(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 56
Besprechungen





Nichts für ungut # 11 (Juli 1999). 44 Seiten plus Mittelposter, s/w mit zweifarbigem Cover, DIN A 5, 2 Mark. Benjamin Brandt, Schubertstraße 36, 99423 Weimar
Benjamin Brandt hat die Nachrichten über sich und seine studentische Umgebung weitgehend eingestellt und beschränkt sich in der neuen Ausgabe auf seltsame Comics. Mit dem Wort "seltsam" möchte ich hier die Bandbreite von Kalauern über absurden Humor bis hin zu kryptischer Verrätselung abdecken. Es fällt mir schwer, auf einzelne Beiträge einzugehen, die wohl überwiegend von Weimarer Grafikstudenten stammen. Aber sie sprechen mich schon an, und in ruhigen Minuten nehme ich das Heft gern zur Hand. aa


Stones # 4 und spezial; ...und matt! # 1; Suckelborst # 0. 20, bzw 28 Seiten, s/w, DIN A 5. Andreas Fecke, Garfelner Straße 41, 59558 Lipp-stadt
Andreas Fecke produziert unermüdlich neue, sehr komische Gags über und mit Schach- und Go-Figu-ren. Es ist klar, daß jemand, der solche Comics zeichnet, leidenschaftlicher Brettspieler sein muß. Letzte Gewißheit bringt das Heft "Suckelborst" - voll von Schachproblemen, Go-Stellungen und der Vorstellung eines kniffligen Minimal-Spiels namens Dodgem. Die Ausgabe wird durch Comics und kleine Geschichten aufgelockert. Ich bin kein Brettspieler, aber manchmal lese ich zum Spaß ganz gern, wie Helmut Pfleger oder ähnliche Leute Schachpartien beschreiben: "Dies ist eine sehr elegante Opferwendung" oder "Für Weiß ist die Lage nach diesem Zug nach wie vor schwierig". So ist auch "Suckelborst". Trotzdem - dieses Heft ist wohl nur etwas für Spezialisten. aa


Andreas Heinze / Martin Jablonka: Suzi. 48 Seiten, s/w, DIN A 4. Fake Press, Andreas Heinze, Schultheißstraße 13, 46047 Oberhausen.
Sicherlich erinnern sich noch viele Leser an das gut aufgemachte Umsonstmagazin "Schattenseiten", dessen letzte Nummer vor mehr als einem Jahr erschien. Durch fast alle Hefte zog sich die Fortsetzungsgeschichte "Suzi", die nicht zuletzt durch Martin Jablonkas eigenständigen Zeichenstil positiv auffiel. Da wahrscheinlich keine weiteren Ausgaben von "Schattenseiten" erscheinen werden, entschloß man sich, die bisherigen sechs Teile mit den beiden unveröffentlichten letzten Teilen zusammen in einem Heft zu veröffentlichen. Die kompletten Teile wirken, obwohl zwischen 1996 und 1998 entstanden, erstaunlich homogen und bilden ein erstes Kapitel, das möglicherweise später fortgesetzt werden wird. Leider sind Papierqualität und Druck nicht akzeptabel. "Suzi" ist ein Science Fiction-Comic, in dem Andreas Heinze die Flucht von ihr und ihrem Roboter Mignon vor Regierungstruppen schildert, die sie wegen Desertion suchen. Sie selbst ist auf der Suche nach ihrem Ursprung und ihren Eltern. Dabei stößt sie auf ein Geheimnis, das ihr gar nicht schmeckt. In Szene gesetzt wurde alles von Martin Jablonka, der vor allem Gebäude und Hintergründe superprofessionell darstellt. Leichte anatomische Mängel macht er durch seinen sehr sauberen Strich wieder wett, der eigenständig ist und einen hohen Wiedererkennungswert hat. Wer mehr über Martin Jablonka wissen will, sollte sich "Sprühende Phantasie" # 18 zulegen, in der ein Interview mit Martin geführt wurde. Jo84


Das mit der Zensur habe ich verschoben... für dich. 32 Seiten, s/w, DIN A 5, kostenlos. Michael Machner, Falken-weg 4, 61184 Karben
Komischer Titel. Wie auch immer: Solch unschuldig unanständige Sachen habe ich noch nie gesehen. Bei Michael Machner wirkt Erotik nicht provozierend und überhaupt nicht aggressiv. Das hängt aber in hohem Maße auch von den Texten ab, die seine Figuren sprechen. Seine Frauenakte sind nichts besonderes, und auch die Beiträge von Crissie, B. H. und Rocé, die das Heft vervollständigen, sind nur konventionell. Auf jeden Fall dürfte das Heft eine absolute Rarität sein, da Michael Machner es kostenlos verschickt. aa


Porn Shop Boogie. 36 Seiten, s/w, DIN A 5, 2 Mark. Daniel Niehaus, Stiekamp 3, 49509 Recke; E-mail: duniel@gmx.de
Viele Fanzines sind Oneshots, aber meistens planen die Herausgeber eigentlich eine Serie. Nicht so Daniel Niehaus: "Porn Shop Boogie erscheint nur dieses eine Mal. Das ist alles, wozu ich im Moment fähig bin." Weiter unten heißt es jedoch: "Die nächsten Comics werden besser. Echt. Will meinen: Auch kaufen." Bleiben wir beim vorliegenden Band. Drin sind fünf bis sechs Comics, alle vom Herausgeber. Das bei weitem schärfste daran ist der Titel. Weniger Sex, sondern eher eine ultracoole Attitüde (à la "Das Schweigen der Lämmer" oder "Pulp Fiction") durchzieht als roter Faden das Heft. Das ist nicht schlecht gemacht, und Daniels Zeichenstil zwischen Ralf König und Mali & Werner ist auch ganz ansprechend. Aber Daniel sollte vielleicht doch beim nächsten mal etwas ganz anderes versuchen. aa


Wolfgang Mürmann / Diana R. Sassé: Doudou, der Poilu # 4. Die Deutschin. 52 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 9 Mark. Edition Rhein-Trio, Drahtzugstraße 10, CH-4057 Basel
Ganz knapp vor Druckbe-ginn schickte mir Diana ihr fertiges Album - leider ohne Begleitbrief. Ich weiß daher nicht, ob ich aus dem Band weitere Folgen der Story nachdrucken dürfte oder ob es ihr nur um eine Rezension geht. Ich beschränke mich mal lieber auf eine Besprechung. Wie Ihr in PLOP gelesen habt, führt Titelheld Doudou eine Reisegruppe durch ein Paralleluniversum-Frankreich, das von verschiedenen Fabelwesen bewohnt ist. Eine Bande von Desperados macht Jagd auf Pferdedeutsche. Dou-dou entdeckt die Spuren eines Massakers, worauf die Wilderer ihn und seine Begleiterin (die "Deut-schin") ebenfalls abschlachten wollen. Doudou entkommt mit knapper Mühe. Eine Abteilung Poilus kommt ihm zu Hilfe. Die Deutschin hat er zuvor weggescheucht. Zu seiner Überraschung wird er aber von einem Kameraden der Fahnenflucht bezichtigt. Doudou warnt vor den Wilderern, aber er erhält zunächst keine Gelegenheit, seine Unschuld zu beweisen. Er soll vor Gericht gestellt werden. Damit endet die Episode. Lesen Sie auch den nächsten Band "Schlafende Flügel". Das Album hat zweifellos seine ganz besonderen Qualitäten: Dianas ausgefeilten Zeichenstil kennt Ihr ja, und die Story ist sorgfältig erzählt und ziemlich spannend. Es ist aber ein ganz traditioneller Abenteuerstoff, und die Klemme, in die Doudou am Ende gerät, erinnert heftig an Leutnant Blueberry. Etwas ähnliches wie der "Chihuahua Pearl"-Zyklus schwebt Diana und ihrem Szenaristen (den sie in PLOP schamhaft verschwiegen hatte) wohl auch vor. Gediegene Unterhaltung also, die auf ein breites Publikum zugeschnitten ist, leider ohne persönliche Note, ohne ein erzählerisches oder künstlerisches Risiko einzugehen. Ganz "außerhalb der Fanszene" steht sie aber wohl noch nicht. Und ich möchte auch ihren Fans das Lesevergnügen nicht verderben. Für mich war's ja auch kurzweiliger Lesestoff. aa




Frank Schmolke: Black Box. 48 Seiten, s/w mit zweifarbigem Cover, DIN A 5 quer, 14,90 Mark. Edition Spaceboy, Frank Schmolke, Adelgundenstraße 19, 80538 München
"Wir versuchen, Dinge zu vergessen, an die wir uns nicht gerne erinnern, sie aus unserem Gedächtnis zu streichen, so, als wären sie nie passiert. Aber das Vergangene kommt immer wieder an die Oberfläche. Unsere Black Box ist zuverlässig und vergißt nichts... alles, was uns ausmacht - Ängste, Wünsche und Hoffnungen - wird durch das, was schon gewesen ist, beeinflußt, und unsere Black Box schreibt unaufhörlich weiter an unserer Biografie. Solange, bis unsere Zeit abgelaufen ist. Und selbst dann bewahren andere, die uns kannten, unser vergangenes Leben, schreiben an unserer Geschichte weiter, dichten etwas hinzu oder lassen etwas weg. Die Black Box aber, der Kern, das, was uns ausmacht, bleibt für immer Geheimnis." Frank Schmolkes Vorwort erklärt sehr gut den Titel seines Werkes und den Zusammenhang mit den drei "Kurzgeschichten", die er hier, in Schabkarton gekratzt, präsentiert. "Gedankengänge" wäre vielleicht die noch bessere Bezeichnung für die Themen, die Schmolke grafisch, von Thomas Ott stark beeinflußt, in Szene setzt. Da ist der Mann, dessen Erinnerungen langsam verblassen wie sein altes Polaroid oder der Mensch selbst. Auch Gefühle machen die Black Box aus wie jene der Frau, die sich in ihnen verliert, ohne daß ihr Mann etwas davon merkt. Zu guter Letzt macht Frank Schmolke klar, wie wenig der Rest der Menschheit von einem Menschen wissen kann - nahezu nichts. Frank Schmolkes "Black Box" ist schnell durchgelesen, bleibt aber im Gedächtnis. Man legt es trotzdem nicht so schnell aus der Hand, weil die aus Schabkarton gekratzten Bilder wirklich schön sind. Und letztendlich denkt man nach über Vorwort und Thematik. "Black Box" schreit geradezu nach Fortsetzungsbänden, da es noch unzählige ähnlicher Gedankengänge geben kann und muß. Für den Anfang empfehle ich Euch Buch 1 - falls ihr es noch bekommt, denn ungerechtfertigterweise ist das Werk auf nur 500 Exemplare limitiert. Jo84



Roswitha und Bernd Stein: Steinzeit Adventures # 1. 32 Seiten, s/w, Comicbookformat, 6,90 Mark. Zwerchfell Verlag
Der ,Zwerchfell-Verlag glänzt immer mehr durch die Herausgabe schöner Hefte, die thematisch und zeichnerisch durch jedes Raster fallen. So auch die neuesten Kurzgeschichten von Bernd Steins Helden Sven und Ollie, die bereits durch das Comicalbum "Hamburg City Blues" und ihr regelmäßiges Erscheinen im Hamburger Obdachlosenblatt "Hinz & Kunzt" einen größeren Bekanntheitsgrad erreicht haben. In den zwei Kurzgeschichten liegen, wie oft bei den Geschichten um Sven und Ollie, Humor und Kritik eng beieinander. Umweltschutz wird in beiden Geschichten großgeschrieben und praktisch als Moral angesehen, obwohl die Stories selber ein bißchen an den Haaren herbeigezogen sind. Die Grauabstufungen im Heft haben eine schöne Wirkung. Dabei mag ich Grautöne in Schwarzweiß-Comics sonst eigentlich gar nicht so. Insgesamt legen Dr. Stein und Rost hier ein recht nettes Heft vor. Jo84

Marc Stiegele: Die drei Kopfen. Spannende Geschichten in 15 Bildern. 40 Sei-ten, s/w, DIN A 5, 2 Mark plus Porto. Marc Stiegele, Riedstraße 10, 73579 Scheidingen
Merkwürdige Hefte gibt es, und "Die drei Kopfen" (gemeint sind Köpfe) gehören eindeutig dazu. Bei den Titelhelden handelt es sich um drei Kopffüßler, die mei-stens nichts tun und sich nur unterhalten. Das kann in konfusen Gags enden, in Blödeleien oder auch in purem, ödem Quatsch. Die Zeichnungen unter dem Ma-schinenlettering sind ziemlich eingeschränkt, der Pa-nelaufbau steril. Marc Stiegele wird sicher nie ein Zeichnerstar werden. Ursprünglich waren die einzel-nen Gags als kopierter Rundbrief an Freunde und nicht zur Veröffentlichung gedacht. Das Ganze erinnert irgendwie an die schlechteren der Kix-Comics. Jo84




cOMIc # 38. 28 Seiten, s/w, DIN A 5. Im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines bei Gerd Bonau, Schleswiger Straße 9, 24392 Süderbrarup
Schwerpunkt diesmal ist ein düsterer Comic von Man-fred Lafrentz. Außer Ulrich Magin und Henning Way sind alle übrigen Künstler mit One-Pagern vertreten. Die beiden redaktionellen Beiträge über dänische Marvels und das neue Zack sind so kurz, daß man sie hier komplett zitieren könnte. Aber das Heft gefällt mir: Viele Kostproben von unterschiedlichen, aber allesamt guten Leuten. aa


Der Comic Herold # 9. 32 Seiten, s/w, DIN A 5, 3,50 Mark. Crago-Verlag, Post-straße 7, 97993 Creglingen
Kurz vor dem Ende steht das "Magazin für Action-Co-mics" mit der Ausgabe 9, denn die Nummer 10 wird die letzte Ausgabe sein. Der Crago-Verlag konnte ein-fach nicht genug Leser an das Blatt binden, um überleben zu können. Die Gründe dafür erschließen sich mir beim Lesen sofort. "Action Comics made in Ger-many" könnten schon gefragt sein - wenn sie denn besser wären. Was mit den ersten Ausgaben vielversprechend begann, flachte - vor allem textlich - von Nummer zu Nummer ab. Heft 9 zeigt dies besonders deutlich: "Windkönig" erlebt zwei grauenerregend pathetische Abenteuer, und "Germania" wird auf ihren Brustumfang reduziert. Zeichnerisch ging es etwas aufwärts. Leider verläßt Lutz Buchholz, der einzig wirklich gute Zeichner im Heft, das Germania-Comic-Team. Die Windkönig-Stories aus dem Jahr 1997 zeigen leider nicht Damir Hamidovics jetziges zeichnerisches Können, das sicher mittlerweile gestiegen ist. Trotzdem sucht der Crago-Verlag Zeichner, Autoren, Letterer, Tuscher und Coloristen. Mehr darüber erfahrt ihr im Internet unter www.windkönig.de. Jo84




Koma Comix # 22. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, Comic-bookformat, 5 Mark. Weißblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn
Quevis und Knülle verdingen sich als Roadies einer Girlband; die Gang verbringt einen Abend vor der Glotze; Knülle wird unter dem Einfluß seiner neuen Freundin bürgerlich; das sind so die Themen diesmal. Außerdem startet eine Superheldenparodie, die aber noch nicht mehr als die Entstehungsgeschichte bietet. Ungewöhnlich für Weißblech: Ein Gastzeichner namens Pit Hammann steuert eine Seite bei. Insgesamt eine recht unterhaltsame Ausgabe. aa
XXX Comics # 2. 40 Seiten, s/w, 13 mal 18,5 Zentimeter, 4 Mark. Weißblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn
Hier steuert wieder Roman Turowski einige Seiten bei. Der Schwerpunkt liegt auf Parodien, und die Gang kommt bloß am Rande vor. Trotzdem: Wer Koma Comix mag, wird XXX Comics lieben. aa



Kreativo! # 27 (Juni 1999) und 28 (September 1999). Je 28 Seiten, s/w, DIN A 5, 2,50 Mark. Birke, Postfach 20222, 58470 Lüdenscheid
Über dieses Fanzine ist ja inzwischen an dieser Stelle einiges geschrieben worden. Aber sein Reiz läßt sich sehr schwer in Worte kleiden. Teil der Faszination ist für mich jedenfalls das Zusammentreffen sehr unterschiedlicher Beiträge - vom Schriftsteller Wolfgang Fienhold bis zum genialen Comic-Dilettanten Olaf Bathke. Viel vertreten in den neuen Ausgaben sind auch Oliver Ferreira, Anja & Joy, Ghost und Cat. Die Leserbriefe werden faksimiliert und offenbaren die ganz unterschiedlichen Temperamente der Mitwirkenden. aa






Menschenblut # 34. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 6,80 Mark. Eisenfresser Comix, Postfach 1141, 36094 Petersberg
Das melancholische Cover täuscht darüber hinweg - die neue Ausgabe soll eher lustig sein. Natürlich gibt's in "Menschenblut" nur höchst makabren Humor. Die Zahl der Toten im Heft übersteigt die Seitenzahl bei weitem, und die Leute werden aus nichtigem Anlaß oder lächerlichen Motiven umgebracht. Geier stellt das in Holger Bommers Story "Captain Bunny" folgerichtig mit Funnyfiguren dar, und Andreas Lehmeyer zeichnet seine "Dirty Deeds" im Undergrund-Stil. Aber auch die Beiträge von Mille und Petra, Alexander Pavlenko und von Toni Greis sind eigentlich schwarze Funnies. Dieser Dreh ins Groteske hat "Menschenblut" in seinen besten Momenten immer wohltuend von anderen Magazinen abgehoben, die sich auf Sex und Gewalt kapriziert haben. Über alles kann ich in der neuen Ausgabe nicht lachen. Zu viele Scherze gehen auf Kosten von Frauen. Aber ansonsten stimmt die Richtung. aa



Mixer # 9. Ca. 32 Seiten, s/w mit zweifarbigem handbedrucktem Cover, DIN A 4, 5 Mark. Claudia Bernhardt, Freibergerstraße 66, 59558 Lippstadt
Tja, jetzt habe ich wieder das gleiche Problem wie bei Ausgabe acht. Getreu dem Konzept, daß Claudia Bernhardt nur zusammenheftet, was die Mitarbeiter einsenden, enthält auch das neueste Heft wieder viel Collagiertes, Hingeworfenes, Assoziatives - viel Disparates nebeneinander. Es sind diesmal auch einige Texte dabei, die über hingekritzelte Notizen hinausgehen (die es auch gibt), und sogar ein paar Comics. Damit nicht wieder jemand vermutet, mir hätte der Mixer nicht gefallen, möchte ich das Heft diesmal ausdrücklich empfehlen - wäre wohl auch reizvoll, mal dabei mitzumachen. aa


Napartheid # 26. 52 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 4, 300 Peseten. Napartheid/Fanxinoteka, 127 PK Trintxerpe-Pasaia, 20110 Gipuzkoa, Basque Country
Wieder eine dicke Ausgabe mit vielen überwiegend gekonnten Undergroundcomics. Wer das Magazin trotz der baskischen Sprache mal antesten möchte - was ich vom grafischen Gesichtspunkt aus absolut empfehlen kann -, sollte nicht die Adresse aus dem letzten PLOP verwenden. Die ist offensichtlich nicht richtig. aa


Paranoid # 2. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 4. Christopher Tauber, Ulmenstraße 20, 63371 Gelnhausen oder Steffi Dietz, Hilgeseichweg 13, 63607 Wächtersbach.
"Nur zur Info", schrieb mir Christopher Tauber, "Kunststudenten sind wir nicht (siehe Deine Kritik in PLOP). Trotzdem haben wir uns (irgendwie) über die Kritik gefreut und haben darüber neue Kontakte geknüpft." Und ein neues Heft haben die Hessen auch herausgebracht. Das ist größer, bunter, schöner geworden als die Debütausgabe. Der Hefttitel gibt zwar nach wie vor die thematische Richtung der enthaltenen Comics und Texte an, aber die Verstörung vom letzten Mal weicht tendenziell einer kichernden Gaga-Stimmung. Die Paranoia wird ein wenig zur Masche. "Paranoid" ist aber immer noch ein ziemlich ungewöhnliches Fanzine und eine kurzweilige Lektüre. aa


Rockstar 2000. Der Comic zum Punk Rock Wagen, Berlin. 16 Seiten, s/w, DIN A 5, gratis
Wie ich zu diesem Heft gekommen bin, weiß ich leider nicht mehr. Es ist jedenfalls zum Berliner Karneval der Kulturen erschienen, und ich meine mich zu erinnern, daß es mal irgendetwas beilag. Vertreten sind hier viele Berliner Szenegrößen wie Phil, Atak, Andreas Michalke oder Oliver Naatz, und es handelt sich in der Regel um launige Bekenntnisse zum Punk oder zumindest zur Punk-Vergangenheit. Sehr schönes Heftchen. aa


Sinnlos Comix # 2. 32 Seiten plus Mittelseitenposter, s/w, DIN A 5, 2 Mark. Sinnlos Comix, M. Schenk, Urannusstraße 33, 04205 Leipzig
Dieses Magazin, von dem vor der # 1 auch eine Nullnummer erschienen ist, hat seine Metamorphose von einer Schülerzeitung zu einem Fanzine noch nicht ganz abgeschlossen. Die Macher sind um die 16 Jahre alt. Das bedeutet natürlich mildernde Umstände. Und deshalb werden hier zwar einerseits männliche Sexprobleme thematisiert, andererseits versteht man Mädchen noch nicht so richtig. Ja ja. Ich fand "Sinnlos Comix" unter den gegebenen Umständen recht sympathisch. Die Freude am Fanzine-Machen teilt sich ei-nem auf fast jeder Seite mit. Möglicherweise aber sieht das Heft bald schon ganz anders aus. Die Macher baten mich mitzuteilen: Die nächste Ausgabe wird mit Farbcover sein, mit "Schlimm und schlimmer" von Matthias Schenk, Schwarwel, Cosmo, "Zauberlehrling", Ralph Meise, Marcus Kaliske, "Traurig aber wahr" (Comic zum Hiphop-Track von "Too Strong") von André Schirmer, "Assi" von Ulli Letzien, Poster von PM Hoffmann und einem Ralf Paul-Interview. Mehr darüber vielleicht demnächst an dieser Stelle. aa



Stripburger # 21. 92 Seiten, s/w, DIN A 4, 500 Sit. Strip Core Forum Ljubljana, Metelkova 6/I, 1000 Ljubljana, Slovenien
Quantitativ und qualitativ wieder sehr beeindruckend, was mir da auf den Schreibtisch flatterte. Obwohl diese Ausgabe sehr international ist (Beiträge unter anderem aus den Niederlanden, Belgien, England, Norwegen und USA), ist leider nicht alles in englischer Sprache. Die Artikel und Rezensionen sind allesamt (vermutlich) slowenisch abgefaßt. Auch wenn man also nicht alles wirklich lesen kann, läßt einen das Heft gewiß nicht kalt. Hier drückt sich immer wieder die Misere des Ostens aus, speziell des ehemaligen Jugoslawiens - die Armut, die Perspektivlosigkeit, die Psychopathen, die der Sozialismus hervorbringt -, und man verfolgt das schon mit einem unguten Gefühl, wenn man selbst mit warmem Hintern im reichen Westen sitzt. Eines der besten Underground-Magazine, die ich kenne. aa




Sunburn # 11 (Sommer 1999). 56 Seiten plus achtseitiges Magazin, s/w, DIN A 4, 5 Can. Dollar. sunburn, P.O. Box 2061, Winnipeg, MB, Canada
"Category: Comic Anthology; Published: Three Times a Year; Issue Date: Summer 1999; Editor: Karl Thomsen; Print Run: 250 Copies; Printing Method: Xerox." So kurz und bündig informiert der Herausgeber auf einem Infoblatt zu seinem bemerkenswerten Fanzine, das mir aus heiterem Himmel zuging. Mein erster Kontakt zur kanadischen Comicszene. Für Andy noch die Information: "Email Address: mosfog@escape.ca; Web Page: www.escape.ca/~mosfog/". Sunburn weist eine sehr angenehme Besonderheit auf: Alle Beiträge sind "beyond words ", also ohne Worte und universal verständlich. Der schön aufgemachte und gedruckte Band bringt durchgehend Beiträge auf gehobenem Underground-Niveau. Häufig geht es in den Comics um Entwicklungen. Ein zähneputzender Mann wird durch den Wasserhahn in eine Wasserwelt gezogen und taucht schließlich aus seinem Klosett wieder auf. Ein Mann beobachtet eine unheimliche Gestalt mit einer Schubkarre, die so lange Passanten folgt, bis denen ein Unglück widerfährt, und dann die Leichen wegkarrt. Schließlich ist die Gestalt hinter ihm her. Ein Mann begräbt einen toten Vogel unter einem Baum bei seinem Haus. Am nächsten Tag sitzt der Vogel riesenhaft vergrößert auf dem Baum und frißt ihn auf. Der Band wimmelt von solchen mysteriösen Geschichten, die in einer soliden angelsächsischen Tradition stehen. In der Heftmitte ist der "zinehead" beigeheftet, ein Rezensionsmagazin internationaler Comic-Fanzines. Karl Thomsen kennt auch etliche Publikationen aus Europa, neben solchen aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden aber nur noch finnische, griechische sowie den slowenischen "Stripburger" und das baskische "Napartheid". Demnächst kann er auch PLOP vorstellen, und ich hoffe, daß ich Euch bald mehr über kanadische Comics erzählen kann. aa

Treffer # 8 (Juli / August 1999). 92 Seiten, teilweise farbig, DIN A 4, 6 Mark. Thomas Schmitt, Riehler Tal 27, 50735 Köln
Themen dieser Ausgabe sind unter anderem der hessische Chatten-Piccolo-Vertrieb, der 40. Geburtstag der Schlümpfe oder Sammelbilder-Alben. Aufschlußreich war für mich vor allem der Brief eines Sammlers, der sich nach eigener Aussage auf Ladenhüter spezialisiert hat wie zum Beispiel "Pepito, PLOP, Kobra oder Bastei-Serien wie Dennis, Heidi oder Biene Maja". Womöglich meint er damit die alte Pabel-Serie. aa


Tremor Comics # 3 bis 7. 36, bzw. 44 Seiten, teil-weise farbig (ab # 4 nur noch das Cover), Comic-bookformat, 4.80 Mark. Kreuz + Quer Verlag, C. Schadow, Triftstraße 5, 06114 Halle/ Saale
Dieser Packen von etwa 200 Seiten Comics nötigt einem zunächst mal schon Respekt ab: Beachtlich, was die Kollegen in Halle/Saale (für Ost-Ignoranten: liegt in der Nähe von Leipzig) da auf die Beine stellen - auf bestem Papier und in hervorragendem Druck. Sie haben eine ganze Reihe bemerkenswerter Zeichentalen-te an der Hand. Nur gelegentlich kommt mir mal je-mand bekannt vor (zum Beispiel Diana R. Sassé oder Frank Schmolke mit einer Story von Mille). Die übri-gen Leute scheinen alle original sachsen-anhaltini-sche Talente zu sein, und ich wüßte gern mehr darüber, wie diese Comic-szene aussieht. Die neueste Ausgabe wird von Modern Graphics und Manfred Ilse-manns Karicartoon Verlag mitvertrieben. Die Auflage scheint also auch nicht mehr ganz niedrig zu sein. Was Jo84 schon an den ersten beiden Ausgaben gestört hat, finde ich leider immer noch bestätigt: Inhaltlich sind die Beiträge manchmal recht flach, bemüht witzig oder nicht ganz geschmackssicher. Hätte Christian Schadow einen oder zwei gute Szenaristen an der Hand, könnte Tremor Comics ein wirklich gutes Magazin sein. aa


Glenn Danzig / Duke Mighten / Simon Bisley: Satanika # 1 und 2. Je 36 Seiten, farbig, Comic-bookformat, 7,90 Mark. Extrem Erfolgreich Enterprises
Nach "Death Dealer" ist "Satanika" die zweite Reihe aus Glenn Danzigs US-Verlag "Verotik", die EEE auf deutsch bringt. Wie gewohnt liegt der Schwerpunkt der "Handlung" auf Metzelszenen, nackter Haut und explizit dargestellten Sex-Szenen. Wer nun meint, die Reihe könnte mich nicht gerade begeistern, der irrt. Denn "Satanika" setzt in Zeichenstil und vor allem Farbgebung neue, kaum zu überbietende Maßstäbe. Glenn Danzigs Story muß einfach zur Belanglosigkeit degradiert erscheinen angesichts des meisterhaft aus-geführten Artworks von Duke Mighten. Satanika, eine Dämonin mit Hufen, Flügeln und "höllisch" gutem Körperbau taucht aus dem Nichts auf. Erinnerungsfetzen aus ihrer Vergangenheit lassen erkennen, daß sie eine Gejagte ist, denn der Dämonenlord Dalkiel will sie tot sehen. Nach wie vor finde ich es gut, auch solche Comics unzensiert dem Markt zugänglich zumachen. Im Kampf gegen die Zensur wurde lange genug gekuscht. Logisch, daß das Heft eingeschweißt und ab 18 ist. Das Variant-Cover ist 1:4 und komplett geprägt. Jo84




Frida Bünzli: Ritterhaus Bubikon. 48 Seiten, farbig, Überformat, Hardcoveralbunm, 29,80 Mark. Edition Moderne
Der vorliegende Comicband behandelt Geschichten, die sich zwischen dem 12. und 18. Jahrhundert so oder ähnlich im Ritterhaus Bubikon abgespielt haben, das im Jahre 1192 zur Zeit der Kreuzzüge von Diethelm von Toggenburg gestiftet wurde. Jede der Geschichten dieses Hauses, das jetzt das Johannitermuseum Bubikon im Zürcher Oberland beherbergt, wurde vom Historiker Markus Brühlmeier genau recherchiert. Da Historiker für gewöhnlich versuchen, möglichst genau die Vergangenheit zu rekonstruieren, Comiczeichner jedoch den Spaß den Tatsachen vorziehen, ist das Ergebnis natürlich eher ein spekulatives Werk, dem zwar historische Tatsachen zugrunde liegen, das aber den Schwerpunkt auf das Amusement des Lesers legt. Schmunzeln muß man schon, wenn man sich die Anekdoten über Tragiken, Sitten und Begebenheiten der Geschichte so vor Augen führen läßt. Frida Bünzli liefert handwerklich gute Arbeit ab. Die eher dezente Colorierung lenkt nicht vom Text ab, und man bekommt etliches Geschichtswissen mit aus dem Werk. Der Leser wird mit dem Band zufrieden sein, und die Ritterhausgesellschaft Bubikon ist's sicher auch. Jo84

Glenn M. Bülow: Kowalski, die alte Sau. 64 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, 24.80 Mark. Eichborn
"Ein starkes Stück Deutschland! Die erste Comicserie übers Ruhrgebiet" lautet Eichborns Werbespruch über "Kowalski". Und Werbung hat das Album auch bitter nötig, denn es wirkt auf den ersten Blick nicht gerade ansprechend. Hauptperson des Machwerks ist Horst Kowalski, Mitte 40, arbeitsloser Fliesenleger, der nach seiner Scheidung wieder bei seinen Eltern Fritz und Renate wohnt und Hansapils und Nachmittagsspiel-shows zu Lebensmittelpunkten erklärt hat. So weit, so gut. Leider kann Glenn Bülows Humor nicht mit dem seines Namensvetters Vicco von mithalten. Die Gags sind einfach unwitzig. Die Zeichnungen selbst sind höchstens Mittelmaß und dazu noch fürchterlich schlecht getuscht. Auch die Colorierung ist dilettantisch - zwar ist das Farbgefühl Bülows nicht schlecht, aber überall sind Markerspuren zu sehen, was wirklich einen schlechten Eindruck macht. Am abstoßendsten ist aber das unsägliche "Lettering", welches streckenweise sieben Millimeter groß und insgesamt fürchterlich schief ist. Demzufolge sind manche Sprechblasen mit nur 20 Wörtern größer als die Bilder, die vom Text erdrückt wirken. Insgesamt ist einfach alles falsch gemacht worden, was man überhaupt falsch machen kann, und es ist ein Armutszeugnis für Eichborn, so einen Scheiß zu veröffentlichen, obwohl es tausende von besseren Comiczeichnern in Deutschland gibt. Jo84



Philippe Coudray: Barnabas der Bär # 1. Bärenstark. # 2. Große Klasse. Alben. Carlsen
Einer der sympathischsten Neuzugänge ist zweifelsohne diese Bärenserie mit sinnigen Onepagern. Man muß schon ein paar Seiten lesen, bevor man in Bar-nabas' parabelhafte Logik einsteigt. Auch die naiven, meist im Profil gezeichneten Tiergesichter sind gewöhnungsbedürftig. Wäre schön, wenn es trotzdem ein paar Leute kaufen. Literarisch und trotzdem jugendfrei - das ist selten. Herod



Paul Grist: Kane - Leben in Eden. 120 Seiten, s/w, Taschenbuch (17 mal 22,5 Zentimeter), 29,90 Mark. Carlsen
Carlsens Gedanken gehen merkwürdige Wege. Anscheinend in Ermangelung qualitativ guter Mangas und um auch die Publikation unbekannterer amerikanischer, frankobelgischer oder deutscher Zeichner im Pseudomangastil anleiern zu können, wurde nun eine Art neue Reihe geschaffen, in der bereits etliche Bände angekündigt sind. Diese Reihe trägt keinen Namen, die Titel verschiedenster Autoren sind jedoch optisch aufeinander abgestimmt, haben alle das merkwürdige Format, typisches Mangapapier und das S/w-Konzept gemeinsam. Den Anfang macht der erste Band von Paul Grists "Kane", dessen Zeichenstil mich nicht begeistern kann. Nichts gegen Schwarz-weiß, im Gegenteil - Frank Millers "Sin City" oder Werke von Didier Comés gehören zu meinen Lieblingscomics. Beschränkt man sich aber auf Schwarz-weiß, muß man eben ganz schön was können. Grists Stil ist eher simpel, und die agierenden Personen, irgendwo zwischen halbrealistisch und stümperhaft gezeichnet, sind für einen "Comic noir", der dieser Comic sein will, unpassend. Das ist schade, denn die Stimmung kommt schon rüber, wenn er Hausfassaden, Treppen-stufen oder Gebäude von innen zeichnet. Textlich hat mir der Band leider nichts geboten. Offen gestanden hat mich das Lesen gelangweilt. Der Preis ist dann noch der Hammer - so unverschämt überzogen war er bei Carlsen schon ewig nicht mehr. Naja, wartet etwas ab. Die Reihe wird in spätestens zwei Jahren sowieso verramscht. Jo84



Andreas Dierßen: Kunz. 104 Seiten, s/w, Taschenbuch (17 mal 22,5 Zentimeter), 29,90 Mark. Carlsen
Band 2 der merkwürdigen "Reihe" zeigt, daß es auch besser geht. Andreas Dierßen, bekannt durch seine äußerst gelungenen Alben innerhalb der Ehapa Comic-Collection-Reihe präsentiert hier eine Figur, dessen Abenteuer für das japanische Magazin "Morning" des Kodansha-Verlags entwickelt wurde. Wenn Europäer Mangas zeichnen, fällt das ja manchmal etwas merkwürdig aus, denn der Markt dort folgt eigenen Gesetzen, die man beachten muß. Dierßen schafft dies, ohne sich zu verbiegen. die drei Kurzgeschichten dieses Buchs um den Privatschnüffler mit Polizeivergangenheit Kunz ähneln konzeptionell den Kurzgeschichten aus seinen Alben, nur eben, daß sie den Schwerpunkt aufs Bild und nicht auf den Text legen. Man sieht, daß Dierßen für diese Arbeit, die 1995 entstand, viele Mangas konsumiert hat. Das Ergebnis dürfte sowohl für Japaner wie auch für Deutsche als gelungen bezeichnet werden. Höchstens die zugematschten Grautöne geben Anlaß zur Kritik - hier wären Rasterfolien angebrachter gewesen. Natürlich hat man den Band in zehn bis 15 Minuten durch, und der Preis bleibt eine Frechheit, aber ansonsten gefallen mir Text und Umsetzung gut. Jo84

Hergé: Tim und Struppi # 23. Tim und der Haifischsee. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 16,90 Mark. Carlsen
Der Carlsen Verlag feiert dieses Jahr "70 Jahre Tim und Struppi". Pünktlich zu diesem Anlaß liegt nun der letzte Band in neuer Bearbeitung und somit die komplette Reihe in chronologischer Folge vor. "Tim und der Haifischsee", in der alten Edition schon länger nicht mehr lieferbar, ist, wie Fans wissen, kein von Hergé wirklich gezeichneter Comic, sondern von dem gleichnamigen Zeichentrickfilm abfotografiert und als Album aufbereitet. Grafisch ist der Band natürlich ein absoluter Höhepunkt. Die plastischen Hintergründe lassen das Album sehr lebendig erscheinen. Textlich ist es jedoch nicht wirklich gut ausgearbeitet. Viele der Szenen des Films fallen weg, um mit 48 Seiten in der Adaption auszukommen. Außerdem ist der Film auf visuelle Gags und Bewegungsabläufe aufgebaut, die im Comic natürlich nicht wirken können. Einige Hand-lungsstränge werden in Textkästen zusammengefaßt, was recht ungewohnt ist. "Tim und der Haifischsee" ist eigentlich kein wirklich gutes Album, sondern vor al-lem für Hergé-Fans interessant. Die werden es Carl-sen allerdings danken, das Album von 1972 noch ein-mal aufzulegen. Jo84




Hergé: Werkausgabe # 1 und 2. 184, bzw. 156 Seiten, teilweise farbig, Hardcoveralben, 64 Mark (Einzelband), bzw. je 48 Mark (Abo). Carlsen
superlanger Ausschnitt aus dem ersten Tim Album
Da ist sie also nun, die schon länger angekündigte und verschobene Werkedition von Hergé, die sein Lebenswerk mehr oder weniger komplett vorstellen und mit Artikeln über ihn abrunden soll. Der erste Eindruck ist sehr gut, die Aufmachung exquisit und der Preis zumindest für Abonnenten gerechtfertigt. Bei näherem Betrachten gibt es jedoch auch Kritikpunkte, die Zweifel aufkommen lassen, ob sich der Kauf dieser kom-pletten Edition lohnt. Band 1 publiziert Hergés erste beiden Comics, "Totor" (der als direkter Vorläufer von "Tim und Struppi" gewertet werden kann) und "Tim im Lande der Sowjets". Die Einführung fällt mit einer Seite plus vier farbigen Bildern Hergés recht dünn aus, zumal ein Werdegang Hergés oder Dokumente/Fotos aus Kinder- und Jugendzeit komplett fehlen. "Totor" selbst, immerhin von 1926, ist natürlich so grottenschlecht (betrifft Inhalte wie auch Druckvorlagen), daß sowas nicht mal ein mittelmäßiges Fanzine heutzutage drucken würde. Die Einführung zu "Tim im Lande der Sowjets" ist schon gründlicher, wenngleich ich mir noch mehr seltene Illustrationen oder Dokumente gewünscht hätte, und der Comic selbst für Komplettisten hochinteressant. So erfährt man zum Beispiel, daß Hergé auch drei Monate lang die Serie "Les Aventures de Flup, Nenesse, Polisette et Cochonnet" illustrierte. Es gibt jedoch nicht mal eine einzige Abbildung, geschweige denn ganze Seiten. Band 2 enthält die kompletten acht Einseiter "Der brave Herr Mops" sowie die Bände "Tim im Kongo" und "Tim in Ameri-ka". "Herr Mops" ist einfach wunderbar, und da er für Hergés Gesamtwerk unbedeutend ist, ist auch seine schnelle Abhandlung verständlich. Unverständlich, um nicht zu sagen grenzenlos dämlich war allerdings die Entscheidung, jeweils die neuesten Versionen der "Tim und Struppi"-Arbeiten in die Werkedition mit aufzunehmen. Schließlich wurden in den letzten Monaten erst alle "Tim und Struppi"-Bände neu aufgelegt, die der Fan sich natürlich schon alle zugelegt hat und jetzt noch einmal kaufen soll. Und wo liegt der Sinn in einer kleinauflagigen Luxusversion, die sich vor allem an Sammler richtet, die eben das eher seltene Werk von Hergé interessiert? Wie schön wäre es gewesen, die ursprünglichen Versionen abzudrucken, die größtenteils nicht mehr lieferbar sind und völlig überteuert feilgeboten werden, oder die zweiten Versionen (von den meisten "Tim und Struppi"-Alben gibt es drei Versionen). Auch hier wurde mit Illus gegeizt. So werden zum Beispiel nur zwei der vier existenten Farbzeichnungen zu frühen Albenausgaben abgedruckt, und der verbleibende Platz mit einer unnötigen Bildvergrößerung aus dem folgenden Album gefüllt. Wieder gibt es keine Angaben zu Hergés Leben jenseits des Comicschaffens, und Kritik zur Person Hergés verbietet der Lizenzgeber sowieso. So sind die Werkeditionen zwar insgesamt ganz gut, aber aufgrund der beschriebenen Mängel lange noch nicht das Nonplusultra. Jo84

Albert Algoud: Hunderttausend Höllenhunde - Haddocks Einmaleins des Fluchens. 94 Seiten, farbig, DIN A 5 quer, 22 Mark. Carlsen
Wer hat sich beim Lesen von "Tim und Struppi" noch nicht über den Ideenreichtum gewundert, den Captain Haddock an den Tag legt, wenn es darum geht, seine Wut verbal zu entladen? Wer schon immer mal wissen wollte, was eigentlich hinter Haddocks Fluchkultur steckt und was Worte wie "Ikonoklaste ", "Troglodyten" oder "Antipoden" wirklich bedeuten, hat hier die Möglichkeit, in diesem Fluchlexikon nachzuschlagen. Ein erheiterndes und äußerst lehrreiches Buch und eine wirklich gute Idee für den 70. Geburtstag von Tim und Struppi. Jo84


Jean-Michel Charlier / Victor Hubinon: Buck Danny # 34. Ghost Queen. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 19,90 Mark. Carlsen
Juhuu, es ist vollbracht! Mit Band 34 legt Carlsen endlich den letzten noch fehlenden Buck Danny-Band vor, so daß die Serie jetzt erstmals komplett auf deutsch vorliegt. Texter Charlier und Zeichner Hubinon schufen den Klassiker 1977 - Fans durften also satte 22 Jahre auf die Veröffentlichung warten. Für Fans, die schon seit der alten Bastei-Reihe "Rex Danny" dabei waren, war die Wartezeit besonders übel. "Ghost Queen" ist nämlich der Abschlußband eines Dreiteilers, dessen erster Teil 1974 noch als Heft 30 der Reihe publiziert wurde, bevor sie den Bach runterging. Auch nach 25 Jahren Wartezeit wirkt der Comic erfrischend modern und neben allen militär- und vaterlandsverherrlichenden Platitüden zumindest recht spannend. Trotz aus heutiger Sicht ideologisch bedenklich wirkender Heroisierung und kritikloser Schwarzweißmalerei fasziniert mich die Reihe mehr denn je, die - mit dem nötigen Abstand betrachtet - auf alle Fälle hervorragend unterhalten kann. Jo84


Amanda Davidson / Heidi Bruhn: Teddys erster Weihnachtsabend. Carlsen
Auch diesen Band schickte mir der Carlsen-Verlag zu, und wie die Petzi-Hardcovers ist auch hier ein Bilderbuch-Stil gewählt, der Comicfans gefällt: prägnant, de-tailliert, nicht zu experimentell und hier stellenweise in noch mehr Bewegungsphasen als im Comic. Das Buch hat mir auch außerhalb der Weihnachtssaison gut gefallen. Let's heal the world! Zurück zum Bilderbuch! Herod


David Gilbert: Beule # 1. Wir wollen nur dein Bestes. 48 Seiten, s/w mit Farb-umschlag, über DIN A 5 Querformat, Softcover, 14,90 Mark. Carlsen
Im Fahrwasser von "Der kleine König der großen Tiere" plant Carlsen wohl nun mehrere Strip-Reihen. Dabei darf's wohl auch eine Nummer größer sein, denn David Gilbert versucht, auf Teufel-komm-raus Bill Wattersons ("Calvin & Hobbes") Zeichnstil zu kopieren. Bei Thematik und Humor orientiert er sich ebenso schamlos bei "Garfield". Eine Mischung aus beidem klingt zunächst gar nicht so schlecht, wirkt aber beim Lesen derart flach abgekupfert, daß es einem fast hochkommt. Ein bißchen eigenständiger muß es schon sein, denn eine derart dreiste Kopie auf niedrigerer Stufe braucht wirklich niemand. Jo84


Mark O'Hare: Citizen Dog # 1. Das Geheimnis wahrer Freundschaft. 48 Seiten, s/w mit Farb-umschlag, über DIN A 5 Querformat, Softcover, 14,90 Mark. Carlsen
Carlsens zweite neue Strip-Reihe "Citizen Dog" präsentiert sich wesentlich eigenständiger als "Beule". Zwar ist das Grundthema das gleiche (kluger Hund lebt praktisch auf einer Stufe mit seinem Besitzer), die Gags sind jedoch besser, und alles ist sehr lebendig in Szene gesetzt. Hund Fergus und Herrchen Mel essen am selben Tisch, schlafen in einem Bett - und wenn es Probleme in der Freundschaft gibt, suchen sie gemeinsam den Psychiater auf... Insgesamt ist der Band wirklich nicht schlecht. Jo84


Pat Lee / Adrian Tsang: Darkminds # 1. 48 Seiten, farbig, Comicbookformat, 4,95 Mark. Generation
Generation Comics ist ein Unterlabel von Marvel Deutschland, das hier eigentlich verlagsfremde Comics (in diesem Fall Image) auf deutsch präsentiert. Nach der Reihe "Darkchylde" legen Generation jetzt "Darkminds" vor, ein Comic, der so ziemlich das beste ist, was man sich auf dem Heftchenmarkt zulegen kann. Die Handlung spielt auf der Erde im Jahr 2032, die finster und trostlos dargestellt wird. Einsam und anonym leben die meisten Menschen in riesigen Metropolen. Ein weltweites Computernetzwerk bildet das Rückgrat der Gesellschaft, die seit einigen Jahren durchmischt ist von Androiden und gefühllosen Robotern. Die Welt wird von riesigen Konzernen beherrscht, gegen die selbst Regierungen machtlos sind. Die Verbrechensrate ist hoch. In einer der großen Städte gibt es einen Serienkiller, der seine Opfer mit unheimlichen und unerklärlichen Methoden ermordet. Der Agent Nagawa übernimmt die Ermittlungen. Zusammen mit einem Cyborg soll er den Mörder finden - und zwar schnell. Die Schöpfer Pat Lee und Adrian Tsang schufen mit "Darkminds" einen düsteren Science Fiction-Thriller, der zu gleichen Teilen durch amerikanische Superheldencomics und Animes wie "Ghost in the Shell" beeinflußt wurde. Die Synthese aus diesen beiden Genres besticht vor allem durch die hervorragend düstere Colorierung, die meist in nur wenigen Farben gehalten ist, und die Computerbearbeitung verstärkt die visuellen Stärken des Comics. Die deutsche Bearbeitung ist erstklassig, das Papier viel besser als das der Originalausgaben. Natürlich erschien von dem ersten Heft auch ein Variantcover (Auslieferung 1 : 1), auch bei Folgeausgaben ist dies wahrscheinlich. "Darkminds" ist jedenfalls ein ganz heißes Heft, das man unbedingt haben sollte. Jo84




Bernd Pfarr: Alex der Rabe. 44 Seiten, farbig, Überformat-Hardcoveralbum, 29.80 Mark. Edition Moderne
Der Max- und Moritz-Preisträger von 1998 Bernd Pfarr hat endlich mal wieder in Buch auf den Markt gebracht, das zu hundert Prozent ein Comic ist und nicht ganz so schräg wie seine ganzseitigen Illustrationen und Gags in Öl. Es fällt auf, daß über 80 Prozent von Pfarrs Büchern mittlerweile restlos ausverkauft sind - zu Recht! Alex der Rabe ist eine Figur, die konzeptionell an ältere Figuren wie Dulle oder Sondermann erinnert. Wieder ist alles besonders krumm und schief gezeichnet, wobei der Humor der zart kolorierten Einseiter erstaunlich bodenständig ist. Er erinnert mich an die besten Einseiter von Donald Duck, in denen die Schrulligkeit der Protagonisten zur Freude des Lesers Höhenflüge vollführt. Dieser hervorragende Band beweist, daß auch Pfarr in seinem Leben eine Menge Dr. Erika Fuchs studiert hat. Jo84

Lutz Mathesdorf / Kim Schmidt: Gib Gummi. Softcoveralbum. Carlsen
In angenehm preiswerter Softcovergestaltung bemüht sich Carlsen weiter um preiswert-ordentliche Kiosk-Unterhaltung. Nett gemacht, nicht mehr. Wann kommen Comics über Moshammer oder Thomas Gottschalk? Herod




Walter Moers: Feuchte Träume. 68 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, 24,80 Mark. Eichborn
Der Vergleich von "Kowalski" mit dem neuesten Comicbuch von Walter Moers zeigt, warum der gute Wal-ter Kultstatus genießt und einer der wenigen Zeichner Deutschlands ist, die trotz Genialität auch kommerziell erfolgreich sind. Der Humor Walters ist ja eher geschmacklos, allerdings so geschmacklos, daß es schon wieder herrlich provokant und erfrischend ehrlich wirkt - und vor allem neu. Denn wo hat man schon Onomatopöien wie "In-den-Hals-piss" oder "Zusammen-abspritz" gelesen. Allerdings beschränkt sich Walter nicht auf Fäkalhumor. Gnadenlos sind seine durchaus selbstkritischen Analysen von "feuchten Träumen" oder Themen, über die sich noch nie jemand Gedanken gemacht hat (kotzende Vögel, Dandys im Jahr 2000, besser Schnorren mit Shakespeare). Absolutes Highlight ist übrigens seine Superheldenparodie "Klettmann", die zum Totlachen ist und nebenbei noch aufzeigt, wie bescheuert die Superheldencomics eigentlich sind. Das Ende des Bandes stellt ein dreiseitiger Schwarzweiß-Traum von Moers ohne Text dar, den man selbst texten und an den Verlag schicken kann. Es ist allerdings nicht ganz einfach, Moers' Wortwitz zu übertreffen - trotzdem viel Glück! Jo84

Morvan / Buchet: Sillage # 1. Feuer und Asche. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 19.90 Mark. Carlsen
Als einzige Überlebende eines Raumschiffabsturzes lebt die junge Nävis auf einem paradiesischen Dschungelplaneten. Doch ihre idyllischen Tage sind gezählt, denn im selben Universum suchen die Hottarden nach neuem Lebensraum. Sie gehören zu dem gigantischen Weltraumkonvoi Sillage, dessen zahllose Lebensformen in Raumfähren wie eine Sternenspur durch das All ziehen. Als ihr Planet entdeckt wird, beginnt für Nävis und ihre Welt der Überlebenskampf. Carlsens neueste Science Fiction- und Fantasy-Reihe beginnt mit einem furios gezeichneten ersten Band mit vorläufig offenem Ende. Die Colorierung ist hervorragend, genau die richtige Mischung aus grell und dezent, und dank der Computereffekte wirkt alles sehr plastisch. Die Story selbst ist nicht gerade ein Hammer. Die Verknüpfung der Genres Science Fiction mit seltsamen Außerirdischen jeglicher Art und Fantasy mit seiner halbnackten Heldin, merkwürdigen Tieren, Dschungel und Zauberkräften ist jedoch geschickt und verdoppelt das potentielle Publikum. Insgesamt kein schlechter Band, jedenfalls besser als so einiges, was sonst so auf den Markt kommt. Jo84


Christian Moser: Goethe - die ganze Wahrheit. Ca. 100 Seiten, farbig, Taschenbuch, 10 Mark. Knaur
So ist es recht - als Gegenpol zu den ganzen bierernsten Veröffentlichungen zum Goethe-Jahr bringt der Knaur-Verlag nun eine nicht ganz ernst gemeinte Biografie heraus, die amüsiert und trotzdem in etwas über Goethes Lebensweg informiert. Mit Christian Moser hat der Verlag hierfür einen echten Glücksgriff getan. Der aus dem Umsonst-Heft "Comicstrich" bekannte Münchner gehört schon seit langem zu den qualitativ besten Comickünstlern Deutschlands. An diesem Buch gibt es jedenfalls weder textlich, zeichnerisch noch farblich etwas zu meckern. Jo84


Francine Oomen: Hör mal, Brummel. 10 Seiten, Hardcover-Bilderbuch.
Ein sehr poppiges Bilderbuch für die ganz Kleinen. Brummel (eigentlich Bollie) ist in vielen leicht verständlichen Aktionen zu sehen, in denen er Geräusche macht. Sozusagen das erste Briefing für Soundwords im Comic. Die neue Lesergeneration muß früh geschult werden. Herod




Lewis Trondheim: Approximate Continuum Comics. 160 Seiten, s/w, Softcoveralbum, 39,90 Mark. Reprodukt
Fans des Comic-Humoristen Lewis Trondheim mußten lange auf seine neueste Veröffentlichung warten., Das vorliegende Buch entstand bereits 1993/94 für den französischen Verlag "Editions Cornélius" und war hierzulande bereits seit Monaten angekündigt. Etwas über die Person Lewis Trondheim zu erfahren, ist gar nicht so einfach, denn der Name ist ein Pseudonym. "Approximate Continuum Comics" ist wohl die beste Möglichkeit, etwas über Trondheim zu erfahren. Denn das Buch ist eine Art autobiografische Umsetzung seiner Person und Gedankenwelt. Daß seine Selbstkritik teilweise harscher nicht ausfallen kann, ist natürlich für den Leser um so amüsanter. Lewis Trondheims bisherige Werke zeigten schon, daß dieser sowohl ein Meister der subtilen Komik als auch des zu Papier gebrachten Slapstick-Humors ist. Bisher ist nur ein winziger Bruchteil seines immensen Schaffens überhaupt auf deutsch verfügbar. Autobiografisch geht "Approximate" natürlich auch auf Teile seines Werks ein, sofern sie bis 1994 schon vorlagen. Witziger ist aber, wie Trondheim immer wieder in Tagträume abgleitet, um dann desillusioniert wieder in die Realität zu finden. Aber es finden sich natürlich auch Erinnerungen an schöne Momente, wahre Begebenheiten und essentielle Lebensweisheiten. Ein hervorragender Band, an dem man auch lange liest - was man bei dem Preis jedoch auch erwarten kann. Jo84



Lewis Trondheim: Herrn Hases haarsträubende Abenteuer # 3. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 19,90 Mark. Carlsen
"Haarsträubend" ist eigentlich hier nicht die richtige Bezeichnung für Herrn Hase und seine Freunde, die sich diesmal im Skiurlaub befinden. Anders als zum Beispiel in Band 1 spielt die Begebenheit in der Jetztzeit und schildert eher einen Zeitabschnitt mit alltäglichen Situationen. Die vier Freunde verbringen einen alltäglichen Skiurlaub mit Höhen und Tiefen, der auch geprägt ist von den Lebensweisheiten, mit denen alle um sich werfen. "Herrn Hase" ist ein Funnycomic, und das Album ist auch recht witzig gemacht, obwohl oder gerade weil das Szenario so belanglos und real ist. Auf Slapstickeinlagen verzichtete Lewis Trondheim diesmal weitgehend. Dabei schafft er es leichtfüßig, aus bestimmten Situationen Lebensweisheiten auf den Punkt zu benennen, über deren Inhalte man so nebenbei tatsächlich mal nachdenkt. Insgesamt also ein empfehlenswertes Album, das auf mehreren Ebenen zufriedenstellt. Jo84


Lewis Trondheim: Die Fliege. 112 Seiten, s/w, Softcoveralbum, 19,90 Mark. Reprodukt
Schon etwas länger gibt es den Band "Die Fliege". Dieser Funny-Manga ohne Worte entstand ursprünglich für den japanischen Markt und wurde dort ein recht ansehnlicher Erfolg. Trondheim entschloß sich, noch eine europäische Version zu zeichnen, die hier vorliegt. Die Geschichte um die Fliege ist ziemlich seltsam. Die Hälfte des Bandes zeigt das Leben einer Fliege, wie es sie tatsächlich geben könnte, der Rest des Bandes behandelt die wilde Spekulation, was passieren könnte, wenn diese Fliege immer weiter wachsen würde. Da das Buch keinen Text hat, ist man schnell fertig damit, fühlt sich aber auf sympathische Weise unterhalten. Jo84

David Quinn / Hannibal King: Blythe. Night Vision # 1 (von 3). 64 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 11.90 Mark. Extrem Erfolgreich Enterprises
Zeitgleich mit "Gunfighters" startete "Nightvision", die Geschichte in drei Heften um eine Art Vampirmäd-chen namens Blythe. Texter David Quinn lieferte schon in "Faust" eine gute Arbeit ab, in "Nightvision" steigert er sich noch und liefert in sich schlüssige, mitunter etwas pathetische Kurzstories, von denen jeweils drei eine Ausgabe füllen. Zeichner Hannibal King ("Magic: The Gathering") liefert ebenfalls eine professionelle Arbeit ab, und Tuscher Jeff Austin steigert sich ab der zweiten Story zu einer klareren Linie als am Beginn. David erzählt uns hier die Geschichte einer Frau, die zu einem sogenannten Tracer wurde. Sie ist das letzte überlebende Ergebnis eines bizarren genetischen Experiments aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Wir begleiten sie auf der Suche nach dem Sinn ihrer Existenz. Blythe bekam durch das Experiment vampir-ähnliche Fähigkeiten, altert zum Beispiel nicht, ist aber trotzdem kein edles Geschöpf der Nacht. Wenn überhaupt, ist sie eine Vampirin des Aids-Zeitalters, des ausweglosen desillusionierenden Milleniums. Mir hat das Lesen der Erstausgabe Spaß gemacht, auch wenn die zweite und dritte Story etwas wirr sind und die gesamte Konzentration erfordern. Es existiert ein Variant-Cover (1:4), das ebenso wie das reguläre Cover von Hannibal King exklusiv für EEE erstellt wurde. Jo84


Joe Vigil / David Barbour: Gunfighters in Hell # 1 (von 5). 36 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbook-format, 6,90 Mark. Extrem Erfolgreich Enterprises
EEE präsentieren ihre neue Reihe, die natürlich eben-so wie die letzten dem Splatter-Genre zuzuordnen ist. Joe ist der kleine Bruder von Tim Vigil, der mit "Faust" einen der erfolgreichsten EEE-Titel schuf. Leider ist Joe zeichnerisch nicht ganz so gut wie sein Bruder, steht ihm jedoch an Gewaltdarstellungen und Aus-drucksstärke in nichts nach. Der Text von David Bar-bour beginnt seltsamerweise im Jahr 1993, zoomt dann auf Adolf Hitler, der in der Hölle versucht, bessere Bilder zu malen als auf der Erde, um dann den Gunfighter bei der Haupthandlung zu begleiten. Der mit viel Splatter angereicherte Trash wird von fünf verschiedenen Leuten mal besser und mal schlechter getuscht. Zwar kann man noch nicht so recht sehen, ob sich textlich in den nächsten vier Heften noch viel tut. Ich glaube aber, einem Vergleich mit "Faust" oder beispielsweise "Dead Hunter" kann die Serie qualitativ nicht standhalten. Heft 2 war für Juli 1999 angekündigt und ist bis Ende August noch nicht erschienen. Jo84




Bo-doi # 20 (Juni 1999). 100 Seiten, farbig, Softcoveralbum. 35 Francs. LZ Publications
Jeder weiß, daß die Comicszene von Frankreich und Belgien der deutschen haushoch überlegen ist. Deshalb gibt es für erwachsene Magazinfreunde hierzulande nur ein bis zwei selten erscheinende "Titten-und-Arsch "-Magazine, und in Frankreich gibt's "Bo-doi". "Bo-doi" präsentiert die jeweils aktuellsten Geschichten der Creme der frankobelgischen Künstler plus Artikel, News, seltene Illustrationen und Berichte. Highlights der Ausgabe 20 sind zum Beispiel der lange Bericht über das Werk von Moebius (der auch das Cover beisteuert), der dritte Teil des neuen Hermann-Comics "Wild Bill", neue Comics von Max Cabanes, Yann und vielen anderen Leuten, die hier kein Mensch kennt. Besonders gefiel mir hier Stéphane Levallois, der einen schönen und eigenständigen Stil hat. "Bo-doi" ist jedenfalls ein sehr gutes Magazin, und wer des Französischen mächtig ist, sollte es ruhig mal antesten. Einzelne Ausgaben oder Abos kann man über den Hummel-Versand beziehen. Jo84

Dritte Welt Information: Der tägliche Wahn. 16 Seiten, s/w mit zwei Zusatzfarben, DIN A 4, 2,90 Mark. Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, Postfach 500 550, 60394 Frankfurt/Main. Der gelbe Kuß. 28 Seiten, s/w mit Farbcover, 21 mal 25 Zentimeter. Banafair e. V., Langgasse 41, 63571 Gelnhausen.
Es gibt zwar in Deutschland nur wenige Veröffentlichungsmöglichkeiten für professionelle Comiczeichner - aber es gibt sie. Gerhard ("Gischbl") Mauch hat mir jetzt einen Stapel seiner Veröffentlichungen zugesandt, die sich überwiegend im Bereich Eine-Welt-Engagement bewegen. Da kommt es zwar auf Überzeugung und Idealismus an, aber ein paar Mark wird der freie Grafiker Mauch schon damit verdienen. Vor allem ist er aber wirklich Profi. Sein Zeichenstil ist aufwendig und ausgefeilt, und er kann Politiker oder Showstars zielsicher karikieren. Die Inhalte werden ihm von der jeweiligen Redaktion vorgegeben. Sehen wir uns die beiden wichtigsten seiner Publikationen aus dem Paket etwas näher an: "Der tägliche Wahn" ist ein Arbeitsheft für den Unterricht, konzipiert von der Dritte-Welt-Abteilung des Evangelischen Pressedienstes. Konsumgewohnheiten von Jugendlichen werden hier kritisch hinterfragt. Bei "Der gelbe Kuß" geht es gezielt um die globale Bananenvermarktung und wie damit die Produzenten in den sogenannten Entwicklungsländern unterdrückt und ausgebeutet werden. Die "faire" Vertriebsorganisation Banafair benutzt das Heft für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Interessanterweise stellt der Bananenhändler sein Thema ausführlicher und differenzierter dar als der Evangelische Pressedienst. "Der tägliche Wahn" ist eine Aneinanderreihung von schrillen Szenen. Es wird mehr Wert darauf gelegt, Tonfall und Perspektive von Jugendlichen zu treffen, als Zusammenhänge und Hintergründe darzustellen. Zum Beispiel: Dumpfe Konsumtrottel kaufen im Supermarkt ein; zwei Journalisten machen sie per Umfrage darauf aufmerksam, daß bei der Produktion vieler Waren Kinderarbeit im Spiel ist; eine Frau stapelt alle ihre Einkäufe vor die Kasse und geht. Es ist schon richtig, daß sich ungerechte Wirtschaftsstrukturen wahrscheinlich nur durch ein verändertes Konsumentenverhalten ändern lassen. Aber sollte man Schüler auf so plumpe Weise indoktrinieren? Die Bananen-Story ist zwar ähnlich plakativ, betrachtet ihr Thema aber von verschiedenen Seiten: Man erfährt etwas über die Zustände auf Bananenplantagen, und die Vermarktungsstrategien von Bananen werden untersucht. Mittels eines Amuletts, das ein Bananenarbeiter in Costa Rica verliert und das eine Bananenkäuferin in Deutschland findet, sollen wohl Handlungsstränge miteinander verbunden werden, was aber am Ende offenbar einfach vergessen wird. Für solche inhaltlichen Mängel ist Zeichner Gerhard Mauch allerdings wohl kaum verantwortlich zu machen. Er macht seine Sache sehr gut. Im Bananen-Band sieht man auch noch einige Strips seiner Werbefigur "Globi", einer anthropomorphen Weltkugel - ebenfalls professionell und witzig gemacht. Nach Werken von Gischbl sollte man künftig öfters mal Ausschau halten. aa




ICOM-Handbuch 1999 erschienen
Es schien eine unendliche Geschichte zu werden. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich Burkhard Ihme schon auf Comicmessen und Conventions mit seinem Apple-Computer und der Demoversion seiner ICOM-CD-Rom und in einer halb optimistischen, halb depressiven Stimmung angetroffen habe. Die Fertigstellung der CD-Rom stand immer kurz bevor, bloß fehlten noch die Beiträge von soundso vielen ICOM-Mitgliedern, und besser solle man schon jetzt die folgende Jahreszahl in den Titel nehmen. Im ICOM intern # 74 vom August 1995 ist das Projekt nach meinen Recherchen erstmals angekündigt worden; Vorsitzender war damals noch Niels Kolditz. Und jetzt ist die CD-Rom samt neuem ICOM-Handbuch also endlich erschienen - ein so überwältigendes Ereignis, daß es Burkhard im neuen ICOM intern (der # 96) nur noch ganz beiläufig erwähnen kann: "Nix neues! Außer daß das ICOM-Handbuch endlich erschienen ist." Ja Wahnsinn. Schön isses geworden, das neue Handbuch, und die CD-Rom ist ein hübsches Spielzeug, finde ich. Für Windows-Nutzer hat die Silberscheibe bloß den Nachteil, daß man sie nur über den Explorer starten kann. Aber sonst bietet sie schon eine Menge, vor allem etliche Zusatzinformationen zu den Mitgliedern und einen insgesamt sehr umfangreichen Art Part. Der Informationsreichtum variiert allerdings von Mitglied zu Mitglied erheblich: Die einen erzählen gleich ihre ganze Lebensgeschichte und/oder präsentieren eine ganze Galerie ihrer gesammelten Werke; bei anderen ist da Fehlanzeige. Ich bin übrigens wohl der einzige, der neben eigenen auch fremde Illustrationen auf der CD-Rom zeigt - von Oliver Ferreira und Mille Möller (die selbst nicht ICOM-Mitglieder sind). Ich stelle mich nämlich nicht als Comiczeichner, sondern als PLOP-Herausgeber vor. Außerdem gibt's auf der CD-Rom Stichwortverzeichnisse zu Fachmagazinen, das Angebot des ICOM Independent Comic Shop, Informationen zur Herstellung von Zeichentrickfilmen und Burkhard Ihme-Comics. Das Handbuch selbst ist auch eine ordentliche Schwarte. Obwohl die Mitgliederzahl im Vergleich zum ersten Handbuch etwas gesunken sein dürfte (vor allem wegen der Bereinigung von Karteileichen und notorischen Nicht-Zahlern - nachgezählt habe ich aber nicht), ist das Handbuch noch dicker als damals. Das liegt vermutlich am deutlich ausgeweiteten Serviceteil. Dort werden reichlich Adressen von Comic-Verlagen und -Redak-tionen, Agenturen, Händlern, Verbänden, Messen und neuerdings auch Museen mit Bezug zu Comics/ Illu-stration/Trickfilm aufgelistet. In Auswahl wird das Ganze auch noch durch internationale Adressen ergänzt. Von meiner PLOP-Reise weiß ich noch, daß die Händlerliste des alten Handbuchs nicht ganz zuverlässig war; aber in dieser Branche wird öfters mal ein Laden zu- oder neu aufgemacht. Wenn man zudem bedenkt, daß der ICOM für den Einzelhandel wie auch für die Verlagssparte kein Pflichtverband ist und sich seine Informationen somit mühsam selbst zusammensuchen muß, ist der Serviceteil doch eine außerordentliche Leistung, die im deutschsprachigen Raum und vermutlich noch darüber hinaus einzig dasteht. Wer auch nur halbprofessionelle Kontakte zur Comic-szene pflegt oder sucht, kommt um dieses Standard-werk nicht herum. Natürlich ist das Handbuch auch eine exzellente Werbung für den ICOM, dessen Vorsitzender Burkhard Ihme hier eine Herkulesaufgabe gestemmt hat. aa

Fright X # 11. 84 Seiten, farbig, 20 mal 25,5 Zentimeter, 2,95 Dollar. Fright X inc.
Ich möchte nicht versäumen, Euch auf das amerikanische Undergroundmagazin "Fright X" aufmerksam zu machen, das sich mit Berichten über Comics, Musik, Film und Medien allgemein beschäftigt. Thematisch werden meist eher abgedrehte Undergroundprojekte abgehandelt, dazwischen manchmal etwas professionellere Sachen wie zum Beispiel in der Nummer 11 ein Interview mit Todd McFarlane. Dieser krude Mix wird visuell hervorragend aufbereitete, die Typografie und das Layout wirken modern, aber trotzdem nicht schwer lesbar. Den größten Teil des Farbhefts machen Rezensionen von Produkten aus aller Welt aus, die meist hierzulande recht unbekannt sind. Aufgelockert wird alles mit Artikeln, Fotos, Interviews und ähnlichem. Highlight ist zum Beispiel ein Bericht über John Muellers Comicserie "Oink". Fright X erscheint dreimonatlich und wirkt auf mich wie das coolste aller Hochglanzmagazine, das sich aber thematisch auf Comic, Musik und Film beschränkt und bedingungslos zu empfehlen ist. Euer Comichändler kann Euch das Magazin über den Previews, Sparte "Magazines" besorgen, und das Preisleistungsverhältnis ist darüber hinaus einfach unschlagbar. Jo84


Mad # 9. Dino
Es gibt wieder Mad! Nach mehreren Mad-losen Jahren ist das Satire-Blödel-Mag in Farbe vom Dino-Verlag aufgenommen worden. Vorteil: Momentan kann die Red. Material aussuchen, zum Beispiel ist die neu-este Ausgabe eine Comic-Parodie-Nummer (in der ein Colorist herrlich beweist, daß er weder Blue Devil noch E-Man, ja noch nicht einmal Green Lantern richtig anmalen kann. Es gibt auch exklusiv deutsches Material, zum Beispiel die etwas ermüdenden Verona-Feldbusch-Klamotten (ganz im Stil einer ähnlichen Mad-TV-Rubrik im US-Mad, die eine nette "Spawn"-Parodie zusammenbringen (endlich jemand, der diesen Kappes auch nicht lesen mag!) sowie auch Lobo verdientermaßen, aber relativ platt verulken. Gefährlicher für den Verlag ist da schon die dämliche Asterix-Filmparodie "Arschterix und Popelix" von "Alcolix"-Altmeister Jeddeloh, der wissen sollte, daß man sich mit der Rechtsabteilung des Flügelhelms besser nicht anlegt, sowie (genauso halsbrecherisch, aber immerhin liebevoll mit vielen Barks-Anspielungen angereichert die Disney-Barks-Parodie "Supermensch", die aufzeigt, was passiert wäre, wenn Kal-El als Baby im Barks-Universum gelandet wäre. Supie als braver Neffe von "Onkel Adalbert" ist schon witzig. Allerdings zeigt die Anspielung auf den Namen "Ronald Dunk", daß die Macher auch von jener Barks-"Hommage" im gefloppten "Rammbock"-Magazin (ca. 1988) wissen, das durch Plagiat-/Parodie-Prozesse sein finanzielles Standbein einbüßte. Geht der Dino aufs Eis tanzen? Dafür hätten sie besser die Superman-Story (in "Action-Comics") nehmen können, in der er auf Asterix trifft und die bedeutend witziger ist. Lobenswert ist diesmal auch die Übersetzung. Herrn "nervender" Naatz sind nette Anspielungen und Filmtitel gelungen (mein Favorit: "Mer lasse der Doom in Kölle" mit Dr. Doom), nachdem ich ihn in der Star Trek-Ausgabe noch für einen prätentiösen Deppen gehalten hatte. Das Cover ist eine nette Persiflage auf "Asterix und der Seher". Hochwillkommen, diese Parodie, aber hoch gepokert, der Verlag. Herod


Petzi. Petzis Geburtstag; Petzis kleiner Bruder. Mini-Hardcovers.
Die Popularität der Petzi-TV-Reihe (in der "Sendung mit der Maus", teilweise auch in Techno-Lädchen als Kaufcassette zu haben) hat zu neuen Petzi-Produkten geführt, obwohl Carla und Vilhelm Hansen die Serie offenbar beendet hatten. Die Zeichnungen sind niedlich, und Petzi ist immer noch der Held der Zwei- bis Fünfjährigen. Fragt meinen Neffen, der möchte auch im Bötchen um die Welt und den Mount Everest besteigen, genau wie Petzi. Herod


Rugrats # 1. 32 Seiten, farbig, Comicbookformat, 4,90 Mark. Carlsen.
Hier versucht man, stilistisch an den "Simpsons"-Er-folg anzuknüpfen, was schon mit "Ein Heim für Aliens" trotz des bundesdeutschen Zeichner-Staraufgebots nicht geklappt hat. Die Rugrats haben ihre Fans, und das Mag ist für TV-Bearbeitungen recht ordentlich gemacht. We'll see... Herod


Spiderman Jahrgang 1962/63 und Jahrgang 1964. 9 bzw. 13 Hefte im Schuber, farbig mit Glanzumschlag, Comicbookformat. 39,95 Mark bzw. 59,95 Mark. Marvel Deutschland
Kaufen wollte ich die beiden Schuber auf jeden Fall, denn ich bin in der Williams-Zeit erst mit Ausgabe 17 (so etwa 1975; das Heft mit "Memrod" dem Jäger) ein-gestiegen. Aber darüber schreiben? Das hatte ich eigentlich nicht vor, denn ich war davon überzeugt, daß diese ganz frühen Spiderman-Ausgaben für mich nur noch Nostalgiewert haben können. Über die alten Lehning-Fans habe ich immer den Kopf geschüttelt, die Stein und Bein schwören, daß Hansrudi Wäscher einer der besten Comiczeichner der Welt ist und die "Sigurd "- oder "Nick"-Stories mit ungeheurem Raffinement und Tiefgang erzählt sind. Jeder weiß, daß diese Leute so von goldenen Jugenderinnerungen überwältigt sind, daß sie nicht mehr richtig gucken können. Einen solchen Ausrutscher woll-te ich mir nicht erlauben. Doch kaum lagen die beiden Schuber auf meinem Nachttisch, habe ich gebannt verfolgt, wie Steve Ditko in nur wenigen Ausgaben seine außerordentliche Zeichenkunst entfaltet und wie wit-zig Stan Lee die Stories textet. Okay, vielleicht bin ich jetzt doch in die gleiche Peter-Pan-Falle getappt wie die Lehning-Jünger. Aber ich will versuchen zu beschreiben, was mich an diesen alten Spiderman-Heften nun wieder ganz neu fasziniert hat. Klar ist: Diese Comics sind für Jugendliche gedacht, nicht für Leute Mitte 30 (wie mich). Aber es sind keine Kindercomics. Ich bin damals als etwa Zehnjähriger von "Bessy" zu den Marvels gekommen, und an "Die Spinne" habe ich mich lange Zeit gar nicht herangetraut, weil ich nach der Werbung des BSV-Verlags einen Gruselcomic befürchtete. Ich begann also mit "Thor", einem strahlenden, absolut positiven Helden, und den "Rächern", weil da Thor mitmachte. Ich las aber auch schon recht früh "Hulk" (zum Beispiel Band 3, wo das Monster in einen unterirdischen Atombunker einge-sperrt werden muß), was keineswegs zu nächtlichen Alpträumen geführt hat. "Die Spinne" hat mich aber so richtig erst mit etwa 14 Jahren gepackt. Ab etwa Num-mer 70, als die Mafia-Saga mit Silbermähne lief, habe ich mir dann endgültig jedes Heft besorgt. "Die Spinne" war kein Gruselcomic und keine Belastung fürs kindliche Gemüt. Aber man mußte sich mit den vielfältigen Beziehungen von Peter Parker beschäftigen - zu seiner Tante, zu seinen Freundinnen Betty, Liz, Gwen oder Mary-Jane, zu seinem Chemieprofessor und dem cholerischen Zeitungsverleger J. Jonah Jameson. Die Action trat dahinter häufig zurück. Bevor ich 14 war, las ich lieber vom Kampf der Rächer gegen die Spinne, wo es nur darum ging, wie die Protagonisten technisch ihre Superfähigkeiten einsetzen. Da paßte die Story auch meistens in ein Heft - wham bang thank you Stan! "Spiderman" war dagegen von Anfang an eine echte Soup-Opera, was eben auch bedeutet: Wer ein paar Hefte verpaßt hat, ist nicht mehr auf dem laufenden. Bei "Die Spinne" # 17 konnte ich damals, 1975, so manche Feinheit überhaupt nicht verstehen - etwa wieso er zwischen Betty und Liz steht oder warum er dem Daily Bugle immer Fotos von sich als Spiderman liefert. Trotzdem hat mich das Heft gepackt, und das beginnt bei der Grafik. Für mich als Jungen war sicherlich die Dynamik der Zeichnungen ausschlaggebend - darüber ist kein weiteres Wort zu verlieren; schlagt im Standardwerk "How to Draw Comics the Marvel Way" nach. Höchstens, daß Ditko das Kunststück hinbekommt, seine Figuren schlank und elegant und trotzdem muskulös und immer in äußerster Anspannung zu zeichnen. Das ist natürlich nicht naturalistisch, dafür aber etwas schematisch, und deshalb gilt Steve Ditko heute nicht als guter Zeichner. Was er aber beherrscht und was mir bei ihm erst heute so richtig auffällt, sind ein guter Gesichtsausdruck und sprechende Hände, und er hat einen leichten Hang zur Karikatur. Da ist er heutigen Starzeichnern wie Jim Lee oder Todd McFarlane, die dazu noch auf seinen Schultern stehen, weit überlegen. Ditko hat damals eine ganze Ikonografie eines Su-perhelden innerhalb von wenigen Ausgaben entwickelt und perfektioniert (Herod möge mich korrigieren, falls es bei DC Vorbilder gegeben haben sollte). Was aber fesselt nun am Inhalt? Nehmen wir den erwähnten Band 17 als Beispiel - sicher nur eine mittelmäßige Ausgabe innerhalb der Ditko-Ära. Aber die Story ist klar aufgebaut, obwohl immer wieder zwischen dem Zweikampf von Spiderman und dem Alltagskampf seines Alter Ego Peter Parker hin und her geblendet wird. Und sie hat Charme. Von der Action-Seite her betrachtet erinnert sie an die Gesetze eines Boxkampfs. Die Kontrahenten werden aufgebaut, bevor sie in den Ring steigen. Natürlich hatten Lee/Ditko damals einen Vorteil, weil sich der Bösewicht zum ersten Mal präsentiert und nicht zum x-ten Mal aus der Versenkung auftaucht. Aber mit dem Großwildjäger ("Die gefährlichste Jagdbeute ist der Mensch. Und ich werde den gefährlichsten aller Menschen jagen, der sich die Spinne nennt.") hat Lee einen sehr originellen Einfall realisiert. Mir imponiert die Verwundbarkeit des Helden und wie sie ganz unspektakulär gezeigt wird. Beim ersten Duell schlägt Memrod den armen Spiderman so hart auf die Schulter, daß sie danach tagelang taub ist und Parker in der Schule verzweifelt das Zittern seines Arms verbergen muß. Bei der zweiten Begegnung sitzt die Spinne sozusagen selbst schon auf dem Jägerstand, als Memrod die Jagd eröffnen will. Ein unkonventioneller Showdown. Trotzdem wäre die Story etwas dünn, wenn sie nur diesen physischen Konflikt zu bieten hätte. Aber Peter Parkers Seelenleben ist mindestens ebenso konfliktträchtig. Am schwersten wiegt der selbst auferlegte Zwang, sich wegen der Geheimidentität vor seiner Tante May und allen seinen Freunden ständig verstellen zu müssen. Und daß das glaubwürdig rüberkommt, dafür sind die Marvels ja berühmt geworden ("neurotische Helden"). Zudem ist Peter in dieser Ausgabe der Eifersucht von Betty Brandt ausgesetzt, weil seine Schulkameradin Liz Allen, von der er wirklich nichts will, so nett zu ihm ist. Und dann bahnt sich erstmals die Romanze mit Mary-Jane Watson, seiner späteren Gattin, an, mit der ihn hier fürs erste seine Tante verkuppeln möchte. Peter Parker, den sympathischen Verlierer, kann erst ein pubertierender Teenager richtig verstehen und sich mit ihm identifizieren. Die Handlungsstränge sind in allen diesen frühen Ausgaben kunstvoll miteinander verflochten, und es wird mit einem Augenzwinkern erzählt. Die Geschichte richtet sich an deutlich jüngere Leser als mich, aber ich kann sie mit eben solchem Gewinn lesen, wie ich heute zum Beispiel "Emil und die Detektive" lesen würde. aa


Brad-Saint-Clairs: Susanne in Ketten # 1. 46 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A 5, 19,80 Mark. CC-Comix / Kastley-Verlag
Hinter dem seltsamen Pseudonym Brad-Saint-Clairs verbirgt sich niemand anders als Szene-Darling Stefan Dinter, der hier die deutsche Version seiner Pornocomic-Reihe "Submissive Suzanne" präsentiert. Handwerklich sind die Illustrationen und Kurzgeschichten im Bondage-Milieu natürlich erste Sahne, auch wenn die erste und die letzte Geschichte nicht mal getuscht wurden. Textlich wird sie vor allem arme Säue mit Sklavenkomplex ansprechen oder eben den normalen Sexshop-Besucher, wo man die Hefte eher bekommen wird als im Comicladen. Wenn ich mich nicht irre, sind alle Seiten sogar in den US-Heften bisher unveröffentlicht. Wer also seine Ketten losbekommt, sollte das Heft mal durchblättern. Jo84







Zack # 1 bis 4. Je 84 Seiten, teilweise farbig, DIN A 4, 8,90 Mark. MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlag.
Als Zack vor rund 20 Jahren eingestellt wurde, hinterließ das eine Lücke, die seither nicht geschlossen worden ist. Nur einmal startete der Carlsen Verlag mit "Moxxito" den Versuch, ein anspruchsvolles Comicmagazin zu etablieren. Wenn da Andreas C. Knigge auch gewiß Zack im Hinterkopf hatte, stieg er doch gleich ein paar Etagen höher ein, mußte aber nach wenigen Ausgaben wieder aufgeben. Ein Comicmagazin, das sich an jüngere - aber nicht mehr ganz junge - Comicleser wendet, hat es nach Zack nicht mehr gegeben. Und jetzt ist Zack wieder da, wenn auch nur das Titellogo und die beiden Serien Michel Vaillant und Cubitus aus der alten Reihe stammen. Ist das überhaupt Zack, fragen da gleich alte Fans alarmiert. Ja, warum denn nicht? Die alten Zack-Serien sind in-zwischen fast ausnahmslos als Alben komplett veröffentlicht und kommen für das Magazin nicht mehr in Frage. Das Konzept, Comicserien für etwa 12- bis 18-jährige Comicleser zu bringen, entspricht aber ganz dem alten Zack. Also, ich bin gespannt, ob es solche noch gibt. Wofür der Name "Zack" steht, muß sowieso neu geklärt werden. Vorsichtshalber wird mit einer deutlich geringeren Auflage als damals gestartet, gibt Chefredakteur Martin Jurgeit zu. Aber das muß ja nicht so bleiben. Ob sich heute überhaupt noch breitere Schichten für ein Comicmagazin begeistern können, wie das vor Jahrzehnten gewesen ist, wage ich nicht zu beurteilen. Es wäre wirklich schön, wenn es so wäre. Womit versucht man denn nun, die neue Comic-Generation zu erreichen? Zunächst mal mit erstaunlich vielen deutschen Zeichnern. Die Abrafaxe sind drin, weil sie drin sein müssen, und halten interessanterweise am entschiedensten die frankobelgische Tradition hoch. Walter Moers war leider nur in der ersten Ausgabe vertreten. Martin Frei liefert mit "Gregor Ka" zweifellos die ambitionierteste deutsche Serie, die aber den Leserbriefen zufolge nicht allen gefällt. Frei bewegt sich offenbar für den Kiosk zu nahe am Underground. In den ersten drei Ausgaben halten konnte sich Überlebenskünstler Robert Cerny alias Rocé. Und dann werden sehr verschiedenartige Dinge ausprobiert: Ein Comic von Till Lenecke, der bisher nur in Fanzines vertreten war; ein Splattercomic, der kurz darauf in "Menschenblut" erschien; Frans Stummer und Georg F. W. Tempel geben einmal ein Gastspiel mit ihrem "Derrick"; dann tauchen die überdrehten Funnies von Peter Puck auf; und in Ausgabe 4 startet wieder eine professionelle französische Serie, "Soda" von Tome und Gazotti, die schon bei Salleck läuft, und eine weitere deutsche Serie, "Gabriel" von Michael Vogt. Mir persönlich gefällt dieses offene Konzept. Ich fürchte nur, daß die Masse der Leser Zack nicht kaufen wird, wenn sie nicht wissen, wofür das Magazin eigentlich steht. Man merkt daran auch, daß es zwar etliche gute Comiczeichner in Deutschland gibt, aber nicht genug, um mit ihnen ein stabiles, marktgängiges Comicmagazin auf die Beine zu stellen. Dies dürfte keine geschäftsschädigende Feststellung sein, denn Leute wie die PLOP-Leser sind es nicht, die Zack überzeugen muß, damit das Magazin überleben kann. aa