(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 66
Besprechungen



Dipperz # 1. 32 Seiten, s/w mit Zusatzfarbe braun, Comicbookformat, 5 Euro. Verlag Schwarzer Turm, St.-Vitus-Straße 10, 36088 Hünfeld. www.schwarzerturm.de
 
Doktor Dipperz ist eine legendäre Figur aus dem Underground-Horrormagazin „Menschenblut“, ein durch-geknallter Chirurg mit allerdings begnadeten medizinischen Fähigkeiten - Spezialität: Amputationen. Schon zu Menschenblut-Zeiten hat der Doc mit seinen makabren Abenteuern schon zweimal ein ganzes Heft belegt. Jetzt soll er vollends zur Serienfigur veredelt werden. Autor Rochus Hahn hat zu diesem Zweck kräftig am Konzept gefeilt, aber die Entwicklung geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Dipperz, der den Namen eines hessischen Rhöndorfs trägt, soll ernsthafter werden. Im Ersten Weltkrieg wirkt er als junger Sanitäter an der Westfront. Hahn und Zeichnerin Diana R. Sassé versuchen, den damals aufkommenden Stellungskrieg und die verheerende Wirkung moderner Waffen wie Maschinengewehre und Granaten möglichst realistisch zu schildern. Dipperz hat schließlich den fanatischen deutschen Befehlshaber unter dem Messer und überlegt, daß es für alle Beteiligten besser wäre, wenn er ihn durch einen gezielten Kunstfehler ins Jenseits befördern würde. Damit ist Dipperz nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Geschichte ist nun plötzlich peinlich ernst gemeint, hat sogar sentimentale Beiklänge à la Dr. Stefan Frank. Dazu paßt der Zeichenstil von Diana. Bekanntlich beherrscht sie Uniformen und Pferde aus dem Effeff („Doudou der Poilu“). Für selbstironische Comics, zu denen „Dipperz“ bisher gehörte, würde sich ihr klarer, nur wenig düsterer Stil allerdings kaum eignen. In weiteren Ausgaben sollen andere Zeichner zum Zug kommen. Vorläufig wäre Dipperz-Fans aber eher zu empfehlen, gegebenenfalls ihre Menschenblut-Sammlung zu komplettieren. -aa
 
cOMIc # 47. 20 Seiten, s/w, DIN A 5, im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines. Gerd Bonau, Gabelsberger Straße 14, 24148 Kiel
 
Bei Omi normalisiert sich die Lage nach der zwangsweisen Unterbrechung wieder. In der Ausgabe 47 hat es zwar nur zu 13 Seiten Illustrationen und Comics gereicht. Aber darunter ist immerhin ein Cartoon von Rudolph Perez („Zebra“). Ferner gibt es Beiträge von Bernd Teuber, Aaron Jordan, Ulrich Magin und Anja & Joy. Bei aller Kürze sehr informativ geraten ist Gerds Bericht von einem mir bislang unbekannten Comicfestival im belgischen Andenne. Man vermißt also nichts in diesem Heft. Band 48 hat dann wieder den gewohnten Umfang mit zwei bis drei weiteren Zeichnern. Vorgestellt wird hier in einem Artikel der wenig bekannte belgische Zeichner Georges van Linthout, von dem in Deutschland bisher nur wenig erschienen ist. Es läuft also wieder rund bei Gerds Fanzineproduktion, und man kann sich wohl schon ein bißchen auf die Nummer 50 freuen. -aa
 
Team Gudmundson: Animal Electrix. 20 Seiten, s/w mit blau weißem Umschlag, DIN A 5, 1 Euro.  Oliver Ferreira, Blonweg 21, 22111 Hamburg
 
Hinter dem Team Gudmundson ver-bergen sich René Roggmann und Oliver Ferreira, die hier Comics und Cartoons von und mit Tieren publizieren. Die Zeichenstile der beiden sehen sich teilweise zum Verwechseln ähnlich, deshalb ist es schwer zu sagen, wer was gezeichnet hat. Auch vom Humor her ist es ähnlich. Wer Oliver Ferreiras zahlreiche Fanzinearbeiten kennt, weiß, daß er auf seine Kosten kommen wird, auch wenn die Zeich-nungen absichtlich recht simpel gehalten sind. Jo84
 
Jungs lesen Milbrandt. 36 Seiten, s/w mit handcoloriertem Cover, DIN A 5, 2 Euro. Oliver Ferreira, Blonweg 21, 22111 Hamburg)
 
Auch hinter diesem Bändchen um den netten Öko-Kiffer Milbrandt stecken Olli Ferreira und René Roggmann. Dieser stellt fest, daß ischi ein ganz schöner Penner geworden ist. Aber Stefan ist noch schlimmer. Echt runtergekommen, wie Milbrandt so sein Loch heizt. Dafür ist ihm Musik wichtig. Die teilweise seperat, teilweise zusammen erstellten Comics beziehen ihre Komik aus den Assoziationen, die die Leser so haben, denn irgendwie kennt jeder Typen wie Milbrandt. Jo84
 
Filmriß # 4 (Oktober 2002). 28 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 3,50 Euro. ICOM, Danneckerstraße 12, 70182 Stuttgart und Gringo Comics, c/o Holger Bommer, Roßbergstraße 3,  73734 Esslingen
 
Wie es mit dem ICOM-Magazin weitergeht, bleibt unsicher. Gerüchteweise ist zu hören, die Macher zögen bereits eine Einstellung in Betracht. Jedenfalls ist wohl die optimale Veröffentlichungsform noch nicht gefunden. „Filmriß“, einst ein Fanzine des Esslingers Holger Bommer, soll nun Können und Vielfalt der rund 300 ICOM-Mitglieder präsentieren und für sie werben. Das Heft erscheint allerdings selten, hat einen begrenzten Umfang und entfaltet damit keine zu-friedenstellende Außenwirkung. Die Verbreitung in Comicläden läßt zu wünschen übrig. Die Produktion mit Farbcover und gutem Papier scheint aber recht teuer zu sein. Was den Inhalt betrifft, gibt es mitunter Klagen über zu wenige Zusendungen. Es werden Überlegungen angestellt, Themenhefte zu organisieren, aber nur ein kleiner Teil der Zeichner produziert eigens für dieses Magazin. Andere klagen, daß sie nicht einmal benachrichtigt werden, was aus ihren Einsendungen geworden ist. Abgesehen von diesen Grundsatzproblemen ist die vorliegende Ausgabe ganz ordentlich geworden. Martin Freis „Superbabe“ hat zweifellos Zugpferd-Qualitäten. Ein guter Gagschreiber würde allerdings nicht schaden. Letzteres gilt auch für Boris Schimanskis Stripreihe „Fogwood“. Peter Butschkow als recht populäres ICOM-Mitglied liefert wieder einen Cartoon ab. Außerdem vertreten sind Rautie, Bernd Mazanec und Roland Strittmatter, Maikel Das, Ari Plikat, L. Ghepetto sowie Holger Bommer und Burkhard Ihme. -aa
 
Kreativo # 41 (Dezember 2002). 72 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A 5, 1,50 Euro. Kreativo-Projekt, Birke, Postfach 2022, 58470 Lüdenscheid
 
Mit Farbcover und Katalogumfang feiert Birke das zehnjährige Bestehen ihres eigenwilligen Fanzines. Am Beginn, Ende 1992, standen drei Freundinnen. Die Idee entstand, wie so oft, in einer Kneipe auf einem Bierdeckel. Von den drei Frauen verlegte sich die eine bald aufs Basteln, und die zweite gründete eine Familie, während Birke trotz immer wiederkehrender gesundheitlicher und beruflicher Probleme das Projekt seitdem mit bewundernswerter Konsequenz durchzieht. Ohne Ausfälle oder Durchhänger hat sie jedes Jahr vier Ausgaben auf die Beine gestellt. Antrieb war ursprünglich, wie sie in einem Rückblick gesteht, daß in der Heimatzeitung Artikel von ihr bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden. In ihrem eigenen Magazin konnte ihr in ihre Texte niemand hineinredigieren. Kreativo! war aber nie eine Plattform zur Selbstdarstellung der Herausgeberin. Ähnlich wie Heike Anacker wurde sie vielmehr zur großen Anregerin einer vielköpfigen Mitarbeiterschar. Aus dem eingesandten Material scheint sie zwar durchaus nach eigenen Vorlieben auszuwählen, aber was dann im Heft präsentiert wird, folgt keinem erkennbaren Konzept. Dieses Nicht-Konzept wird in der Jubiläums-Ausgabe auf die Spitze getrieben. Die Mehrzahl der Beiträge sind Nachdrucke aus Kreativo! # 1 bis 40, die aber nicht als solche gekennzeichnet sind. Stattdessen hat Birke, leicht zu übersehen, das Wörtchen „neu“ an den Rand der noch unveröffentlichten Comics, Texte oder Gedichte gekrakelt. Die Jubiläumsausgabe ist damit ein noch unübersichtlicheres Sammelsurium als die regulären Hefte, was die Fans freilich nicht daran hindert, sie zu genießen. Alles Gute für die nächsten 40 Ausgaben. -aa
 
Weissblechs weltbeste Comics # 8. Affengeile Dschungel-Luder. 32 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 3 Euro. Weissblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn
 
Auch Weißblech Comics gibt es jetzt seit zehn Jahren. Wenn man sich das aktuelle Heft, das 70ste, mit viel nacktem Busen, kruder Gewalt und allerhand Trash ansieht, würde man meinen, in den zehn Jahren Verlagsgeschichte habe sich nicht viel geändert, abgesehen davon daß sich in letzter Zeit öfter mal Könner wie Wittek, Eckart Breitschuh oder Rolf Nölte in den Heften die Ehre geben. Hier inkt zum Beispiel Wittek eine Geschichte von der Barbarin Kala und ihrem Reit-Dino Tyr. Aber weit gefehlt. In seinem Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt berichtet Heraus-geber Levin Kurio von einem dramatischen Geschäftseinbruch in den Jahren 1999 und 2000. Angefangen hat alles mit einer alten Druckmaschine in einem Kuhstall und dem Verkauf von Saufcomics („Koma-Comics“) auf Partys. Bei der äußeren Form orientierte sich Levin an den alten US-Horrorcomics von EC. Ab 1996 gab’s Farbcover, und die selbst erlebten Storys wurden zum Selbstschutz zunehmend verfremdet. Zahlen nennt Levin nicht, aber die Verkäufe wurden mit der Zeit wohl sehr ansehnlich. 1999 meldete er ein Gewerbe an, wollte also von seinen Produkten leben, gleichzeitig verkauften sich die „Koma-Comics“ aber immer schlechter. Die genauen Gründe kennt Levin nicht. Die 90er Jahre waren vorbei, seine Comics nicht mehr „in“, die Kiffer vielleicht geiziger geworden, schreibt er. Der Verlag legte eine mehrmonatige Pause ein und verlegte sich dann auf Sonderhefte mit geringeren Auflagen. Mit den „Drogengeilen Teenieschlampen“ kam der Erfolg zurück. Inzwischen kann sich Weißblech sogar Nebenprojekte wie eine Miniserie mit der Weltraumheldin Bella Star und das Magazin „Schwarzweiß Comickult“ leisten. -aa
 
Sandy Fischer: Welti – die Wende und die Entdeckung des freien Lebens. 36 Seiten, s/w, Hardcoveralbum, 9,99 Euro. Sandy Fischer, Kurt -Schuhmacher-Straße 21, 04105 Leipzig
 
Wieder gibt es einen neuen Selbstverlag, der mit einer neuen Figur versucht, ambitionierte Texte in Comicform zu vermitteln. Welti heißt der kleine Kerl, der, mit menschlichem Körper und einer Weltkugel als Kopf, für Frieden, Freiheit und Brüderlichkeit stehen soll. Dagegen ist ja erst einmal nichts zu sagen. Nur wird Welti leider den hochgesteckten Zielen seiner Erfinderin Sandy Fischer zumindest in diesem Band in keinster Weise gerecht. Auf der Rückseite des Bandes heißt es: „Die Geschichte des Comicbandes erzählt auf satirische Weise Welti`s Traum über den Untergang der illusionären Staatsform in Deutschland. Dabei erfährt Welti, wie während des Umwandlungsprozesses bewährte Dinge über Nacht verschwinden und von der unterlaufenen Anarchie in seiner Heimat." Leider konnte ich beim Lesen des Bandes diese Thematik nicht entdecken. Welti verliert zwar seine Arbeitsstelle und läuft durch die Gegend, die platten Texte haben mit der ambitionierten Thematik aber wenig zu tun. Das ist um so bedauerlicher, weil der Band eigentlich nicht an zeichnerischen Mängeln krankt, sondern eher am Layout. Der Band hat einen festen Einband und gute Bindung, aber schon auf dem Cover springen einem fürchterliche Farben entgegen. Die einzelnen Panels scheinen in völlig verschiedenen Formaten gezeichnet und dann dilettantisch in verschiedenen Stufen verkleinert zu sein, damit sie irgendwie auf eine Seite passen. Manche Bilder sehen deshalb ganz gut aus, andere direkt daneben sind viel zu großflächig. Satte Schwarztöne wechseln sich ab mit schlecht gescannten, grau wirkenden Bildern. In alle Seiten wurde ein grauenerregendes, 4 mm hohes Maschinenlettering geklatscht. Die geballten Texte erinnern deshalb auch mehr an ein Schwarzweiß-Bilderbuch für Kinder. Am Ende wacht Welti auf und hat alles nur geträumt. Schade, kann man da nur sagen. Die Produktion des Bandes hat Sandy sicher eine ganze Menge Geld gekostet. Aber wie ich‘s auch drehe und wende, ich kann den Band nicht zum Kauf empfehlen. Jo84
 
Chnusper Comics # 5. 52 Seiten, s/w, DIN A 5, 2,10 Euro. Oliver Gfeller, Bohrerhofstraße 10, CH – 4123 Allschwil. oli-gfeller@gmx.ch
 
An dem Radiosender DRS 3 mußte sich Oliver Gfeller unbedingt nochmal abreagieren - explizit in einem Artikel über die Reform des Formats und dann noch einmal hintergründig in der getürkten Lebensbeichte eines Schweizer Rockstars. Aber da das Heft insgesamt deutlich an Umfang zugelegt hat, fällt das nicht negativ auf. Um den ziemlich musiklastigen Text-Mit-telteil gruppieren sich Comics von Teresa Camara Pestana, Claudio Parentela, Wittek (Vorsicht - ein dänischer Comic!), Horst Jäger und dem Herausgeber. Eine Information für Preisausschreiben-Fans: Oliver sucht beste und schlechteste Comics, Platten, Filme, Konzerte und so weiter - jeder Einsender erhält eine colorierte Originalzeichnung. Und eine für potentielle Mitarbeiter: Die nächste Ausgabe soll ausschließlich Comics ohne Worte bringen (ob dann die Artikel und Rezensionen wohl auch ohne Worte sein werden?). Oliver hat mir übrigens zwei Ausgaben eines Giveaways namens "Nachtplan" aus Basel mitgeschickt, in denen sich neben einem Veranstaltungskalender, Redaktionellem und Reklame ziemlich viele Illustrationen und Comics finden. -aa
 
Geschrammel. 24 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A 5, 1,50 Euro. Jens Natter, Godfried-Bueren-Straße 95, 26723 Emden
 
Aus Beiträgen für verschiedene Punk-Fanzines hat Jens Natter dieses Heft zusammengestellt. Alle Cartoons und Kurzcomics nehmen die Rock- und Popmusikszene aufs Korn. Meist geht es um den Widerspruch zwischen Image und wirklichem Denken, Verhalten oder auch nur Aussehen der Stars. Auf bestimmte Persönlichkeiten wird aber nicht angespielt. Jens will diese Thematik in einem zweiten Band fortsetzen und würde darin auch passende Arbeiten anderer Zeichner aufnehmen. -aa
 
Magazine # 6. 16 Seiten, s/w, DIN A 5, 1,50 Euro. Andy Konky Kru, P.O. Box 8892, London SW 15, Great Britain
 
Im vorliegenden Heft geht es um Andys Eindrücke vom „Heftich“-Festival in Hamburg und von der Frankfurter Buchmesse. Wie beim letzten Mal (siehe Beilage zu PLOP # 64) hat er seine äußerst aufwendigen Skizzen mit handschriftlichen Anmerkungen versehen, die über die Momentaufnahme hinaus etwas von seinen Erlebnissen während der Veranstaltungen erzählen. Diesmal allerdings auf Englisch, weil sich Andy im Moment wieder in England aufhält. –aa
 
Shtumm # 2. 32 Seiten, s/w, DIN A 5. Andy Konky Kru, P.O. Box 8892, London SW 15, Great Britain
 
Andy hat wieder eine Menge skurriler Ohne-Worte-Comics zusammengetragen - eine liebenswerte Sammlung wunderlicher Ideen und skurriler Abläufe. Der alte Bücherstöberer und Kulturforscher hat auch wieder zwei Comic-Dinosaurier ausgegraben. Thomas Theodor Heine war Anfang des 20. Jahrhunderts „Simplicissimus“-Mitarbeiter. A. B. Frost dürfte aus der gleichen Zeit stammen, ist mir aber nicht näher bekannt. Ansonsten sind in dem Heft außer dem Herausgeber unter anderem Peter Lubach, Rainer Baldermann, Thomas Ott, Wittek und Joel Naber vertreten. Und Lewis Trondheim präsentiert einen Onepager mit 60 Panels. -aa
 
Gunnar Saeckler: Das Ende der Unschuld (September 2002). 16 Seiten, s/w mit rotem Umschlag, 1,50 Euro. Edition Décapsuleur, Gunnar Saeckler, Birkenweg 60, 23611 Bad Schwartau
 
Die Story ist eigentlich nicht so spektakulär: Der Protagonist prallt mit einem Flüchtenden zusammen, nimmt das runtergefallene Messer an sich, wird von da an von der Polizei als Mörder gejagt und am Ende erschossen. Interessant wird sie durch die Kulissen. Gunnar Saeckler läßt sie vor einer aufwendig ausgearbeiteten Stadtlandschaft spielen, die ihr eine zusätzliche dramatische Dimension verleiht. Es ist eine sehr expressionistische Stadt mit wuchtigen Baukörpern und tiefschwarzen Fensterfluchten. Fast erinnert sie an das Lübeck in F. W. Murnaus Stummfilmklassiker „Nosferatu“. Das Heft ist nicht besonders gut kopiert: Schwarz ist zu Dunkelgrau, Weiß zu Hellgrau geworden. Aber auch das paßt zur Stimmung des Comics. In diesem Rahmen kann die Geschichte ja nur schlecht ausgehen. -aa
 
Classics # 3 (September 2002). 12 Seiten, s/w mit grünem Umschlag, DIN A 5. Heina Salamanda Fischer, Barmbekerstraße 74 (Souterrain), 22303 Hamburg
 
Trotz des schmalen Umfangs ist „Classics“ ein Comicmagazin. Der Herausgeber bestreitet zwar den Inhalt mit seinem Held „Alien Massaker Man“ (der Name ist Programm) fast allein, aber fremde Beiträge sind durchaus willkommen. Als Lückenfüller dienen vorerst drei Cartoons eines gewissen FF - möglicherweise noch ein Fischer, denn die Zeichenstile (beide nicht unbegabt) ähneln einander ziemlich. Dem Projekt würde ein wenig Austausch mit der Szene bestimmt guttun. -aa
 
Absolut negativ # 1. 28 Seiten, s/w mit rotem Umschlag, 10,5 mal 10 Zentimeter. Pottzblitz Entertainment Groupè, Patrick Schmitz, Helmstedter Straße 142, 38102 Braunschweig. pottzblitz@gmx.de
 
Dieses Heft, das ich erstmal als eine Art Demoversion erhalten habe und für dessen Druck Patrick Schmitz noch Geld braucht, bringt eine Variante der Geschichte, mit der dieses PLOP-Heft eingeleitet wurde. Patrick läßt hier einen Mann sich beim Wachsen in seiner Box allmählich kringeln. Das Ende ist das gleiche. Pro Seite gibt es ein Bild. Künftig sollen auch Gastzeichner Comics in diesem Format beisteuern können – unter vier Bedingungen: Kein Happy End, keine Funnies, gleiches Format und zirka 24 Seiten/Bilder oder weniger. Wie er die Hefte verbreiten will, hat Patrick nicht mitgeteilt. Interessenten sollten am besten bei ihm nachfragen. -aa
 
QI # 58 (September/Oktober 2002). 24 Seiten, s/w, DIN A 5. Edgard Guimaraes, Rua Capitao Gomes 168, Brasopolis MG 37530-000, Brasilien
 
Diesmal leider keine Zusendungen aus Portugal. Nur dieses brasilianische Magazin erreicht mich regelmäßig und zuverlässig, obwohl ich nicht im selben Turnus ein PLOP zurücksende. In diesem Heft wird auch wieder das Cover meiner vorigen Ausgabe abgebildet. Allerdings hat sich noch kein Brasilianer zu einer Bestellung hinreißen lassen. Umgekehrt kann ich das natürlich auch nicht empfehlen. Denn der Durchschnittsleser kann in QI weder den Comic im vorderen Teil noch die Rezensionen hinten verstehen. Aber der Comic wirkt interessant und ist in einem guten Independent-Stil gezeichnet, und die Besprechungen sind reichhaltig, und wo kann man schon sonst etwas über brasilianische Comicfanzines erfahren? -aa
 
Xoomic # 4. 84 Seiten, teilweise farbig, 20 mal 27 Zentimeter, 5 Euro. Frank Kemter-Verlag, Nürnberger Straße 111 A, 90762 Fürth, www.xoomic.de
 
Endlich hat das Sekundärmagazin einen angemessenen Umfang erhalten. Das Verhältnis von Rezensionen zum übrigen Heft erscheint nicht mehr ungleichgewichtig. Der Leser bekommt jetzt eine geballte Menge an Informationen, wenn er zu Xoomic greift. Herausgeber Frank Kemter berichtet im Vorwort, die Verkäufe bewegten sich im Plan. Erschreckend ist, dass nur die drei Umschlagseiten neben dem Cover als Anzeigen verkauft werden konnten. Bekanntlich musste kürzlich HIT-Comics wegen Anzeigenmangels die Segel streichen. Frank Kemter deutet an, dass sich sein Magazin nicht mehr ganz trägt, scheint aber dennoch durchhalten zu wollen. Inhaltlich hat die aktuelle Ausgabe einiges zu bieten: Art Spiegelman erläutert im Interview, warum er nach dem 11. September 2001 wieder zum Comiczeichnen zurückgekehrt ist. Carlsen-Comic-Chef Joachim Kaps erklärt, wie sich aus seiner Sicht der Comicmarkt entwickelt. In Porträts werden die Zeichner Horus („Schattenreich“), Hannes Binder („Die schwarzen Brüder“) und Hayao Miyazaki („Nausicaä“) vorgestellt. Sehr kompetent ist der Schwerpunkt über Comic-Kleinverlage geschrieben. Im Blickpunkt steht hier die aus Fanzinesicht mittlere Ebene mit Verlagen wie Salleck oder Hethke, aber auch die Freibeuter-Kooperative (Zwerchfell, Schwarzer Turm, Weissblech) ist berücksichtigt. Tendenzen und Zusammenhänge werden hier schlüssig aufbereitet. Dagegen fällt auf, daß der Newsteil Deutschland, geschrieben von Gerhard Schlegel, nur eine beliebige Aneinanderreihung von Kurzmeldungen von Barks bis Ruthe ist. Besser sieht das bei den Neuigkeiten aus USA und Frankreich/ Belgien aus. Ein Lob haben auch die Rezensionen verdient, denen anzumerken ist, daß sich die Verfasser mit den besprochenen Bänden intensiv auseinandergesetzt haben. –aa
 
Jamiri: Hypercyber. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 10 Euro. B & L bei Carlsen
 
Die „Berliner Morgenpost“ ist der Meinung, dass Jamiri „ein hell leuchtender Stern am Comic-Himmel" sei. „Vielleicht ist er zur Zeit sogar der Mond. Größer und heller als alle anderen", ergänzt die Osnabrücker Illustrierte. Dies ist wohl ein bißchen übertrieben, aber schlecht ist Jamiri beileibe nicht. Der besonders im Studentenmillieu beliebte Zeichner legt hier sein bereits fünftes Farbalbum vor, das, genau wie die Alben zuvor, strikt in Einseitengags gehalten ist. In diesen geht es ebenso konsequent fast ausschließlich um autobiographische Erlebnisse oder zumindest autobiographisch erlebte Denkanstöße, zu einem Gag vervollständigt. Beziehungen nehmen einen großen Raum ein, wobei Jamiri fest liiert ist, ebenso das Abhängen vor Computern oder in Bars. Hierbei legt Jamiri, der sich selbst als Kneipenwirt durchschlägt, deutlich von Fotovorlagen beeinflußtes Artwork vor, das je nach Zeitaufwand hyperrealistisch (als Beispiel seien hier die Cover genannt) oder ein bißchen schludrig wirkt. Oft werden auch per Rechner Zeichnungen vor einen Fotohintergrund kopiert, was wohl effektiv ist und nett aussieht, für einen Comiczeichner jedoch ein Fauxpas sein sollte. Jo84
 
Ralph Ruthe: Noch mehr Schweinskram. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum. 10 Euro. B & L bei Carlsen
 
Ralph Ruthe ist unbestritten einer der erfolgreichsten Zeichner der letzten Jahre, der schon im Alter von zwölf Jahren Comics zeichnete und so in relativ geringem Alter schon eine ungeheure Professionalität und Vielzahl an Veröffentlichungen vorweisen kann. Sein erstes eigenes Album „Schweinskram“ ist bereits fünf Jahre alt und war einer seiner größten Erfolge, an die er mit diesem Album anknüpfen will. Sicherlich wird ihm dies gelingen, obwohl Ralphi trotz aller vorhandener Qualität auch ein Blender ist, ein Seitenschinder, der sich zeichnerisch nur aufs wesentliche beschränkt und so imstande ist, eine Seite in allerkürzester Zeit runterzureißen und ein Album in Rekordzeit fertig zu haben. Leider hat man diese Alben dann auch in Rekordzeit durchgelesen, denn Ralph baut zwar manchmal kleine Gags in den Hintergrund ein, hält sich aber ansonsten weder großartig mit Hintergrundzeichnungen oder längeren Textpassagen auf. Das ist schade, denn oft wünscht sich das Auge, auch einmal auf einem schönen Hintergrund verweilen zu können, oder man vermißt eventuell eingestreute etwas anspruchsvollere oder nachdenklich machende Gags. Mit solchen Intentionen ist man hier an der falschen Adresse: Ruthe ist ein Meister des schnellen Humors, der manchmal schwarz angehaucht ist, im großen und ganzen aber eher belanglos und keinem weh tut. Hier bleibt er qualitativ unerreicht. Jo84
 
Disneys W.I.T.C.H. # 1 bis 3. Je 128 Seiten, durchgehend farbig, 14,6 cm x 20,7 cm, Softcover, 6,50 Euro. Egmont Ehapa
 
Dialog Vater – Tochter vor dem überschwemmten Badezimmer: "Wenn du davon wenigstens schrumpelige Haut bekommen würdest. Aber nein, die Dame kann den ganzen Nachmittag im Wasser weichen, als wenn nichts wäre. Irma, das Bad ist ein einziger See." - "Ich spreche nur in Anwesenheit meines Anwalts." - Türknallen - "Pffff! Das Leben mit 13 ist die Härte!" Mäkelnde Eltern, schicke Klamotten und coole Jungs sind nur ein Teil der The-men, mit denen sich die Freundinnen W. I. T. C. und H. in diesem Comic herumschlagen müssen. Allein das ist schon witzig umgesetzt, aber da kommt noch die böse Welt dazu, die von galaktischen Typen bevölkert wird, die durch gewisse Tore in unsere Welt eindringen können. Unsere Welt, das ist das Städtchen Heatherfield irgendwo in Ameuropa, man fühlt sich gleich zu Hause. Dritter Handlungsort ist ein Jen-seits, in dem kahlköpfige Mönche einfach so in der Luft sitzen und sich mit Katzenwesen darüber unterhalten, wie man denn jetzt die Tore bewachen könnte. Die fünf Mädchen sind dazu auserwählt worden und mit verschiedenen Fähigkeiten ausgestattet, die sie erst allmählich zu nutzen lernen. Die Powerkräfte betreffen Erde, Wasser, Luft, Feuer und Magie. Man hätte sich gewünscht, daß sie zu den Typen der Mädchen passen, also, daß die bodenständige Irma die Erde, die nixenhafte Cornelia das Wasser beherrscht, dem ist nicht so, Chance verpaßt. Einsteiger in die Serie müssen wissen, daß der Comic W.I.T.C.H. im Juni 2001 als Heftchenserie startete, zunächst monatlich mit einer Episode, dazu textliches Beiwerk für die Teens. Diese Hefte sind mit 17 x 26 cm deutlich größer als die hier besprochenen Sammelbände. Allerdings verschwinden die Einzelhefte Monat für Monat vom Markt, und der Neueinsteiger hat das Bedürfnis, auch den Anfang kennenzulernen. So entstanden aus den Heftchen-Episoden 1 bis 4 der Band 1 "Halloween", aus 5 bis 8 "Die andere Dimension" und aus 9 bis 12 Band 3 "Elyons Geheimnis". Die Bände sind im Format wie PLOP - mit demselben Nachteil der kleinen Schrift in manchen Sprechblasen. Auch die schö-nen Bilder auf stabilem Hochglanzpapier leiden unter der Verkleinerung. Aber das ist wohl eine Frage des Preises. An der Bindung wurde auch gespart: Klappt man das Buch weit auf, dann knackt es in der Mitte verdächtig, als würde gleich alles aus dem Leim gehen. Der Comic stammt aus der Feder von zwei Italienern und wurde von Disney Enterprises produziert. Sabine Schirmer übersetzte genial ins Deutsche. Die fünf Mädchen verkörpern verschiedene Herkunftsgebiete, man stelle sich eine Südeuropäerin, Mitteleuropäerin, Skandinavierin, Chinesin und Südamerikanerin vor. Obwohl die fünf Gören ein Team sind, kriegen sie sich öfters in die Haare, was sehr echt klingt. Gut gezeichnet sind auch die Eltern, denen man sofort ansieht, zu welchem Kind sie gehören. Die zahnlose chinesische Großmutter gleicht in den Gesichtszügen einer Löwin. Bemerkenswert auch eine dickliche Mathelehrerin, die sich in ein geschupptes Reptil verwandelt, dem man den ehemaligen Frauenkörper noch in Details ansieht – wunderbar gemacht. Wenn sich die 13jährigen Mädchen in geflügelte Elfenwesen verwandeln, nunmehr nur noch knapp bekleidet in Bustiers und Leggins, dann ploppt schon mal der Busen auf und die Girls sehen drei Jahre älter aus. Graphisch gekonnt gezeichnet sind auch die Hintergründe, schöne Blickwinkel von oben gibt es, auch flattert Laub durchs Bild, Häuser, Burgen und Landschaften sind mit Liebe zum Detail gezeichnet, und die knospende Erotik der Jungdamen sowieso. Man kann ja mal am Kiosk ein Heft erwerben. Allerdings wechseln sich in der aktuellen Produktion die Zeichner ab, so daß nicht jede Ausgabe die gleiche Qualität aufweist. -kb
 
Helge Arnold / Christopher Tauber: Interview. Popcomics. 132 Seiten, teilweise farbig, Comicbookformat, broschiert, 12,90 Euro. Ventil Verlag
 
Manchmal fällt die zugegeben etwas größenwahnsinnige Einteilung der Besprechungen in „innerhalb“ oder „außerhalb“ der Fanszene etwas schwer. Auch bei dem vorliegenden Band hatte ich Mühe. Co-Autor Christopher Tauber ist Herausgeber des hier schon mehrfach besprochenen Fanzines „Paranoid“. Der Ventil-Verlag ist aus einem Fanzine-Mailorder hervorgegangen, inzwischen hauptsächlich auf Bücher über Popmusik und Popkultur spezialisiert. Als ich kürzlich in Berlin war und das Interview-Buch in fast jeder Buchhandlung fand, war klar, daß die Rezension doch eher hierher gehört. Die Autoren beschäftigen sich mit 21 Bands wie zum Beispiel Stereo Total, The White Stripes oder Ash, die ich dem Independent-Bereich zuordnen würde, wenn diese Klassifizierung nicht ihre Berechtigung verloren hätte. Nicht immer handelt es sich wirklich um Interviews. Teilweise wird die Bandgeschichte erzählt, manchmal werden Liedtexte illustriert. Bei einigen Bands wird die schwierige Kontaktaufnahme thematisiert. Bei Lisa Germano blieb es gar bei einem e-Mail-Kontakt, bei dem sie aber letztlich nur die Erlaubnis erteilte, einen Songtext von ihr zu illustrieren. In sechs Fällen kam überhaupt kein Interview zustande. Allen Beiträgen ist die Sympathie für die jeweilige Band deutlich anzumerken, wobei die beiden Autoren trotzdem meist ironische, mitunter sogar selbstironische Distanz wahren. Wer sich in der Musikszene jenseits von Madonna oder Eminem nicht so gut auskennt, dem wird jeweils mit einer Discographie und einigen Bandangaben auf die Sprünge geholfen. –aa
 
Alltagsspionage. Comicreportagen aus Berlin. 132 Seiten, s/w mit Zusatzfarbe Rot auf dem Umschlag, Comicbookformat, broschiert. Monogatari, Danzigerstraße 19, 10435 Berlin
 
Weniger verbreitet als das Comic-Interview ist die Comic-Reportage. Deswegen möchte ich mich mit diesem Band einmal etwas näher auseinandersetzen, obwohl ich ihn antiquarisch in Berlin gekauft habe. Ulli Lust gibt mit seiner Schilderung eines Berliner Einkaufszentrums gleich zu Beginn ein gutes Beispiel für eine gelungene Reportage. Er beobachtet genau in der Konsummaschine, stößt dabei auf das Offensichtliche (Werbung, Einkäufer in unterschiedlichen Situationen), beobachtet aber auch Dinge, auf die man sonst kaum achtet, zum Beispiel einsame Gäste in den Kneipen des Einkaufszentrums. Mawil am Ende des Bandes, der von den Tücken der Wohnungssuche in Berlin berichtet, verarbeitet seine Erlebnisse dagegen satirisch und nimmt sich als Stammgast im Hotel Mama kräftig selbst auf die Schippe. Es wird klar: Die Comic-Reportage fehlt als Genre deshalb, weil Comics häufig ohnehin Reportagen sind. Immer wenn Comiczeichner die Welt, wie sie ist oder wie sie sie sehen, in ihre Werke einfließen lassen, könnte man sie auch als Reportagen klassifizieren. Wobei der Comicreportage vielfältige Stilmittel zur Verfügung stehen. Kai Pfeiffer zeigt Berliner Gegenden überwiegend durch Bilder. Tim Dinter beschreibt eine Nacht in verschiedenen Discos und Kneipen, Jens Harder in einem Restaurant. Beide setzten dabei, ähnlich wie Ulli Lust, ihr Bild aus vielen kleinen genauen Beobachtungen und charakteristischen Szenen zusammen. Kathi Käppel bringt die Tretmühle Neue Medien vor allem durch ihre technokratischen Zeichnungen zum Ausdruck. Statt unter dem Label "Comicreportagen" zu laufen, könnte die Anthologie auch einfach ein Themen-Band (Thema Berlin) sein. Sollte der Begriff "Comicreportagen" dabei helfen, daß Comics allgemein mehr ernst genommen würden, hätte ich aber dagegen nichts einzuwenden. -aa
 
Comic Jahrbuch 2003. 144 Seiten, teilweise farbig, DIN A 4, broschiert, 15,25 Euro. ICOM, im Vertrieb des imMEDIAtely Medienversand, Werther
 
Das dritte vom ICOM verantwortete Jahrbuch ist endlich in dem Jahr angekommen, in dem es hauptsächlich verkauft wird. Man hat deshalb das Jahr 2002 ausgelassen, obwohl das Werk seit 2000/2001 jetzt durchgängig beim ICOM erscheint. Hoffentlich bleibt diese Publikation noch lange bei diesem Verband, denn in diesem Jahr läßt sich an dem Band so richtig schön ablesen, was ein Comicverband mit ungefähr 300 Mitgliedern, davon etlichen, die von Comics doch einiges verstehen, damit stemmen kann. Ich kann hier nur ein paar Highlights herausgreifen. Zum Beispiel beleuchtet Martin Frenzel den Erlanger Comicsalon außerordentlich gründlich. Er interviewt dazu unter anderem Erlangens Oberbürgermeister, seinen Kulturreferenten und Kulturamtsleiter und den designierten Nachfolger von Festivalchef Karl Manfred Fischer. Heiner Lünstedt führt ein instruktives Gespräch mit dem Münchner Chef des Comicart-Magazins „Strapazin“, Herbert Meiler. Achim Schnurrer berichtet zwar ebenso parteiisch vom Ende des Alpha Verlags wie Ralf Palandt vom Projekt „Comicstadt München e. V.“, aber interessant sind diese Beiträge allemal. Auch ziemlich theoretische Texte über die spezifischen Ausdrucksmittel einer Zeichnung oder gar über „Stein und Fleisch“ im Comic haben in einem dicken Band wie diesem ihre Berechtigung – zur Not kann man sie ja überblättern. Es gibt auch richtige Durchhänger wie Burkhard Ihmes „Interview“ mit zwölf Comiczeichnerinnen – in Wirklichkeit hat er den Frauen parallel teilweise hirnrissige Fragen wie „Welche Rolle spielt das Geschlecht des Protagonisten für die Rezeption eines Comics?“ vorgelegt, und die sind darauf natürlich nicht immer eingestiegen. Gut und solide sind wie immer die Marktberichte, unter denen allerdings aus unerfindlichen Gründen ein Übersichtsartikel über Deutschland fehlt (stattdessen ein Interview mit Georg F. W. Tempel und eine Betrachtung über den Comicvertrieb). Die ausführlichen Interviews mit allen Gewinnern des ICOM Independent Comic Preises (34 Seiten) finde ich zwar nach wie vor gewöhnungsbedürftig, doch andererseits ist das nur ein unzureichender Ausgleich für die ärgerlich geringe Beachtung, die dieser Preisverleihung beim Comicsalon geschenkt wird. Ohne hier auf alle Beiträge eingegangen zu sein, möchte ich festhalten: Diesen Band sollte jeder Comicfan gelesen haben. –aa