(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 58
Besprechungen





Fanzines von einzelnen Autoren



Rainer Baldermann - Da ist alles drin. 32 Seiten, s/w, DIN A 4, 5 Mark. Mampi Verlag,
Rainer Baldermann, Grindelallee 24, 20246 Hamburg In Ermangelung vernünftiger Veröffentlichungsmöglichkeiten sammelt Rainer in letzter Zeit öfter mal selber seine Cartoons zu einem Bändchen, das Baldermann-Cartoons am Stück bietet. 22 davon enthält dieses Heft, einige gut, andere waren schon mal besser. Das A 4-Format hätte nicht unbedingt sein müssen, denn Rainers grobe Grafik wirkt verkleinert am besten. Auf Erstkontaktler wirkt das Heft wie in fünf Minuten gezeichnet und in zwei Minuten durchgelesen. Ich empfehle Rainer, mehr Material zu sammeln und dieses dann gebündelter zu präsentieren, denn "Da ist alles drin" ist für seinen Preis einfach zu dünn. Jo84



Maikel Das - Systemabsturz. 26 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 4.
Maikel Das, Amandastraße 83 B, 20357 Hamburg Maikel Das nutzte die Gunst der Stunde (beziehungs-weise der Hamburger Underground-Messe "Heftich" im April), mehrere seiner größtenteils unveröffentlichten Kurzgeschichten zu einem Heft zusammenzufassen. Der SF-Spezialist zeigt mit "Systemabsturz" schon, in welche Richtung das Heft zielt: Der kritische Blick auf bestimmte Bereiche des Lebens könnte ihm auch als negative Weltsicht ausgelegt werden. Mich jedenfalls haben die einzelnen Kurzgeschichten recht nachdenklich gemacht. Ich finde das Heft durchweg gelungen und empfehlenswert. Leider sind die einzelnen Heftseiten nur Computerausdrucke, die beim Lesen doch ziemlich auf die Augen gehen. Guter Kopierdruck soll-te es bei einem Werk mit textlich nicht gerade geringem Niveau schon sein. Jo84



Steffi Dietz - Paranoid # 3. 48 Seiten, s/w mit Farbcover, 19 mal 28 Zentimeter.
Steffi Dietz, Vorbergstraße 1, 10823 Berlin oder Christopher Tauber, Ulmenstraße 20, 63571 Gelnhausen
Das Paranoid-Duo hat sich gespalten; Steffi Dietz praktiziert nun in Berlin (wenn ich das richtig mitgekriegt habe). Trotzdem wird das Projekt weitergeführt. Neben eigenen Comics und Fotocollagen veröffentlichen die beiden Herausgeber in der aktuellen Ausgabe auch etliche im Mittelteil "Phosphat" zusammengefaßte Texte, teils von Gastautoren (den Beitrag von Jens Röschlein konnte ich nicht entdecken, aber vielleicht bin ich auch schon ein bißchen paranoid). Insgesamt hat mir die Ausgabe wieder besser gefallen als Band 2. Zum Internet-Auftritt merkte Christopher Tauber in einem Brief Anfang Mai im übrigen an: "Allerdings wird es noch ein bißchen dauern, bis die Seite so gestaltet ist, wie wir es gedacht haben. Also immer mal wieder reinschnuppern." Viel war kurz vor Redaktionsschluß noch nicht zu sehen, aber es gibt immerhin auch eine e-Mail-Adresse:      webmaster@paranoid-comics.de . aa



Mawil - Super Lumpi # 2. 32 Seiten, s/w, DIN A 5, 5 Mark.
Markus Witzel, Torstraße 190, 10115 Berlin
Super Lumpi # 1 war vor ein paar Jahren eins meiner Lieblingsfanzines, das die Realität von Mawils alter ego so darstellt, wie sie ist: normal. Auch hier kommt Super Lumpi bei den Problemen auf den Punkt: "Bin ich vielleicht nur ein normaler unselbständiger Jugendlicher, der zuhause rumsitzt und sich ab und zu erwerbslos meldet, damit seine Eltern wenigstens noch Kindergeld für ihn kriegen?" Die normale Realität, gesehen mit viel Humor, das ist Super Lumpi, und das ist empfehlenswert. Jo84



Ulf Salzmann - El Egoiste 1995 bis 1999. 16 bis 32 Seiten, s/w, DIN A 5.
Ulf Salzmann, Torweg 2, 99423 Weimar
Die fünf Bände sind unterschiedlich umfangreich, aber immer gleich ausgestattet. Die Titelfigur, ein kleiner glatzköpfiger Mann mit offenbar beschränktem Erfolg bei Frauen und recht sarkastischer Lebenseinstellung (bedingt das eine das andere?), ist in einer Reihe von Onepagern zu sehen, die dem Inhalt nach tiefgründig bis banal sind. (Kostprobe: "El Egoiste erklärt was Kolitik und Punst ist:" Da steht er mit erhobenem Zeigefinger und sagt: "Spannend!") Gezeichnet sind sie in einem ordentlichen Karikaturstil. Insgesamt ist das eine lange durchgehaltene Serie, wobei nicht sicher ist, ob die Sammlung wirklich innerhalb von fünf Jahren zustandegekommen ist. Veröffentlicht wurden die ersten drei Bände erst 1998. Ulf Salzmann ist im übrigen Mitarbeiter bei dem hier schon mehrfach gewürdigten Magazin "Nichts für ungut" von Benjamin Brandt. aa



Ulf Salzmann - Die Sache mit den roten Schuhen. 16 Seiten, farbig, DIN A 5,
Ulf Salzmann, Torweg 2, 99423 Weimar
Hier hat sich Ulf Salzmann an einer durchgehenden Geschichte versucht, bei der er allerdings auch mit einem Bild pro Seite auskommt. In der reichlich verschlüsselten Story geht es um einen jungen Mann, dem der innere Schweinehund zum Hosenbein herausschaut. Auch er macht schlechte Erfahrungen mit einer Frau, worauf er noch ein bißchen seltsamer wird. Vom Ende her gesehen ist das alles aber wohl nicht so wichtig gewesen. Ihr merkt, ich kann mich in dieser Anekdote nicht unbedingt wiederfinden. Ausdrücklich bemängeln möchte ich an dem Heft aber nur, daß beidseitiger Computer-Farbdruck den Nachteil hat, daß er sich auf der Rückseite jeweils durchdrückt. aa



Sebastian Stehr - Die Natur und ihre heiligen Kreise (Februar 2000). 36 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 4.
RAS Karton-Geschichten, Postfach 170454, 60078 Frankfurt/Main
Der Titel legt gleich den Verdacht nahe: Hier werden die großen Weltprobleme verhandelt - Krieg, soziale Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung, die Schlechtigkeit des Menschen, der Sinn des Ganzen. Das ist eine Anspruchsebene, an die sich nur die besten Köpfe heranwagen können und doch am Ende über die sokratische Einsicht nicht hinauskommen: "Ich weiß, daß ich nichts weiß." Sebastian Stehr hat aber zumindest insoweit meinen Respekt, als er sich weitgehend auf seine Gefühle, seine Sichtweise zu beschränken versucht. Als Perspektive bietet er vage pantheistische Vorstellungen an: "Allmächtige Kraft - ist sie da / allmächtige Kraft, offensichtlich sie ist wahr." An diesem Zitat bemerkt man zugleich eine Besonderheit dieses Werks: Stehr hat seinen Rundumschlag gänzlich in eine munter rappende Reimform gegossen, wo-rin er selbst seine Stärke sieht: "Reimen scheint mir gar gelegen / denn ich muß nicht zu stark streben / um sie zu finden und zu entzücken /aufzustellen und rauszudrücken..." Nun ja, ich würde sagen, etwas Streben würde schon nicht schaden. Mir gefällt seine Grafik besser, offenbar eine Mischtechnik aus Tusche und Bleistift, in der er recht ansprechende Illustrationen zustandebringt. Es gelingt ihm vor allem häufig, seine schwierige Thematik in treffende Bilder umzusetzen. Stehr sucht jetzt nach einem professionellen Verleger für den Band. Ich würde ihm eher empfehlen, weiterzuzeichnen und sich vielleicht einem einfacheren Sujet zuzuwenden. aa



Levin Kurio / Roman Turowski - Kampf der Titanen. 30 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comic-bookformat, 5 Mark.
Weißblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn
Die Koma Comix gehören zu den erfolgreichsten Fanzines des Landes und sollten mittlerweile jedem PLOP-Leser ein Begriff sein. Schon seit einiger Zeit arbeitet Herausgeber Levin Kurio immer mal wieder mit dem Berliner Underground-Zeichner Roman Turowski zusammen. Auch diese auf drei Teile angelegte Heftserie wurde von Levin Kurio vorgezeichnet und von Roman Turowski getuscht. Die Idee der Reihe ist, klassische Weißblech-Comics-Helden aufeinandertreffen zu lassen. So geht es in Heft 1 um das Zusammentreffen von Sönke Penner alias der Geifernde Grapsch (erster Auftritt immerhin schon 1995 in "Sex and Crime" # 1) und Alky Halky, der "Eisenleber von Alcoholic" (erster Auftritt in Koma Comix # 2, 1993). Die Nacherzählung der Story spare ich mir hier. Sie ist natürlich purer Trash, denn Levin Kurios Comics wollen keinerlei künstlerischen oder sonst irgendwelchen Ansprüchen genügen, sondern werden aus purer Freude an Action, Klischees und martialischem Gewäsch erschaffen. Und das bringt dem Leser eine Menge Spaß. Jo84



Henning Way - Fauntain. 56 Seiten, s/w mit violettem Cover, DIN A 4, 3 Mark.
Henning Way & Wiesenmüller,
In diesen Band hat Henning Way alles hineingelegt, was ihm lieb und teuer ist. Es ist ein Vermächtnis, denn er will künftig "der Kunst entsagen". Er raunt dunkel von "Untiefen der Comickatakomben", aber was ihn an der Entwicklung der Comicszene (welcher?) enttäuscht, teilt er nicht mit, auch nicht, ob diese Enttäuschung für seinen Rückzug verantwortlich ist oder etwas anderes. Jedenfalls wird in dieser Ausgabe ganz deutlich, was ihm wichtig ist: Esoterik ist eine Geheimlehre, die außerhalb der wissenschaftlichen Nachprüfbarkeit steht oder sie übersteigt. Ob es Faune oder Centauren gibt oder gegeben hat, darüber läßt sich genauso angeregt spekulieren wie zum Beispiel über Ufos. Bei jemandem, der ernsthaft an so was glaubt, wäre ich vorsichtig, denn wenn man einwendet, daß es für solche Phänomene keine Belege gibt, dann kann der Faun-Fan nur noch auf abenteuerliche Verschwörungstheorien ausweichen oder behaupten, daß sich eine solche Welt eben nur besonders begabten Menschen erschließt. Vielleicht frönt Henning Way nur einem fröhlichen Eskapismus, und unter diesem Vorzeichen lese ich die versammelten Beiträge auch recht gern. Aber der Autor will wohl schon mehr. aa






Wittek - Bizarr Bazar # 2. Inferno Karneval (Teil 1 von 2). 28 Seiten, Comicbookformat, 7,80 Mark. Zwerchfell Verlag.
Genau ein Jahr nach der Debutnummer legt der Ham-burger Zeichner Wittek Ausgabe zwei seiner Reihe "Bizarr Bazar" im Zwerchfell Verlag vor. Heft zwei unterscheidet sich in Format, Aufmachung und Inhalt be-trächtlich von Nummer 1. Enthielt diese im DIN A 4-Format mehrere völlig unterschiedlich gezeichnete Kurzgeschichten, so erzählt Band zwei nur eine einzige Geschichte, die sogar noch in Heft drei (erscheint im Juli) fortgesetzt werden soll. Wittek schildert hier im Funnystil ein Erlebnis mit seinen Freunden Frank und Rainer, das sich im Juli 1991 angeblich genau so zugetragen hat. Die drei fahren nach Düsseldorf, um hier Karneval nachzufeiern, der aus Wettergründen in diesem Jahr entfiel. Natürlich sind die drei schon hacke, bevor es überhaupt richtig losgeht. Handlung und Zeichnungen des Heftes sind "klein, aber fein" und nicht so spektakulär wie von Wittek gewohnt. Auffällig aber sein Mut zur Häßlichkeit. Jede seiner Figuren ist mit Pickeln übersät. Genauso unkommerziell wie die Darstellung der Charaktere ist die Colorierung, die in der Schwarz-weiß-Publikation jeden nur erdenklichen Grauton integriert. Textlich zelebriert "BizBaz" # 2 reinen Underground, wie ihn sonst nur Crumb oder Koma Comix zustande bringen. Jo84



Wittek - Inc. presents: The Return of Heftich! Three Days of Peace and Comic-heftchen. 24 Seiten, DIN A 5, gegen Porto.
Wittek, Schulweg 29, 20259 Hamburg
Vom 7. bis 9. April fand die Comic-Un-derground-Messe "Heftich!" zum zweiten Mal in Hamburg statt, diesmal in den zugigen Räumen der Admiralitätsstraße 74 (Westwerk). Es war eine schöne Messe, schlecht besucht, aber Herausgeber waren so gut wie alle da, die Rang und Namen haben. Diese Pressemitteilung, die es in drei verschiedenen Umschlagfarben gibt, wurde vor der Messe quasi als Werbung verteilt. Ich weiß nicht, ob es noch welche gibt, aber ich könnte mir vorstellen, daß die Inc. noch welche als Referenzmaterial hat. Das Heftchen enthält schöne Scribbles und Zeichnungen von Mitgliedern der Inc., darunter Leute wie Isabel Kreitz, Oliver Ferreira, Wittek, Eckart Breitschuh, Markus Huber, Sperzel, Teer, Bernd Stein und andere. Schönes Heftle! Jo84




Fanzine Antologien


cOMIc # 41 und 42. Je 28 Seiten, s/w, DIN A 5, im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines.
Gerd Bonau, Gabelsberger Straße 14, 24148 Kiel
In # 42 präsentiert Gerd Bonau wieder mal einige neue Leute, nämlich Jan P. Werner, R. Castenholz und Moritz Stetter, der bei mir leider erst jetzt zum Zuge kommen kann. Letzterer erweist sich als Funny-Talent, von den beiden Erstgenannten bekommt der Leser nur je eine Seite zu sehen. Gerd unternimmt den Versuch, dem Ink-Rückgrat in früher Marvel-Zeit, Chic Stone, mit einem kleinen Artikel gerecht zu werden, informiert ein bißchen über den dänischen Comicmarkt und opfert eine Seite für einen halbherzigen Kurzartikel, der weder über die ZACK-Serie "Tunga" noch über das neue ZACK Nennenswertes aussagt. aa



Kreativo # 30 (März 2000). 32 Seiten, s/w, DIN A 5, 3 Mark.
Kreativo Projekt, Birke, Postfach 2022, 58470 Lüdenscheid
Das Jubiläum liegt zwar schon etwas zurück, aber Andreas Fecke hat so schön zu 30 Ausgaben Kreativo gratuliert, daß ich doch noch drauf zurückkommen will. Sein Held Moe legt einen Sta-pel Blätter auf einen Stein, beschwert ihn mit einem zweiten Stein, klampft in lauschiger Nacht ein wehmütiges Liebeslied (vermute ich jedenfalls mal, hören kann man in einem Comic ja nichts), und dabei wird aus dem Stapel ein Kreativo. So ähnlich muß es wohl zugehen, wenn Birke eine neue Ausgabe zusammenstellt. In den neuen Ausgaben sind plötzlich unverhält-nismäßig viele Gedichte drin, was einfach damit zusammenhängt, daß Birke mit dem Lyrik-Fanzine "Ma-skenball" Kontakt aufgenommen hat (siehe auch weiter unten). Das Konzept von Kreativo verträgt das aber locker. Hervorzuheben in # 30 wären der Fragebogen an Anja & Joy, zwei bedeutende Außenseiter der Szene, der durch eine Comicografie vervollständigt wird, in # 31 die umfangreichen Beiträge von Cat, beziehungsweise Bat - ziemlich eigenständig, ziemlich komisch. Zum Stammpersonal zählen die auch aus PLOP bekannten Olaf Bathke, Oliver Ferreira, Jo84 und eben Anja & Joy. aa



Maskenball # 10 (Februar 2000). 56 Seiten, s/w, DIN A 5, 6,50 Mark.
Martina Faber und Jens Neuling, Postfach 1261, 63514 Rodenbach.      maskenball@freenet.de
Jetzt hat mich der Maskenball, das umtriebige hessische Lyrik-Fanzine, also auch erreicht. Ein ansprechendes Heft, in dem sich neben Gedichten auch einige Prosatexte finden. Die Herausgeber bemühen sich, jeden Autor ein bißchen vorzustellen, aber jeder ist zumindest mit Name und Adresse über seinem Werk verzeichnet. Auf eine inhaltliche Bewertung möchte ich mich nicht einlassen, denn ich bin kein Lyrikkenner. Aber ich habe den Eindruck, daß hier ein PLOP ähnliches Prinzip verfolgt wird: Jeder Einsender wird veröffentlicht, auch wenn das Niveau der Beiträge damit etwas uneben wird. Aber so entsteht kein elitärer Zirkel, sondern das Magazin funktioniert als Forum und Kontaktbörse. Letzteres ist an den Kleinanzeigen abzulesen, wo sich etwa folgende Notizen finden: "Wir befreien die Sprache vom Packeis der Bedeutung. Berauschen Sie sich an Anagrammen, Dickhäutern, Präsidentenreden, Weltherrschaftsplänen, Seegurken, dem schiefen Wurm von Pisa und vielen Einzig-Arten." Oder "Literaturarchiv im Aufbau" oder "Ich zolle Dir meinen Respekt für Deinen Mut, daß Du dieses Buch geschrieben hast." aa






Menschenblut # 35. 40 Seiten (inclusive Magazin), s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 6,80 Mark.
Eisenfresser Comix, Postfach 1141, 36094 Petersberg
In ihren besten Momenten gehen die Menschenblut-Macher lakonisch bis selbstironisch mit dem Schrecken um, den sie verbreiten. Ist der Horror ernst gemeint, dann ist die Grenze zu unfreiwilliger Komik schnell überschritten. Aber es gibt doch auch eine tra-gische Ader in Deutschlands einzigem Gruselmagazin, das seinen Namen verdient. Ist ja klar: Wer würde sich schon immer wieder mit Bosheit, Rachsucht und Sadismus auseinandersetzen, der nicht irgendwie an der Schlechtigkeit der Welt zumindest ein bißchen leiden würde. Diese tragische Ader tritt in dieser Ausgabe deutlich hervor, sowohl in der kurzen Story "Klassenbeste" von Robi und Stefan Atzenhofer, die schon mal in "Strapazin" abgedruckt war, als auch in dem längeren Epos "Der Ring des Meisters" von Geier. Beiden Beiträgen ist gemeinsam, daß es reichlich ungerecht zugeht und kein Weg aus der Tragödie herausführt. Robi und Atze erzählen von einem Lehrer, der sich leichtsinnig auf eine nymphenhafte Schülerin einläßt. Und es ist nicht mal Liebe, sondern sie will ihn mit ihrem sex appeal unter ihre Kontrolle bringen. Sie besteht die Reifeprüfung freilich nicht und sinkt erblassend ins Gras, aber er kommt mit seinem verzweifelten Mord auch nicht davon. "Der Ring des Meisters" handelt von der Jugend des Menschenblut-Le-sern wohlbekannten Doktor Dipperz. Der kam uns bis-her eher als verschrobene bis verkrachte Existenz vor, fast eine Juxfigur. Aber Geier zeigt hier, daß schreckliche Kindheitserlebnisse den guten Doktor zu dem gemacht haben, was in früheren Ausgaben schon zu sehen war. In der Lehre bei einem paläo-medizinischen Quacksalber, muß er erleben, daß der seinen leiblichen Sohn ihm vorzieht. Eine zutiefst traurige Lehrzeit, die nur mit Mord aus Eifersucht enden kann. Vorzüglich gezeichnet sind die beiden Werke allemal, aber sie balancieren auch meist erfolgreich am hohlen Pathos entlang, so daß die weitgehende Abwesenheit von Ironie hier ausnahmsweise akzeptiert werden kann. aa



Napartheid # 28. 48 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A 4, 300 Peseten.
Martzelo Zelaieta karrika, 75, AA1 aretoa, 31.014 Irunea, Spain
Nach wie vor sehr schönes Magazin, leider auf Baskisch. "Baskenland" darf bei der Adresse offenbar nicht angegeben werden. aa





P.L.G. # 35 (Herbst 1999). 84 Seiten, teilweise farbig, DIN A 4.
Philippe Morin, BP 94, 92123 Montrouge Cedex, France
Die neueste Ausgabe dieses höchst professionellen Fanzines beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Zeichner Martin Veyron, noch ein Franzose, der mächtig erotische Frauen zeichnen kann. In einem zweiten Artikel wird der Karikaturist Blutch vorgestellt. Ansonsten gibt es wieder eine Menge Rezensionen, auch aus den europäischen Nachbarländern, und etliche Comics mit Profistandard. Den von Sandrine Lemoult kann ich als nicht frankophoner Leser sogar verstehen, da er fast ohne Worte auskommt: Eine Frau tollt übermütig auf einer Wiese umher und spielt mit einem winzigen Mann, der das sichtlich weniger genießt als sie. Beim Lesen kommt einem ein Verdacht, und schließlich bestätigt er sich auch: Es ist eigentlich das verfremdete Spiel einer Katze mit einer Maus. Beachtliches Kabinettstückchen. aa



Sagittarius # 31. 60 Seiten, s/w, DIN A 5, 3 Mark.
Klaus N. Frick, Hirschstraße 29, 76133 Karlsruhe
Hier gibt's wieder eine Menge (nicht nur für Szene-Mitglieder) interessante Informationen aus dem Bereich der Science Fiction. Zum Beispiel: Wie sich der Gedanke einer hohlen Welt (die dann meist eine ganz andere Welt birgt) in der Literatur verbreitet hat; welchen Erfolg die Science Fiction mit Zukunftsprognosen hat; wie die DDR-Fanszene ausgesehen hat; wie und unter welchen Bedingungen ein Übersetzer in Deutschland arbeitet. Die Autoren blicken auch in unangenehme Ecken der Szene: Neonazis, die sich unter Ufo-Gläubigen tummeln; Sekten, die sich Versatzstücken einer germanischen oder keltischen Kultur bedienen. Im Gegensatz zu Allgemein-Journalisten wissen die Sagittarius-Mitarbeiter in der Regel genau, wovon sie reden. Vervollständigt wird der Band durch Rezensionen, Leserbriefe, Kurzgeschichten und einen Comic von Manfred Lafrentz. Nicht nur für Science Fiction-Fans empfehlenswert. aa






Strange Tales of the Unusual # 1 und 2 (März 1999, März 2000). 48, bzw. 40 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 5, 2 Can. Dollar.
Joe Gravel, 11 Melody Road, North York, ON M9M 1C8, Canada
Ein recht ansehnliches Fanzine-Projekt aus Ontario in Kanada. Herausgeber Joe Gravel hat vorher schon ein Fanzine namens NOOSH ("National Organization of Super Heroes") herausgegeben und macht jetzt mit der Serie "Ankhst" weiter. Der erste Band wird mit ver-schiedenen kürzeren Episoden und "Pin-ups" (können auch etwas anderes als nackte Frauen zeigen) von Jay Silver, Anthony Gray, Paul Young, Jean Guy Brin, Adam Owen, Terry Flippo und Jeff Oleson aufgefüllt. Der zweite Band enthält stattdessen eine Folge der schon mal im eigenen Magazin abgedruckten Serie "Raven" ("The World's Wickedest Woman") von L. P. Guidry. Fast alle Comics sind in einem eleganten, nahezu professionellen Stil gezeichnet. Gemeinsam ist allen Beiträgen auch, daß man mühelos die Vorbilder erkennen kann, denen die Leute nacheifern (Superhelden, Mangas, Comics aus dem Golden Age). Auch inhaltlich bewegen sie sich nahe am jeweiligen Vorbild und versuchen nur durch Persiflage, ein wenig Distanz zu schaffen. Man merkt, daß die US-Comics einen beherrschenden Einfluß ausüben und einen Nachwuchszeichner wenig dazu anregen, seinen eigenen Ausdruck zu finden. aa






Sunburn # 12 (Herbst 1999). 40 Seiten, s/w, 21,5 mal 28 Zentimeter, 3 Can. Dollar.
Karl Thomsen, P. O. Box 2061, Winnipeg, Manitoba, R3C 3R4, Canada
Sunburn scheint mir das kanadische Strapazin zu sein. Hier wird man beim Lesen nicht permanent an kommerzielle Comics erinnert. Aber es wird doch stets - und meist humorvoll - etwas erzählt; die Grafik ist sauber und gefällig. "Häßliche" Kunst hat es in der angelsächsischen Kultur schwer. Diese Ausgabe versammelt 23 kurze Beiträge. Die 16 Mitwirkenden kommen überwiegend aus Kanada und USA, aber auch aus Australien, Belgien, den Niede rlanden, Jugoslawien und Mazedonien. Herausgeber Karl Thomsen tritt selbst nicht in Erscheinung, hat aber das stilistisch und inhaltlich recht unterschiedliche Material kunstvoll zu einer stimmigen Anthologie komponiert. Ein großes Lesevergnügen. Beigelegt ist wieder der Zinehead mit vielen internationalen Fanzinebesprechungen. Sunburn hat wie PLOP nur 150 Exemplare Auflage, erscheint ebenfalls dreimal jährlich und kann für zehn Dollar abonniert werden. aa






tremor comics # 9, 10 und 11 (Januar, März und Mai 2000). Je 44 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 4,80 Mark.
tremor comics, C. Schadow, Triftstraße 5, 06114 Halle/Saale
Der Kreuz und Quer Verlag war im vergangenen halben Jahr ganz schön aktiv. Jetzt soll eine Pause bis August eingelegt werden. In der neuesten Ausgabe wurden wenigstens mal ein paar Leserbriefe gedruckt, ansonsten erfährt man über das Projekt nach wie vor nicht viel. Leserbriefe gehen offenbar kaum ein, aber die Redaktion hält sich ebenfalls mit Selbstauskünften zurück. Da kann man nur die Feststellung wiederholen, daß die abgedruckten Comics von überwiegend hohem grafischem Niveau, aber inhaltlich oft eher unzugänglich oder belanglos sind. Die Redaktion sieht das wohl selbst ähnlich und bemüht sich nach eigenen Angaben zur Zeit um "einige richtig gute Szenaristen". In der Jubiläumsnummer 10 behalf man sich mit der Umsetzung von Songtexten zum Beispiel von Boxhamsters, Fünf Sterne, Das Auge Gottes oder But Alive. Abgesehen davon werden die Hefte nach wie vor höchst aufwendig gedruckt, professionell über Mo-dern Graphics und Karicartoon vertrieben, sind also in der Regel in Comicläden zu finden, und die Macher können offenbar auch noch einige Zeit so weitermachen. Man muß die Sache weiterverfolgen. aa




Profi Comics von einzelnen Autoren






Baru: Autoroute du Soleil. 430 Seiten, s/w mit Graustufen und Zweifarbumschlag, Comicbook-format, 49.80 Mark. Edition Moderne
Dieses Buch zeichnete Baru ursprünglich für den japanischen Markt. Ich habe mich schon länger darauf gefreut, denn die Werke von Baru sind immer spitze. Gemäß den Gesetzen des japanischen Marktes liegt allerdings diesmal der Schwerpunkt auf den Zeichnungen, und nur wenig geschriebener Text kommt vor. Edition Moderne veröffentlicht diesen Band innerhalb ihrer künstlich geschaffenen Reihe "Europäische Mangas", die allerdings weder Namen noch Numerierung aufweist, sondern nur durch Aufmachung und Layout als lose Reihe ersichtlich ist. "Manga" ist dabei vielleicht fast die falsche Assoziation, denn Druck und Papierqualität sind 1 A und haben nichts mit dem Klopapierverschnitt gemein, auf dem viele Mangareihen gedruckt sind. Textlich bleibt bei Baru alles beim alten Spezialgebiet, über das er schon mehrere Alben veröffentlicht hat. In diesem Buch müssen Karim Kemal, ein Franzose nordafrikanischer Abstammung, und der Italofranzose Alexandre Barbiéri vor Typen fliehen, die ihnen ans Leder wollen. Aus diesem Roadmovie, der zwischen Nancy und Marseille spielt, macht Baru eine Reise tief ins Herz des heutigen Frankreich: Rassismus, Drogenhändler, explosive Vorstädte, verbitterte Alt-68er... Das Schweizer Magazin "Facts" kürte das Werk zum besten Comic der 90er Jahre. Das ist vielleicht übertrieben, aber sehr gut ist das Werk schon. Und sehr teuer, aber sein Geld eindeutig wert. Jo84






Daniel Bosshart: Geteilter Traum. 70 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, DIN A 4-Überformat, 35 Mark. Edition Moderne
"Ich mißtraue der Kunst der Worte, die den Menschen verführt zu reden, wenn er nichts denkt." Dieses Zitat von Thomas Hobbes aus dem Jahre 1650 ist dem Comic vorangestellt, denn Daniel Bosshart hat sich entschieden, einen Comic ohne Worte vorzulegen. Er schildert, wie zwei Jungen von einem Mann großgezogen werden. Wie mögen die beiden Jungen heißen? Ist der Mann, der zwischen ihnen auf der Bank sitzt, Vater, Onkel, Vormund oder gar ein viel älterer Bruder? Sind die Knaben überhaupt Brüder? Freunde? Oder unter die gleiche Obhut geratene Waisen? Hier bleibt alles offen, alles der Phantasie der Leser überlassen. Das stark Dokumentarische läßt wie selbstverständlich auf Autobiografisches schließen, aber der Architekt Bosshart ist Einzelkind, hat keinen Bruder. Trotzdem ist dieses Buch seinen Eltern gewidmet. Daniel Bosshart, 1971 in Zürich geboren, will hier eine Geschichte schaffen, deren Erzählfluß nicht durch Worte unterbrochen oder verfälscht wird. Auf 70 Seiten das heranwachsen zweier Jungen ohne Worte zu beobachten, ist andererseits zumindest für mich ziemlich anstrengend. Zu viele Szenen versteht man nicht oder kann ihre Bedeutung nicht einordnen, was den Leser dann eher nervt. Vielleicht erschließt sich dem Leser ein größerer Teil des Buchs, wenn er sich intensiver damit beschäftigt. Die Frage ist, ob man dazu Lust hat. Das Buch ist zwar in schönen Farben gehalten, und die Hintergründe sind gelungen, die Menschen wirken jedoch eher steif. Die beiden Jungen sehen sich zum verwechseln ähnlich, was Lesefluß und Verständnis der Story eher erschwert. Ich fürchte, das Stilmittel Sprachlosigkeit muß eher als ungeschickt bewertet werden. Jo84





Dufaux / Marini: Strapaces # 1. 56 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, über DIN A 4-Format, 26,80 Mark. Splitter
Die New Yorker Polizei steht vor einem Rätsel: Bereits drei Leichen hinterließ der Serienmörder blut-entleert. Gemeinsam hatten sie alle eine merkwürdige Zyste hinter dem Ohr, die mit einer Nadel zerstochen wurde. Die Kommissarin Lenore merkt schnell, daß es sich nicht nur um einen Serienkiller handelt, sondern um eine große Sache, bei der unter anderem Vorgesetzte von ihr die Finger im Spiel haben. Ein geheimnisvolles Geschwisterpaar tötet scheinbar wahllos Menschen mit der Prophezeiung: "Eure Herrschaft geht zuende!" Was hat es mit diesen Toten auf sich, und wird Lenore den Geschwistern auf die Spur kommen? Band 1 der Serie gibt wenig Antworten, sondern wirft, ein sehr geschickter Schachzug, erst einmal eine Menge Fragen auf, die den Leser auf Band 2 gespannt machen. Zufrieden ist man trotzdem, denn die Story ist abgedreht, spannend und kompliziert. "Gipsy "-Zeichner Marini hat sich seit seinen letzten Alben ("Stein der Wüste") noch enorm gesteigert. Bildaufteilung und Bildwinkel der einzelnen Panels sind perfekt, und die Colorierung von Marini direkt auf den Originalen gehalten, ist ein Überhammer. Die meisten Seiten sind auf zwei bis drei Farbtöne reduziert, und trotzdem ist das Album eine einzige Farbexplosion. Ein perfektes Album. Wer hätte das bei Splitter erwartet? Jo84






Claudius Gentinetta: Hysteria. 48 Seiten, s/w, Hardcoveralbum, DIN A 4-Überformat, 22 Mark. Edition Moderne
Auch Claudius Gentinettas neuestes Werk ist wie alle seine vorigen ohne Sprache gehalten. Ihm zu folgen, ist noch schwerer, denn er spielt mit der Verzerrung von Perspektiven, Größenverhältnissen und Charakteren. Er schabt seine Arbeiten aus schwarzem Karton, ähnlich wie Thomas Ott, aber wesentlich verzerr-ter. Seine Seiten strahlen eine seltsame Faszination aus, obwohl die Verzerrungen sich einem nicht immer ganz erschließen. Manche Seiten wirken perfekt, andere eher lächerlich oder dilettantisch. Zu den drei Kurzgeschichten schreibt Claudius im Nachwort: "Das Artest Stipendium gab mir die Gelegenheit, 13 Monate in Krakau, Polen, zu verbringen. Mitten in einem grünen Hinterhof stand das kleine Haus, wo ich arbeitete und wohnte. Meine Alltagseindrücke waren geprägt durch die Sicht aus dem Fenster in den Hof und auf eine uralte, hohe Klostermauer. Im Sommer bot der Hinterhof eine Oase für Kinder, Autoreparateure und deren Feste. Im Winter war hier ein dunkles, eiskaltes Hundeklo... Meine Zeichnungen zeigen die Menschen, Orte und Geschehnisse, ohne daß Worte eine einschränkende Erklärung liefern würden. So wird (...) der Betrachter eingeladen, selbst sprach-los an den Geschichten teilzunehmen und sie durch eigene Interpretationen immer wieder neu zu erzählen." Jo84






Haggi: Der Hartmut weis Bescheit. 32 Seiten, s/w mit Zweifarbumschlag, Comicbookformat, 7.90 Mark. Carlsen
Die Figur des kleinen Hartmut ist dank seiner Veröffentlichung in diversen Comicmagazinen, Stadtblättern und einem Heft beim Heinzelmännchen-Verlag recht bekannt. Der freche Strichmännchenbengel aus der Feder des Comicgenies und Carlsen-Redakteurs Haggi, der ohne jede Regel redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, überzeugt mit seinem Humor sowohl Comicfreunde wie auch Leute, die mit der grafischen Literatur sonst nichts am Hut haben. Gut gezeichnet ist "Der Hartmut" nicht gerade, Haggi wollte wohl eher beweisen, daß er einen Comic auf noch weniger Grafik als Walter Moers reduzieren kann. Aber er ist treffend reduziert gezeichnet, und das muß man erst einmal können (und Haggi kann's, er könnte viel besser zeichnen). Was treibt Carlsen, bei so einem Comic groß einzusteigen? Es ist wohl der überaus gelungene Humor, mit dem Haggi die kleinen Wahrheiten der Kinderwelt auf die Erwachsenenwelt überträgt und sie dabei ertappt, Wahrheiten wohl gerne zu verdrängen. Wie Hartmut sagen würde: "Echd fihlosohfisch, kaufd dass, dass isd schpidse." Jo84






Raymond Chandler / Michael Lark: Philip Marlowe. Die kleine Schwester. 132 Seiten, s/w mit Zweifarbcover, 17 mal 23 Zentimeter, 29,90 Mark. Carlsen
Der Name Raymond Chandler dürfte wohl hinreichend bekannt sein. Selbst 40 Jahre nach dem Tod des erfolgreichsten Krimiautors fühlen Leute wie Michael Lark sich motiviert, seinen Roman "The little Sister" von 1949 als Comic zu adaptieren. Das Ergebnis kann weder als schlecht noch als richtig gelungen bezeichnet werden. Der harte Schwarz-weiß-Kontrast der Zeichnungen mit großen Schwarzflächen paßt eigentlich ganz gut zur Kaltschnäuzigkeit des Erzählstils. Leider fehlen Details in dem recht minimierten Zeichenstil fast völlig, so daß das Artwork die abgewrackte und dreckige Stimmung nicht wirklich erfassen kann. Störend finde ich auch, daß ganze Text-passagen des Romans als Balkentexte einfach abgedruckt wurden. Sätze wie "Ich gab ihm eine von meinen Karten und sagte ihm, ich suche nach Orrin P. Quest. Er fragte, warum, aber ich gab ihm keine Antwort." hätte man auch comictauglicher verarbeiten können. Dafür ist die Geschichte wirklich recht spannend, und man hat lange an dem Büchlein zu lesen. Eine zwiespältige Sache also, wie auch alle anderen Werke aus dieser Reihe. Jo84






Katsuhiro Otomo: Akira # 1. Ca. 360 Seiten, s/w mit Farbcover, 17 mal 26 Zentimeter, 29.90 Mark. Carlsen
Der Klassiker "Akira" veränderte in Amerika und ganz Europa das Ansehen und den Stellenwert japanischer Comics. Mit ihm begann die Manga-Welle, die immer noch alles überrollt und mit einer nicht enden wollenden Vielzahl meist gleichförmig aussehender Titel den Markt überschwemmt. Längst nicht alles hat hier Qualität oder wäre gar eigenständig. Katsuhiro Otomos Standardwerk schon. Der Comic, der als längste Einzelgeschichte im Comicbereich gilt, ist, vor allem am Stück gelesen, ein faszinierendes Werk mit einer wahnsinnig komplexen Handlung, von der selbst die Zeichentrick-Adaption nur etwa zehn Prozent erfassen konnte. Bisher lag das Werk nur in der von Amerikanern colorierten Fassung vor, mit der Otomo gar nichts zu tun hatte, und die auf 20 Bände angelegt war. Nachteil dieser Fassung war vor allem ihr Preis: Fast 600 Mark mußte der Komplettsammler berappen. Die neue Schwarzweiß-Version ist auf nur sechs Bän-de angelegt und von Aufmachung und Papierqualität enger am Original angelegt. Zum Glück hat man sich die Unart gespart, die Seiten nicht umzuscannen, um sie von hinten nach vorne zu lesen. Aber da haben wir einfach Glück, daß Carlsen seinem französischen Partner alles nachmacht. Ob die Welt eine drucktechnisch minderwertigere Schwarzweiß-Auflage braucht, sei dahingestellt. Wer jedenfalls die Farbversion noch nicht hat (die übrigens laut Verlag nur noch teilweise lieferbar ist und definitiv nicht verramscht wird), hat hier noch einmal eine Chance, das Komplettwerk für etwa 180 Mark zu erstehen. Jo84






Pearce / Léturgie: Cotton Kid # 1. Im Namen von Pinkerton. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 14.90 Mark. Carlsen
Kid ist ein ganz normaler Junge, der eine langweilige Kindheit auf einer Farm im Wilden Westen verlebt. Sein Bruder Trevor, der als Detektiv für die berühmte Agentur Pinkerton arbeitet, schildert ihm bei seinen Besuchen, wie aufregend sein Alltag angeblich ist. Kein Wunder, daß der Kleine eines Tages das Weite sucht, um selbst Abenteuer auf Verbrecherjagd zu erleben. Pearce und Léturgie sind seit einiger zeit Texter für Lucky Luke, und das merkt man auf den ersten Blick. .Auch den Zeichenstil imitieren sie bis aufs i-Tüpfelchen, so daß es eigentlich eine Dreistigkeit sondergleichen ist. Man muß allerdings zugeben, daß die Qualität trotzdem stimmt. Sogar running gags, die sich auf Lucky Luke beziehen, kommen vor. Die Charaktere sind sympathisch, und die Story hat natürlich ein happy end. Abgesehen davon, daß "Cotton Kid" eine 1 A-Kopie von Lucky Luke ist, ist das Album empfehlenswert. Jo84






Tezuka - Astro Boy # 1 bis 4. Je ca. 200 Seiten, s/w mit Farbumschlag (Band 1 mit sechs Tattoos), 11,5 mal 17,5 Zentimeter, 9,95 Mark. Carlsen
Dies ist nun also der "japanische Klassiker" (entstanden zwischen 1952 und 1989) vom "Walt Disney Japans", international berühmt - außer in Deutschland. Es sind die Abenteuer eines kleinen Cyborg, "der sich das unschuldige Gemüt eines Kindes bewahrt hat", und die Zeichnungen sind in ihrer Klarheit "gut mit Hergé vergleichbar". So schrieb Jo, und ich konnte mir darunter nichts Rechtes vorstellen. Also habe ich mir den ersten Band besorgt und möchte eine eigene Kritik versuchen. Ich denke, an Astro Boy, zumal den frühen Werken, sieht man besser als an heutigen Mangas, wie japanische Zeichner von der westlichen Kultur beeinflußt sind und inwieweit japanische Comics sich davon unterscheiden. Band 1 enthält eine nachträgliche Origin-Story von 1975 und das 170-Seiten-Abenteuer "Das Hot-Dog-Korps" von 1961. Lassen wir "Astro Boys Geburt" beiseite, ein Beitrag, der auch zu der langen Geschichte hinleiten soll. "Das Hot-Dog-Korps" hat mich in vielem an klassische europäische Alben der 50er und 60er Jahre etwa von Franquin oder Hergé oder Vandersteen erinnert. Es wird ganz geradlinig erzählt; der Held löst auf gewitzte Weise ein Problem. Tezukas Science Fiction-Plot vom Diamantenabbau auf dem Mond spiegelt auch den Optimismus der Zeit wieder. Aber es ist auch ein Unbehagen an Auswüchsen der Wissenschaft zu spüren, das in europäischen Comics dieser Jahre sicher nicht zu finden ist, ein Bewußtsein, daß bestimmte Grenzen besser nicht überschritten werden sollten (dem bösen Roboter Nr. 44 ist ein Hundehirn implantiert worden - er erscheint auch eher als Opfer der Technik). Auch daß Astro Boy meist spielerisch kämpft und nie etwas Schlimmes passiert, scheint mir Ausdruck der spezifisch japanischen Kultur zu sein. Tezukas Zeichnungen haben mit der frankobelgischen Ligne Claire einiges gemeinsam, aber es sind auch Unterschiede zu erkennen: Es gibt einen größeren Kontrast als in europäischen Alben zwischen kleinen Panels, die erzählen und die Handlung vorantreiben, und großen Panoramabildern, in denen eine Szene prächtig ausgeschmückt wird. Diese ornamentiven Bilder scheinen mir in den Mangas später immer mehr in den Vordergrund getreten zu sein. Damit haben japanische Zeichner ihre ganz eigene Identität gewonnen. Aber Astro Boy, jedenfalls der von 1961, hat noch nichts von diesem Manierismus und liest sich ganz so wie ein "Spirou"-Album. Müßte ich wählen, dann würde ich allerdings "Spirou" doch vorziehen. Möglicherweise ist die andere Mentalität daran schuld - ich empfinde die Charaktere und ihre Konflikte in Astro Boy doch als recht konstruiert und künstlich. Sie haben kein Herz, wenn sich Tezuko auch redlich darum bemüht. Kein Wunder eigentlich, wenn alle Haupt-figuren Maschinenwesen sind. aa






Lewis Trondheim: Monströse Geschichten. 32 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, 24,90 Mark. Carlsen
Lewis Trondheim geht noch einen Schritt weiter als Yoann und Omond, denn sein Buch, das sich an Kinder und Erwachsene richtet, ist sogar von Kindern und Erwachsenen gezeichnet. Trondheims Sprößlinge zeichnen nämlich sehr gerne Monster und geben diesen Namen. so entschied er sich, die lustigen Bilder in eine Rahmenhandlung einzubetten, die er sich mit seinen Kindern zusammen ausdachte. Herausgekom-men ist ein Buch, das nicht superwitzig ist, aber durchaus nett und für Kinder wesentlich geeigneter als sein sonst recht schwarzer Humor. Wieder beweist sich Lewis Trondheim als Zeichner mit einem simplen, aber effektiven Strich und köstlicher Mimik. Der Shooting Star des letzten Jahres gehört verdientermaßen zu den beliebtesten Newcomern der letzten Zeit und ist dabei einer der produktivsten und vielseitigsten Zeichner der Branche. Jo84






Yoann / Eric Omond: Toto, das Schnabeltier # 1. Der magische Baum. 32 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, 24,90 Mark. Carlsen
In letzter Zeit kommen Comicbücher in Mode, die sich eng an Kinderbücher anlehnen und fast als Kinderbücher in Comicform durchgehen. "Toto" ist so ein Buch, das Erwachsene ansprechen soll, die das Kind dann zusammen mit ihren Kindern lesen sollen. Es ist ein schickes, herrlich farbiges Buch, das die jüngere Generation gleichermaßen anspricht wie erwachsene "Kunstliebhaber". Nicht wenige Erwachsene geben ja mittlerweile zu, daß es auch Bilderbücher ihnen angetan haben. Aber vor allem die Kleineren werden sich mit Toto, dem Schnabeltier identifizieren können, das sich auf den Weg durch den Dschungel macht, um zum oberen Flußlauf zu gelangen. Andere Tiere schließen sich ihm an, immer auf der Hut vor einer geheimnisvollen Bestie, die Tiere frißt. Eine für Kinder spannende handlung, aufgelockert durch Witz und skurrile Figuren. Gelungen. Jo84




Profi Anthologien



Dragonball Magazin # 1 - 3. Je 48 Seiten, farbig, Comicbookformat, 4.90 Mark. Carlsen
Nach dem Megaerfolg der auf 42 Bände angelegten Taschenbuchausgabe schreit der Markt geradezu nach mehr und immer mehr Dragonball. Welch Glück, daß in Japan einige Videofilme entstanden sind, die als Ergänzung der Fernsehserie gedacht waren. Hier ist nun die abfotografierte Comicversion dieser Abenteuer, die nicht in der Serie oder in den Taschenbüchern enthalten sind. Man muß sich das so ähnlich vorstellen wie neue Abenteuer in einem Paralleluniversum, auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten. Bei aller Liebe, das ist der letzte Dreck! Als Zeichentrickfilm mag das gar nicht so schlecht sein. Die Farben sind schön und die Bastelbeilagen/Poster für jüngere Leser sicher nett. Die viel zu großen Sprechblasen dagegen wirken fürchterlich, die Bildaufteilung ist viel zu statisch (oder nicht statisch genug?), und die Geschichten - naja... Muß wohl nur Herod haben. Jo84





Kopeck # 2. 32 Seiten, farbig, Comicbookformat, 5,90 Mark.
Karicartoon Verlag, Limmer Straße 3 - 5, 30451 Hannover
An den Bahnhofskiosken von Augsburg und Kempten ist seit Monaten von Kopeck nichts zu sehen. In Fulda stecken da seit Monaten vier Exemplare von Band 2. Band 3 war für April angekündigt. Das muß nicht gegen Kopeck sprechen; vielleicht ist seine Qualität bei den Lesern noch unentdeckt geblieben. Möglicherweise ist die Serie einfach im Nachteil gegenüber Protagonisten, die schon von Funk und Fernsehen her bekannt sind. Aber ich denke schon, es liegt auch an dem Material selbst, daß die Leser Zurückhaltung üben. Es ist nicht leicht, eine Geschichte zu erzählen - vor allem: eine Geschichte zu eröffnen. Autor und Zeichner Klaus Scherwinski wollte gewiß nichts falsch machen und begann im ersten Heft ganz einfach und übersichtlich. Dann sollte aber die Story wohl nicht zu vorhersehbar werden, und deshalb schlägt die Handlung jetzt chaotische Haken. Kopeck stellt einen Casino-Betreiber, mit dem er aus längst vergangenen Zei-ten noch eine Rechnung offen hat. Derweil wird er von einem LA-Polizisten und seiner Begleiterin verfolgt, die sich später beide in Superhelden verwandeln. Außerdem ist noch eine Sondereinheit in einem Sonderhubschrauber hinter Kopeck her. Alle treffen schließlich unter viel Maschinengewehrgeballer und Granatendetonationen aufeinander, und natürlich wird der Hubschrauber vom Himmel geholt. Von Motiven und Hintergründen erfährt man allerdings nichts mehr, und das, was man aus Band 1 vielleicht noch im Gedächtnis hat, verflüchtigt sich spätestens auf Seite fünf. Viele Leser sind wahrscheinlich schon nach Band 1 ausgestiegen, weil ihnen die Story zu durchschaubar war; andere springen jetzt ab, weil sie nicht darauf zählen, daß sich das nun entstandene Tohuwabohu im dritten Heft ein wenig aufklärt. Schade um ein ambitioniertes Projekt, das in einzelnen Abschnitten durchaus überzeugt hat. Aber entweder stand das Storyboard noch nicht, als Klaus Scherwinski mit dem Zeichnen begann - und sowas ist absolut tödlich. Oder die Story wird ungeschickt präsentiert, denn das Wichtigste ist nicht, möglichst viele Actionsequenzen auf möglichst wenige Seiten zu komprimieren, sondern einen Spannungsbogen aufzubauen, der die ganze Serie über trägt. aa



MAD # 14. Dino
Nachdem ich wirklich erfreut war, daß MAD wieder seinen Weg nach Deutschland gefunden hatte, sind einige der neuen deutschen Eigenbeiträge eine herbe Enttäuschung. Die Teletubby-Parodie "Quäletubbies" unterbietet die amerikanischen Beiträge an Niveau deutlich. Das alte MAD hatte immer einen sicheren kritischen Anspruch, den diese Parodie in einem Wust aus Geschmacklosigkeiten, ungerechtfertigten Anschuldigungen und Dämlichkeiten untergehen läßt: Die Tubbies werden hier als grausam, brutal und pervers dargestellt, was keinerlei Anknüpfungspunkt im Original hat, ein sehr grobschlächtiger Ansatz, ein "Haha-Humor", über den MAD sonst erhaben war. Ihnen wird Drogenmißbrauch und Kannibalismus unterstellt, auch hierfür finden sich keine Andeutungen, die man in legitim satirischer Übertreibung hätte ausbauen können. Was mich zudem sehr stört und was für mich ein sicheres Zeichen absolut unreflektierter Effekthascherei ist, sind die vielen antienglischen, also ausländerfeindlichen Anspielungen: die Tubbies werden als militante britische Kolonialisten bzw. später als Hooligans dargestellt, die einen blauen "Eurotubbie" über den Haufen schießen und unter Absingen von "Tiperay" auffressen. Vieles aus der Originalserie hätte man hochnehmen können, aber keiner hat sich zum Beispiel mit den Charakteren auseinandergesetzt. Schlimm genug, daß Stefan Raab in "tv total" dauernd die Tubbies verwechselt. Über Tinkys Vorliebe für Ballettröckchen wäre eventuell etwas zu sagen gewesen oder über Dipsys Narzissmus und Laalaas schreckliche Klischeemädchenrolle (Kichern und Singen als Lebensinhalt?), während die MAD-Autoren bei Po (der hyperaktiven Miniaktionistin) offensichtlich noch nicht mal in Erfahrung bringen konnten, ob sie ein Junge oder ein Mädchen ist. Auch die rätselhafte Elternlosigkeit der Tubbies scheint sie nicht zu wundern. Warum werden sie von Robotern erzogen? Sind sie radioaktiv? Riesig? Die letzten einer aussterbenden Cyborg-Zivilisation? Was ist aus Noo-Noo in dieser Parodie geworden? Den haben sie vergessen. Shame, shame! Herod