frieden". Jo84

Carl Barks: Barks Library # 33. 56 Seiten, farbig, DIN A 4, 16,80 Mark.
Ehapa

Die gelbe Barks-Library-Reihe, sicher als die beste von allen zu bezeichnen,
hat es schon auf eine stattliche Anzahl von Bänden gebracht. Auch Band 33
bietet wieder fünf verschiedene Barks-Geschichten, die man allesamt nur als
Klassiker bezeichnen kann. wie immer sprühen die Geschichten, die zwischen
Mai und September 1957 erstmals erschienen, nur so vor Witz und skurrilen
Ideen. Ergänzt werden die Geschichten durch den elften Teil des Artikels
"Briefe von Carl Barks". Insgesamt sollen übrigens 51 Bände der gelben Reihe
erscheinen. Jo84

Carl Barks: Barks Library Special # 19. 64 Sei-ten, farbig, DIN A 4, 16,80
Mark. Ehapa

Konsequent führt Ehapa seine Barks-Reihe weiter. Der Donald
Duck-Special-Band präsentiert die Geschichten "Im alten Californien" vom Mai
1951 und "Weihnachten für Kummersdorf" vom Januar 1952. Leider gehören diese
beiden Geschichten nicht gerade zu den lustigsten Erlebnissen Donalds und
der Neffen, sondern sollen wohl eher zum Nachdenken anregen. In einer
chronologischen Reihe gibt es halt bessere und schlechtere Bände. Ergänzt
werden die zwei Barks-Werke durch den Artikel "Der Geist von Kummersdorf"
von Geoffrey Blum. Jo84

BÉhÉ / Schwebel / Noel / Peter / Mühlsteffen / Walz: Des Volkes Freiheit. 58 Seiten, Farbalbum, Hardcover, 19,80 Mark. Ehapa / Haus der Geschichte
Baden-Württemberg

Die Revolution von 1848/49 in Baden und Württemberg ist Thema dieses
geschichtsträchtigen Bandes, der in Gemeinschaftsarbeit beim Ehapa-Verlag
und dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg erscheint. Drei Autoren, zwei
Zeichner und einen Koloristen verschlang das eng an die Geschichte angelegte
Album, das sich jedoch selbst nicht ganz ernst nimmt. Die gescheiterte
Revolution, die unter anderem ein geeintes Deutschland, gerechtere Steuern
und Pressefreiheit forderte, wird in diesem Band vor allem anhand des
Schicksals ihrer Rädelsführer Hecker, Struve, Volk und Schaible dargestellt.
Diese scheiterten zwar, waren aber "die Pioniere späterer Errungenschaften".
Die sechsseitige Dokumentation über den Verlauf der Revolution ist leider
schon der interessanteste Teil des Albums. Der Comic selbst ist nicht in der
Lage, Interesse für die Hauptpersonen zu erwecken oder die historischen
Begebenheiten klar verständlich wiederzugeben. Die Zeichnungen sind sicher
gut recherchiert, wirken durch ihre Detailtreue aber eher steif. Da das
Thema nicht uninteressant ist, kann man auch über das Stilmittel Humor in
diesem Band streiten. über ein Che Guevara-Bild an der Wand oder die
Abbildung eines Asterix-Heftes kann ich bei dieser Thematik jedenfalls nicht
lachen. Der Schuß ging nach hinten los, aber warum? Vielleicht, weil zu
viele Köche den Brei verderben. Jo84

Enki Bilal: Erinnerungen aus einer anderen Zeit. 100 Seiten, farbig,
Hardcoveralbum, Großformat, 49,80 Mark. Ehapa

Mit dem vorliegenden Band werden 19 Kurzgeschichten Bilals aus den Jahren
1971 bis 1981 gesammelt präsentiert, die sonst nur teilweise in sehr frühen
Ausgaben von "Schwermetall" zum Abdruck kamen. Die meisten der schwarz-weiß
und farbig gestalteten SF-Kurzgeschichten entstanden für das französische
Magazin "Pilote" und gewähren Einblick in das Werk eines Künstlers, der sich
damals noch auf der Suche nach einem eigenen Stil befand. Sicher ist das
Buch vor allem für Comichistoriker und Liebhaber wichtig, denn die
Zeichnungen erreichen in den ersten Geschichten gerade einmal Fanniveau.
Trotzdem sind sie vor allem wegen ihrer textlich innovativen Handschrift
Klassiker. Die Entwicklung bis in die Jetztzeit wird durchaus deutlich.
Wertung: Gelungene Kompilation. Jo84

Tom Breitenfeldt: Der kleine König der großen Tiere # 1. Es lebe der König!
48 Seiten, s/w, DIN A 5 Querformat, 14,90 Mark. Carlsen

1991 erblickte der kleine König der großen Tiere auf den Kinderseiten der
Frankfurter Rundschau das Licht der Welt, und seitdem tritt er alle 14 Tage
auf, zumeist in Begleitung seines treuen Ratgebers Stelzevogel. Der kleine
König ist gerne König, aber er ist auch eine gut verträgliche Person.
Deshalb stört es ihn kaum, wenn manche Tiere gar nicht wissen, daß er der
König ist. Der Humorstrip, der pro querformatiger Seite ein kleines
Geschichtchen präsentiert, ist in federleichtem, liebevollem Strich
gehalten. Der Humor ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene gut
verständlich. So schuf der 1958 in Flensburg geborene Breitenfeldt einen
Strip mit Sinn für feinen, beiläufigen Witz. Das Projekt, die Strips
gesammelt in Büchern zu präsentieren, ist durchaus unterstützenswert. 14,90
Mark für einen A 5-Band in Schwarzweiß ist natürlich mal wieder viel zu
teuer, was Carlsen sicher zu spüren bekommen wird. Jo84

Stephen Desberg / Enrico Marini: Der Stern der Wüste # 2. Ehapa

Daß es auch anders geht, zeigt Ehapa mit der Veröffentlichung der Reihe
"Stern der Wüste". Mit Band 2 findet die grandiose Story ihren Abschluß,
eine Weiterführung durch neue Zyklen halte ich für ziemlich ausgeschlossen.
Texter Desberg und Zeichner Marini, der durch seine Reihe "Gipsy" bekannt
wurde, befinden sich in Höchstform. Die intensive, feurige Kolorierung tut
ein übriges. Textlich schließt der vorliegende Band an Band 1 an: Skeritt
jagt immer noch Cauldray, den Mörder seiner Frau und Tochter. Den Mann zu
finden, ist eine Sache, ihn unschädlich zu machen, eine andere. Eine
genauere Inhaltsangabe wäre ein Faux Pas. Zwar folgt der "Western" im großen
und ganzen recht ausgelatschten Pfaden, tut dies aber so meisterhaft, daß er
trotzdem als Highlight zu werten ist. Fazit: Großartige Unterhaltung und
darüberhinaus auch großartige Kunst. Jo84

Pierre-Yves Gabrion: Sheikawati # 1. Das Kind der Götter. 136 Seiten, s/w,
Comicbook-Format, 19,80 Mark. Ehapa

Viele werden sich noch an den "Mann aus Java" erin-nern, die Albumreihe, die
bereits komplett bei Ehapa vorliegt. Nun wartet Ehapa mit dem neuen Epos des
Autor Pierre-Yves Gabrion auf, das als Fantasy-/SF-Comic im Mangastil
angelegt ist. Mit schnellem, manchmal skizzenhaft wirkendem Strich führt
Gabrion durch ein Fantasy-Szenario, wie es abgestandener nicht sein könnte.
Der Held ist ein pfiffiger Halbwüchsiger, zufällig der Sohn des Häuptlings,
der selber gerade die Mutprobe zur Häuptlingswürde ablegt. Zur selben Zeit
unterjochen böse Menschen gerade sein Heimatdorf und führen die Frauen in
die Sklaverei. Sheikawati bekommt jedoch einen Zauberring ums Handgelenk
gelegt und ... Muß ich wirklich noch mehr erzählen? Band 1 der Reihe
hinterläßt einen schalen Nachgeschmack. Die Zeichnungen sind nicht sauber
ausgetuscht, die Story schon hundertmal gesehen, und die matschigen Grautöne
von Bertrand Antigny verderben den letzten Rest Charme. Auweia, Ehapa ...
setzen, sechs! Jo84

Carla und Vilhelm Hansen: Petzi baut ein Schiff. 32 Seiten, farbig, 17 mal
23 zentimeter, 7,90 Mark. Carlsen

Der berühmte kleine Bär Petzi feiert 1998 ein Jubilä-um: Vor 45 Jahren
hatten er und seine Feunde ihren ersten Auftritt in Deutschland mit "Petzi
baut ein Schiff". Grund genug, die inzwischen vergriffenen Bände neu
aufzulegen. Carla und Vilhelm Hansen veröffentlichten ihr erstes Petzi-Buch
1951, und von Anfang an war die Arbeitsteilung so, daß Vilhelm für die
Bilder und Carla für die Texte zuständig war. Ebenso klar war, daß der
kleine Bär sich an das jüngste Lesepublikum wandte, das die Geschichten oft
noch vorgelesen bekommen mußte. Dort war Petzi auch von Anfang an ein Erfolg
und ist heute einfach ein Klassiker. Die Neuauflage - bisher sind vier Bände
erschienen - ist eine gute Sache, da die Comics für kleinere Kinder auch
heute noch aktuell wirken. Sogar der Preis ist human. Jo84

Jean-Michel Charlier / Victor Hubinon: Buck Dan-ny # 32 und 33. Je 48
Seiten, farbig, Softcover, 19,90 Mark. Carlsen

20 bis 25 Jahre nach ihrem Entstehen ist es Buck Danny-Fans endlich
vergönnt, die Alben "In der grünen Hölle" und "Haie im Chinesischen Meer" in
einer adäquaten Aufmachung auch in Deutsch zu lesen. Ersterer wurde zwar
schon als Band 30 der berüchtigten Rex Danny-Kioskreihe gleich nach seinem
Entstehen veröffentlicht. Er war jedoch der Abschlußband, mit dem die Reihe
eingestellt wurde. Schlecht war das für Fans vor allem auch, weil er
eigentlich der erste Teil eines Dreiteilers war, deren Fortsetzung bislang
in der Versenkung blieb. "Haie im Chinesischen Meer", hier Band 33 der Reihe
(weil damals noch zwei weitere Alben unveröffentlicht blieben) ist also der
zweite Teil dieser Trilogie und eine deutsche Erstveröffentlichung. Buck und
seine Freunde entdecken zufällig eine riesige Drogenplantage und wollen die
Ernte verhindern. Leider befindet sich das Feld auf fremdem Territorium. Das
Pentagon, unter politischen Druck geraten, verbietet jede Aktion. Band 34
wird im Herbst folgen und der letzte Band sein, den Victor Hubinon zu Papier
bringen konnte. Jo84

David Lapham: Stray Bullets # 6. 32 Seiten, s/w, Comicbookformat, 7.80 Mark.
Feest

Der "Pulp Fiction der Comics" schlägt wieder zu! Etwas abgehobener als die
ersten fünf Folgen präsentiert sich Ausgabe sechs, in deren Verlauf die
ganze Erde zerstört wird. Auslöser dafür ist Amy Racecar, eine Jugendliche,
die sich durch Probleme im Elternhaus von einer Ausreißerin zur
meistgesuchten Verbrecherin der Welt entwickelt. Das Heft, das wie immer
eine in sich abgeschlossene Geschichte bietet, besticht durch eine
differenzierte Darstellung seiner Protagonistin, leider aber auch erstmals
durch eine ziemlich unglaubwürdige und überzogene Storyline. Dank des
Konzepts, die einzelnen Episoden in verschiedenen Zeiten und an
verschiedenen Orten anzusiedeln, werden trotz der Zerstörung der Erde in
dieser Ausgabe weitere "Stray Bullets"-Ausgaben er-scheinen. jo84

David Lapham: Stray Bullets # 7. 36 Seiten, s/w, Comicbookformat, 7.80 Mark.
Feest

Wesentlich bodenständiger als die Vornummer kommt "Stray Bullets" # 7 daher.
Stellvertretend für tausende von ähnlichen Einzelschicksalen schildert das
Heft in eher ruhigem Tempo einen Abschitt der Kindheit von Virginia
Applejack, der sie für ihre Zukunft prägen wird. Virginia versteht sich mit
ihrer Mutter überhaupt nicht, aber liebt ihren Vater abgöttisch. Leider ist
dieser als Trucker selten zuhause. Doch dann schmeißt er überraschend seinen
Job, um mehr Zeit für die Familie zu haben. Virginia ist überglücklich, bis
sie erfährt, daß ihr Vater Krebs hat. Kurz darauf beginnt auch schon sein
körperlicher Verfall. Von "Pulp Fiction der Comics" kann in dieser Ausgabe
einmal nicht die Rede sein. Viel zu subtil und gemächlich beginnt die
Geschichte, deren Dramatik sich dann natürlich steigert. Am Ende fühlt sich
der Leser genauso hilflos wie das Mädchen, dem die Hände gebunden sind. Das
Heft ist wieder mal ein Meisterwerk, wahrscheinlich sogar das beste bisher,
zumindest das realistischste. jo84

Jeph Loeb / Tim Sale: Batman # 4. Irrsinn. 56 Seiten, farbig,
Comicbookformat, 16,80 Mark. Ehapa

"Irrsinn wird eher nach dem Geschmack der Batman-Fans sein. Commissioner
Gordons Tochter reißt von zuhause aus und gerät in die Hände des Hatters,
eines Kindermörders, dessen Aussehen der Zeichner dem Buch "Alice im
Wunderland" entlieh. Auch Batman hat eine besondere Beziehung zu diesem
Buch. Es erinnert ihn an den Tod seiner Eltern. Story und Zeichnungen sind
routiniert in Szene gesetzt, so daß das Bauch durchaus lesenswert ist, ohne
jedoch besonders hervorhebenswert zu sein. Daß die Kids eine fast gleiche
Seitenzahl als Heft zum Preis von 4,90 Mark bekommen, wird viele vom Kauf
abhalten. Jo84

Dave McKean: Cages # 1 bis 5. Je 100 Seiten, teilweise farbig, DIN A 4,
26,90 Mark. Carlsen

Im März 1997 erschien das erste der fünf deutschen Cages-Bücher, und
mittlerweile liegen alle Bände vor. "Cages" ist ein sehr schwieriges und
sperriges, um nicht zu sagen hochphilosophisches Werk. Man kann in McKeans
Kosmos eintauchen, versinken, wird aber nur Teile eines Werks erfassen und
verstehen können. Mit zittrigem Strich, zweifarbigen Strichüberlagerungen
und opulent angelegten Fotoszenen in Schwarz-weiß und Farbe bieten die Bände
Stilbrüche und Abstraktionen am laufenden Band. Die Zeichenstile wechseln
abrupt, und auch Personenkreise, Träume, Realitäten, Worte und Eindrücke
verschwimmen für den Leser und die Darsteller. Die Hauptpersonen des
Cages-Zyklus sind der Maler Leo Sabarsky und die Nachbarn seiner
Mietwohnung, unter ihnen ein Schriftsteller, ein Musiker, eine Katze, eine
einsame Dame und die Frau vom Balkon gegenüber. Anhand dieser Darsteller und
ihrer Beziehungen zueinander reflektiert McKean den künstlerischen
Schöpfungsprozeß, sein Scheitern und seinen Neuanfang. Existentielle
Grundgedanken zu Linien, Sprachen, Tönen, Religion, menschlichen
Beziehungen, Grenzen und Träumen nehmen einen breiten Raum ein. "Cages" kann
man immer wieder zur Hand nehmen und lesen, und bei jedem Mal wird man mehr
über das Werk und das Leben an sich lernen. Bücher zum Wachsen, die den
relativ hohen Gesamtpreis durchaus rechtfertigen. Jo84

Ted McKeever: Batman # 33. Maschinen. 52 Seiten, farbig, Comicbookformat,
19,90 Mark. Carlsen

Ted McKeever gehört sicher zu den eigenständigsten Künstlern, die das Medium
Comic je hervorgebracht hat. Leider ist er in Deutschland nicht sonderlich
bekannt, da die meisten seiner Werke außer "Eddy Current" und "Der Extremist
" bisher hierzulande noch nicht veröffentlicht wurden. Sein verzerrender
Zeichenstil, seine pessimistischen Geschichten und extremen
Darstellungendürften aber auch nicht allzu viele Begeisterungsstürme
auslösen - außer bei einer kleinen Minderheit. Besonders interessant wird es
natürlich, wenn der eigenwillige McKeever eine Mainstreamserie wie Batman
gestaltet. Wie zu erwarten, kommen Batman-Fans kaum auf ihre Kosten,
McKeever-Fans dafür schon. Batman taucht kaum auf, und wenn, dann höchstens
als verzerrte, sich wandelnde Erscheinung in den Fieberträumen der
Hauptperson. Diese ist ein Schlachter. Von Depressionen gequält, beginnt er
irgendwann, seinen Job öffentlich zur Passion zu machen. "Maschinen" ist
eigentlich gar kein so passender Titel. Die Grundthemen "Zersetzung" und
"Verwesung" wären treffendere Schlagwörter gewesen. Ein sehr düsterer Band
ist es jedenfalls geworden, und da Thema und Umsetzung noch nicht so
abgegriffen sind wie bei anderen Batman-Bänden, sicher einer ihrer besten.
Jo84

Mythic + Curd Ridel: Gowap # 1. Ein Monster zum Knuddeln. 48 Seiten, farbig,
DIN A 4, 16,90 Mark. Carlsen

Ein Haustier haben viele Kinder. Doch niemand hat so einen ungewöhnlichen
Spielgefährten wie die kleine Gwendolyn. Ihr bester Freund ist nämlich der
flippige Dino Gowap. Dieser frißt alles, was ihm vors Maul kommt, ist
eigentlich ein ziemlicher Angsthase und hat den Kopf ständig voller
verrückter Ideen. Mythic und Ridel sind in Deutschland noch völlig
unbekannt, obwohl beide schon an einer Menge Comics gearbeitet haben. Gowap,
ihre erste Zusammenarbeit, ist ein belangloser, aber recht lustiger Comic,
der in Streifen, Cartoons und Einseitern gehalten ist. Der Band könnte
sowohl Kindern als auch Erwachsenen zusagen. Er bietet ein recht
kurzweiliges Lesevergnügen und ist endlich mal wieder ein Album, das nicht
in Fortsetzungen ausufert. Jo84

Peyo: Schlumpfgeschichten # 1 bis 4. Je 32 Seiten, farbig, DIN A 5, 7,90
Mark. Carlsen

Als Comic-Hits für Kids gibt es jetzt eine neue Schlumpf-Reihe, die pro Band
meist drei neuer datierte Kurzgeschichten um die blauen Wichtel enthält, die
mit Ein- und Zweiseitern garniert sind. Format und Papier lassen die Seiten
gut zur Geltung kommen, und der Preis ist fair. Auch Björn Liebchen liefert
eine gute Letterarbeit ab. Trotzdem mag ich an einen vollen Erfolg des
Konzepts nicht so recht glauben. Aber wer die Schlümpfe mag, wird auf seine
Kosten kommen, zumal das Material noch von der besseren Schlumpf-Sorte ist.
Jo84

Schuiten / Peters: Führer durch die geheimnisvollen Städte. 176 Seiten,
farbig, Hardcoveralbum, überformat, 69 Mark. Feest (Ehapa)

Das genaue Gegenteil des Durchhängers "Sheikawati" ist dieses edle
Hardcoverbuch. Schuiten und Peters haben mit ihren diversen Alben in
verschiedenen Ver-lagen von jeher Maßstäbe gesetzt. Die Vielzahl von
geheimnisvollen Orten und Städten übten immer eine Faszination aus, die sich
nur mit purem Staunen über die atemberaubenden architektonischen Ideen
umschreiben läßt. Die fiktiven Städte dieser Alben haben nun endlich einen
eigenen Reiseführer, der zum Schmökern, Reisen und Träumen einlädt. Dieser
enthält vor allem Karten und Pläne diverser architektonischer Bauten,
Porträts vieler Bauherrenvon Städten wie Alaxis, Blossfeldtstadt, Calvani
oder Xhystos. Auch auf Technik sowie Flora und Fauna wird genau eingegangen.
Trotz des kleinen Formats wird man von der Vielzahl der ausgeklügelten
Grafiken und Fotos erschlagen, die eine Fülle von Informationen über ein
Universum an der Grenze zwischen Phantasie und Realität offenbaren. Ein
opulentes Buch für Träumer, die trotz alledem in der Realität verwurzelt
sind, das jeden Pfennig des opulenten Preises wert ist. Jo84

Lewis Trondheim: Herrn Hases haarsträubende Abenteuer # 1: Walter

Ganz ernst darf man die Selbstdarstellung wohl nicht nehmen, die Trondheim
in seinem ersten deutschen Album angibt. Fakt ist, daß er ein international
umjubelter Star ist, seitdem seine Geschichten zum ersten Mal erschienen.
Denn Lewis Trondheims Stil ist frisch, und ähnliche Geschichten sind selten
dagewesen. Je-nes der "Lapinot"-Abenteuer (so heißt Herr Hase im Original)
spielt in einem anderen Jahrhundert und an einem anderen Ort. In dieser
Geschichte wird er im Paris der Jahrhundertwende mit einem mysteriösen
Monster konfrontiert. Herrn Hases erstes Album ist spannend, mysteriös und
gleichzeitig witzig bis hin zum albernen Slapstick, wie ich es in ähnlicher
Art höchstens von Tim und Struppi gewöhnt bin. Die Zeichnungen sind einfach,
aber höchst treffend und kommen durch die wunderschönen Farben hervorragend
zur Geltung. Alles in allem ist das Album einfach ein mehr als gelungener
Einstand. Wer mehr über Lewis Trondheim wissen möchte, sollte noch einmal in
seiner "Strapazin"-Sammlung blättern oder im Internet
http://www.kn.com/lewis wählen. Jo84

RenÉ Goscinny / Albert Uderzo: Asterix op Kölsch: Bruut un Spillcher.
Hardcoveralbum, Ehapa

Der "Gladiator" ("Bruut un Spillcher") ist irrsinnig witzig übersetzt: Es
heißt nicht mehr "Beim Teutates", sondern "Beim Tünnemann". Man zahlt in
"Heiermännern", Legionäre sind "Funken", und ein Thraker wird kurzer-hand
zum "Düsseldorfer". Das grenzt an Parodie und läßt einen den Band noch mal
neu erleben. Wann folgen "Asterix und die Preissn" oder "Asterix im
Kohlenpott"? Dafür könnte man den Avernerschild nehmen, wegen der
Kohlen-Gags. Herod

Brad Wright / Anke Siebert: Outer Limits # 3. Das Virus. 48 Seiten,
US-Format, 16,80 Mark. Ehapa

Im Zuge der unkontrollierten Vermarktung aller Dinge, die irgendwie einen
Hauch von "Mystery" wiedergeben könnten, ist der ansonsten recht
professionelle Ehapa Verlag auf den Trichter gekommen, einzelne Drehbücher
der Fernsehserie "Outer Limits" als Comic zu adaptieren. An und für sich ist
das gar keine schlechte Idee, denn das Originaldrehbuch von Brad Wright ist
durchaus spannend und zeitkritisch inszeniert und die Story interessant.
Leider konnte man sich nicht entschließen, Künstler zu engagieren, die schon
lange Comics zeichnen. Statt dessen nahm man drei Girlies unter Vertrag, die
wahrscheinlich noch nie vorher einen Comic gelesen, geschweige denn
gezeichnet haben. Alle drei bisher vorliegenden Bände sind schlecht, im
Falle von Anke Sieberts Adaption sogar katastrophal. Von Anatomie, Mimik
oder Strichstärken hat Anke Siebert keinen Schimmer. Die pastellartige
Kolorierung eignet sich vielleicht für Modeskizzen, bestimmt aber nicht für
einen Mystery-Thriller. Bei Ehapa hat man wohl auch gemerkt, daß der Schuß
nach hinten losging. Im neuen Programm ist jedenfalls kein weiterer Titel
angekündigt. Ich bin mir sogar sicher, daß selbst der geplante vierte Band
noch vor Erscheinen gecancelled wird, wie zum Beispiel bei "Käpt'n Blaubär"
Band 3 und 4 bereits geschehen. Im Gegensatz zu "Käpt'n Blaubär" wäre es um
die "Outer Limits"-Reihe nicht schade. Jo84

Kauka Classics # 1: Pauli - die große Reise. 64 Seiten, farbig, DIN A 4,
16,80 Mark. Ehapa

Viele ältere Comicleser denken gern an die Zeit zu-rück, als es außer
Sigurd, Micky Maus und Fix und Foxi nicht viel gab. Rolf Kauka, der 1953 mit
seiner Comicproduktion begann, war damals einer der ganz Großen, der mit Fix
und Foxi und allen Nebencharak-teren einen Meilenstein in West-Deutschlands
Comicgeschichte schuf. ähnlich wie Disney lancierte er ein eigenes Imperium,
deren viele Erschaffer nicht einmal namentlich erwähnt wurden. Einer dieser
Zeichner war Branco Karabajic, der heute in seiner Heimat Zagreb im
Ruhestand lebt. Er zeichnete den vorliegenden Band, der erstmals 1966 in
sechs Fortsetzungen erschien und für diese Ausgabe mit Hintergrundinfos
versehen wurde. Das Vorhaben, weitere Alben klassischer Kauka-Geschichten zu
publizieren, finde ich schon lobenswert. Ich glaube allerdings nicht, daß
man eine neue Generation von Lesern erreichen kann, zumal die Abenteuer
ziemlich antiquiert wirken. Der wahre Knackpunkt dürfte jedoch der Preis
sein, der anders als in den 60ern wohl kaum noch als "taschengeldgerecht" zu
bezeichnen ist. Jo84

Zensur!? Das Benefizalbum. 60 Seiten, Farbalbum, mit Doppel-CD, 49,80 Mark.
Alpha, Edition Kunst der Comics, Plattenmeister

Einen in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Vorgang hat der
Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Dr. Gerhard Kurtze,
die Sache genannt. In der Tat sind die Umstände in mehrfacher Hinsicht
ungewöhnlich. Im Juni 1995 wurden nach einer Anzeige von Michael Brenner aus
Neckarsgmünd auf Veranlassung des Meiniger Oberstaatsanwalts Reinhard
Hönninger die Räume der Verlage Edition Kunst der Comics und Alpha von der
Polizei durchsucht und 150 Comicbände als "pornografische,
gewaltverherrlichende und jugendgefährdende Schriften" oder "Nazipropaganda"
beschlagnahmt. Darunter waren Werke, über die man wohl unterschiedlicher
Meinung sein kann wie "Nagyara" von Riverstone oder "Alkovenge-heimnisse"
von Ferocius, aber auch zum Beispiel "Fremde Region" von Beb Deum und
Jean-Pierre Dionnet oder "Schrei nach Leben" von Paul Gillon. Das größte
Aufsehen verursachte die Jagd auf Comics von Walter Moers und Ralf König,
die 1996 dann bei Razzien in 1200 Buchhandlungen im gesamten Bundesgebiet,
insbesondere in kleineren Städten, sichergestellt wurden. Verlag und Handel
erhielten keine Entschädigung für die abtransportierte Ware.
Merkwürdig, daß damit erstmals seit langem wieder Comics in die Kritik
geraten sind. Die Verlage konnten darauf verweisen, daß die beanstandeten
Comics von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften nicht auf
den Index gesetzt wurden. Die hat ja inzwischen selbst mit "Menschenblut"
ihren Frieden gemacht und beschäftigt sich mit Sex und Gewalt auf dem
Videosektor und im Internet (wobei hier nicht dem St. Florians-Prinzip das
Wort geredet werden soll). Michael Brenner, der den Stein ins Rollen
gebracht hatte, erschien bei einem Auftritt 1996 in Erlangen als
fanatisierter Wirrkopf. Oberstaatsanwalt Hönninger seinerseits scheint
besondere Lust daran zu haben, seine Kompetenzen zu überschreiten ("Das
Urteil der Bundesprüfstelle spielt für uns keine Rolle"). Woher kommt das
plötzlich wieder erwachte Interesse der (besser: einzelner) Sittenwächter an
den Comics? Die Frage ist vorerst nicht zu beantworten.
Nicht selten ist ja ein handfester Kunstskandal fürs Geschäft ein wahrer
Segen, weil das Publikum dann erst sehen möchte, wofür es sich vorher nicht
interessiert hat. In diesem Fall lenkten die Polizeiaktionen die
Aufmerksamkeit aber nur auf Produkte, die sich schon vorher gut verkauft
hatten. Etliche Buchhändler beeilten sich dagegen nun, Comics aus ihren
Regalen zu entfernen, da sie nicht in den Ruf geraten wollten, Schweinskram
anzubieten. Der Alpha Verlag wurde damit fast ruiniert.
Jetzt kamen das Album und die CD "Zensur!?" heraus. Die beteiligten Künstler
verzichten auf Honorare und unterstützen damit den Verlag. Vertreten ist
sowohl auf grafischer wie auch auf musikalischer Seite die erste Garde: Art
Spiegleman (dessen "Maus" groteskerweise als faschistisch eingestuft wurde),
Guido Sieber, H. R. Giger, Ingo Stein sowie Die Sterne, Tocotronic, Lotte
Ohm, Notwist, Ton Steine Scherben und viele andere. Daß in dem Album auch
Paolo Eleuteri Serpieri vertreten ist, in meinen Augen ein waschechter
Pornograph, der in seinen Comics aus spekulativen Gründen mit Titten und
ärschen operiert und der in seinem Beitrag scheinheilig anmerkt: "Eine Zeit,
in der die Liebe nicht mehr verdammt wird... das wünsche ich mir, aber kann
sich der Mensch so sehr ändern?" tut der guten Sache keinen Abbruch. Man
sollte sich also diesen Doppelpack anschaffen.
Das juristische Verfahren scheint übrigens noch immer in der Schwebe zu
sein, nachdem den beiden Sonneberger Verlagen Anfang 1997 die Anklage
zugestellt worden war. Die Gerichtsverhandlung hat meines Wissens bisher
noch nicht begonnen. Daß dabei das große Medienecho auf die Aktion eine
Rolle gespielt hat, kann man natürlich nur vermuten. Inzwischen hat die
Meininger Staatsanwaltschaft sogar einige konfiszierte Comicbände nach
Sonneberg zurückgesandt, behält sich aber bei allen inkriminierten Titeln
vor, die Ermittlungen "zu gegebener Zeit" wieder aufzunehmen. aa